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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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ein.
     
    Er streckte ihr die Plastiktüte mit der Flasche seines roten Lieblingsweins entgegen, sobald sie die Tür geöffnet hatte.
    »Danke, aber das wäre nicht nötig gewesen.«
    »Nur keine Aufregung, es ist bloß eine Plastiktüte.«
    Sie lachte und trat vor, um ihn auf die Wange zu küssen. Ihr Parfüm war wunderbar. Sie trug ein rostfarbenes, ärmelloses Oberteil, cremefarbene Leinenhosen und Turnschuhe. Er war – nicht unangenehm – davon berührt, dass sie ein paar Zentimeter größer war als er. Schließlich war er daran gewöhnt. Er hatte das Gefühl, dass der Abend schön werden würde. Seine gute Laune war im gleichen Augenblick verpufft, als er über ihre Schulter blickte und in der Küche am anderen Ende des Flurs einen Mann sah.
    Jeremy Bishop lehnte an der Arbeitsplatte und öffnete eine Flasche Champagner.
    Anne trat zur Seite, um Thorne eintreten zu lassen, und bemerkte seinen Blick. »Tut mir Leid«, formte sie achselzuckend mit den Lippen.
    Während Thorne seine Lederjacke auszog und sich lobend über den alten Kamin äußerte, fragte er sich, was sie wohl meinte. Tut mir Leid? Sie konnte doch nicht ahnen, was er wirklich über Bishop dachte, was tat ihr also Leid? Als er zur Küche ging, kam er zu dem ermutigenden Schluss, dass es ihr Leid tat, weil sie den Abend nicht alleine verbringen konnten. Bishop streckte ihm lächelnd die Hand entgegen. Thorne lächelte zurück.
    »Perfektes Timing, Detective Inspector.« Bishop reichte ihm ein Glas Champagner. Thorne durchlief ein Schauer, als er danach griff. Bishop bewegte sich in der Küche, als wäre er hier zu Hause. Er trug Bundfaltenhosen und ein kragenloses Hemd. Es schien aus Seide zu sein. Thorne hatte das Gefühl, mit seiner Krawatte übertrieben zu haben, und öffnete instinktiv den obersten Knopf seines Hemdes.
    Bishop leerte sein Glas. »Hat Ihnen der Leistenbruch noch Schwierigkeiten gemacht?«
    »Bitte?«
    »Ich kam darauf, gleich nachdem Sie mit Ihrem Constable gegangen waren. Na los – sagen Sie schon. Die Leistenbruchoperation im letzten Jahr … ich war Ihr Gasmann.« Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte er sich zu Anne um. »Ich habe deine Sauce umgerührt, Jimmy, und jetzt geh ich erst mal aufs Klo.« Er reichte Anne sein Glas und ging an Thorne vorbei in Richtung Treppe.
    Schweigend standen sie sich gegenüber und hörten, wie die Badezimmertür geschlossen wurde.
    »Ist das komisch für Sie, Tom? Sagen Sie es ruhig, wenn dem so ist.«
    »Warum sollte es?«
    »Ich habe ihn nicht eingeladen.«
    Gute Nachrichten. Thorne lächelte freundlich. »Ist schon in Ordnung.«
    »Ich hatte keine Ahnung, dass er vorbeikommen würde. Aber es wäre unhöflich gewesen zu sagen, dass er nicht bleiben darf. Ich weiß, dass Sie ihn verhört haben, was total lächerlich ist …«
    Thorne nahm einen Schluck von seinem Champagner. Es war ein Getränk, das er nicht besonders mochte.
    »Und?«
    »Und was?«
    »Also ist es komisch?«
    Komisch war noch ein milder Ausdruck. Thorne konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal mit einem Hauptverdächtigen beim gemütlichen Abendessen gesessen hatte.
    Nun ja, es könnte interessant werden. Er wusste bereits das Wesentliche – zwei Kinder, eine Frau, die gestorben war. Aber das hieß noch lange nicht, dass ihm dies nicht weitere Anhaltspunkte liefern würde. Anne blickte ihn eindringlich an. Er hatte ihre Frage nicht beantwortet. Stattdessen stellte er selbst eine: »Jimmy?«
    »Ein Spitzname aus unserer Studienzeit. James Coburn. Sie wissen schon, Die Glorreichen Sieben. Er war der mit den Messern.«
    »Genau. Konnte er auch gut mit dem Skalpell umgehen?«
    Sie lachte. »Egal, welche in die Irre geleiteten Motive Sie auch veranlasst haben, Jeremy zu verhören, ich kann jedenfalls verstehen, wenn die Situation für Sie ein wenig merkwürdig ist, aber es gibt zwei gute Gründe, warum Sie zum Essen bleiben sollten.« Thorne hatte gar nicht die Absicht zu gehen, war aber glücklich darüber, dass sie ihn zu überreden versuchte. »Erstens würde ich mich sehr darüber freuen, wenn Sie bleiben, und zweitens mache ich die leckersten Spaghetti Carbonara von ganz London.«
     
    Das Essen war fantastisch, mit Sicherheit das Beste, was er seit langem gegessen hatte, aber das war eigentlich ein schwaches Lob. Dass seine Essgewohnheiten etwas heruntergekommen waren, wurde ihm klar, als er die »Familien- und Freundesliste« der British Telecom mit den zehn am häufigsten gewählten Nummern erhalten hatte.

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