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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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in Anbetracht dessen, wohin er gehen und wen er treffen wollte. Das Thema Jeremy Bishop könnte bedeuten, dass Anne Coburn verbotenes Terrain war. Es war klar, dass sich Anne und Jeremy sehr nahe standen. Oder war es sogar mehr als das? Thorne versuchte, nicht an diese Möglichkeit zu denken.
    Er hasste das Klischee des Polizisten mit Instinkt genauso sehr wie die Vorstellung, Polizisten müssten abgebrüht sein. Doch der Polizist mit Instinkt war nur ein Klischee, weil es, wie er wusste, einen Funken Wahrheit in sich trug. Dieser Instinkt verursachte nur Schwierigkeiten. War er falsch, führte dies nur zu Ärger, Schmerz, Schuld und mehr. Bewahrheitete er sich jedoch, war das noch viel schlimmer. Polizisten – gute Polizisten – kamen nicht mit diesem Instinkt auf die Welt. Sie entwickelten ihn. Schließlich konnten auch Buchhalter nur deshalb gut mit Zahlen umgehen, weil sie jeden Tag damit arbeiteten. Selbst ein durchschnittlicher Polizist konnte erkennen, wenn jemand log.
    Einige wenige entwickelten ein Gefühl, einen Blick für Menschen, aber wohl fühlten sie sich damit nicht.
    »Bitte schön, Sir.«
    Der Minicabfahrer warf ihm einen zerfetzten Stadtplan zu. Mein Gott, dachte Thorne, gleich verlangt er, dass ich diesen verdammten Wagen für ihn fahre!
    »Ich brauche keinen Stadtplan. Ich zeige Ihnen den Weg. Geradeaus die Archway Road hoch.«
    »Sehr wohl. Welche Richtung ist das?«
    Thorne blickte aus dem Fenster. Es würde wieder ein warmer Augustabend werden, an dem eine Schlange junger Leute begierig darauf wartete, ins Forum eingelassen zu werden. Als das Minicab vorbeifuhr, reckte er den Kopf, um den Namen der Band lesen zu können, doch er erhaschte nur das Wort »… Maniacs«. Wie nett.
    Er wohnte weniger als einen Kilometer von dort entfernt, wo er aufgewachsen war. Kentish Town, Camden, Highgate. Und die Archway. Sechs Monate lang hatte er auf dem Revier in der Holloway Road gearbeitet. Er kannte die Straße, in der Helen Doyle gewohnt hatte. Oft hatte er im Marlborough Arms gesessen. Er hoffte, dass Helen an jenem Abend ihren Spaß gehabt hatte …
    Jeremy Bishop.
    Ja, die Sache hatte in seltsamer Vertrautheit begonnen, die er sich immer noch nicht erklären konnte, doch mit jedem Tag verstärkte sich dieses Gefühl. Thorne hatte schnell gemerkt, warum Bishop gelächelt hatte, als er herausfinden wollte, warum Bishop in der Nacht von Alisons Einlieferung angepiepst worden war. Er wunderte sich, dass die Anrufe, mit denen Ärzte angepiepst wurden, nicht nachvollziehbar waren. Es gab keine offiziellen Aufzeichnungen. Der Anruf hätte von überallher erfolgen können. Es war sogar möglich, sich selbst anzupiepsen. Keiner der möglichen Kandidaten konnte sich erinnern, Bishop in der fraglichen Nacht angepiepst zu haben. Er hatte mit der Abteilungsleitung, dem Krankenhausarzt und dem Assistenzanästhesisten gesprochen, und ihre Erinnerung an die Ereignisse jener Nacht war genauso verschwommen, wie Bishop vorausgesagt hatte. Er war mit Sicherheit dort gewesen, als Alison in die Notaufnahme eingeliefert wurde, doch sein Alibi für den Zeitpunkt, als sie überfallen und vor dem Krankenhaus abgeladen worden war, war nicht so wasserdicht, wie Anne Coburn anfangs gedacht hatte.
    Er konnte die Einzelteile noch nicht zusammenfügen, aber es gab ja noch weitere … Details.
    Die Ermittlungen in dem Viertel, in dem Helen Doyle verschwunden war, hatten bereits zu einigen Ergebnissen geführt. Sie war von mindestens drei Personen gesehen worden, nachdem sie den Pub verlassen hatte. Einer war ein Nachbar, der sie gut kannte. Alle Zeugen sagten aus, sie hätten gesehen, wie Helen am Ende der Straße mit einem Mann gesprochen habe. Sie wurde auf unterschiedliche Weise beschrieben: »Sie sah glücklich aus«, »Sie redete laut« und »Sie schien besoffen zu sein«. Auch die Beschreibungen des Mannes variierten ein bisschen, ähnelten sich aber in vielen Bereichen. Er war groß, hatte kurzes, leicht graues Haar und trug eine Brille. Wahrscheinlich war er Mitte bis Ende dreißig. Sie hielten ihn für Helen Doyles neuen Freund.
    Alle Zeugen sagten übereinstimmend aus, dass Helen aus einer Flasche Champagner getrunken habe. Nun wusste Thorne, wie das Midazolam verabreicht wurde. So simpel. So heimtückisch. Sobald der Widerstand der Opfer dahingeschmolzen war, hatten sie sich … ja, wie hatten sie sich gefühlt? Als etwas Besonderes? Kultiviert? Thorne spürte, dass sich der Mörder genau für das hielt.
    Der Fahrer

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