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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns
Autoren: Mark Billingham
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trank und nickte. »Warum wurden Sie überhaupt angepiepst?«
    »Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen, tut mir Leid. Es ist nicht unüblich. Manchmal verbringt man Ewigkeiten damit, herauszufinden, warum man gerufen wurde. Ich bin schon früher angepiepst worden, als man mich nicht hätte anpiepsen sollen. Was diese spezielle Nacht betrifft, habe ich noch gar nicht darüber nachgedacht. Ich meine, wenn ich genau gewusst hätte, was passiert war – oder vielmehr, was wir später herausfinden würden –, hätte ich besser auf die zeitliche Abfolge geachtet. Zu dem Zeitpunkt war es nur ein routinemäßiger Notfall. Tut mir Leid.«
    Thorne stellte seine Kaffeetasse ab. »Keine Sorge, Sir. Ich bin sicher, wir finden das heraus.«
    Bishop griff lächelnd nach Thornes Tasse, goss den restlichen Kaffee ins Spülbecken und öffnete die Tür der Spülmaschine. »Warum ich am Dienstag vor vier Wochen angepiepst wurde? Viel Glück, Inspector.«
    Während sich der Wagen langsam durch den Verkehr auf der Albert Bridge schob, zog es Holland vor, seinem Vorgesetzten nicht die vielen Fragen zu stellen, die ihm auf dem Herzen lagen. Warum sind wir nur den ganzen Weg dorthin gefahren? Glauben Sie, Jeremy Bishop treibt es mit Anne Coburn? Warum nehmen Sie mich dauernd auf den Arm? Warum glauben Sie, dass Sie so viel besser sind als alle anderen?
    Er blickte zu Thorne, der mit geschlossenen Augen auf dem Beifahrersitz saß. Er war hellwach.
    Thorne sagte nur einmal etwas zu Holland – dass sie noch nicht ins Büro zurückkehren würden. Ohne die Augen zu öffnen, wies er ihn an, nach rechts abzubiegen und entlang des Flusses in Richtung Whitechapel zu fahren. Sie würden zuerst im Royal London Hospital überprüfen, wie hieb- und stichfest Jeremy Bishops Alibi wirklich war.

 
    Ja, jetzt bin ich die Wunderbare Augenlid-Künstlerin ! Nur dass meine Aufführungen beschissen sind, oder?
    Einmal bin ich mit diesem Schauspieler ausgegangen, der mir von einem immer wiederkehrenden Traum erzählt hat, in dem er auf der Bühne stand, um seinen schmalzigen Text aufzusagen. Aber alle Wörter sprudelten einfach aus seinem Kopf wie Wasser, das ziemlich schnell den Ausguss hinunterfließt. Genauso habe ich mich gefühlt, als Anne mich bat zu blinzeln. Mein Gott, ich wollte für sie blinzeln. Nein … ich wollte für mich blinzeln. Ich kann es. Ich weiß, dass ich es kann. Ich tue es die ganze Zeit, wenn niemand da ist, und ich habe auch schon geblinzelt, als Anne mich dazu aufgefordert hat. Sie fragte mich, ob ich Schmerzen hätte, und ich habe einmal für Ja geblinzelt. Einmal blinzeln. Der Bruchteil einer Bewegung, und ich hatte das Gefühl, als hätte ich im Lotto gewonnen, mit Mel Gibson gebumst und Schokolade für ein ganzes Jahr bekommen.
    Aber eigentlich hatte ich das Gefühl, den London Marathon gelaufen zu sein. Ein paar Mal blinzeln, und ich bin kaputt. Aber als dieser Therapeut zugeschaut hat, konnte ich es nicht mehr.
    In meinem Kopf schrie ich meine Augenlider an. Ich spürte, wie das Signal von meinem Gehirn gesendet wurde. Allerdings ziemlich langsam. Es war, als würde ein lädierter alter Lada über das Schaltsystem krabbeln – oder wie auch immer so was genannt wird. Nerven-Autobahnen oder was auch immer. Er war auf der rechten Spur, dann gab es einen Stau wegen einer Baustelle. Als sei das Interesse verloren gegangen. Ich weiß, ich kann es tun, aber ich habe keinerlei Kontrolle darüber. Wenn ich es nicht versuche, blinzle ich wie eine Wahnsinnige, aber wenn ich es tun will, bin ich so gut wie tot.
    Wenn Blinzeln das Einzige ist, was ich noch tun kann, werde ich die beste Blinzlerin, die ihr je gesehen habt. Bleib bei mir, Anne. Es gibt so viel, was ich dir erzählen möchte. Ich werde für England blinzeln, das schwöre ich.
    Ich habe die Enttäuschung in ihrer Stimme gespürt. Ich wollte weinen. Aber selbst das kann ich nicht …

Sechs
    »Wohin, Sir?«
    »»Muswell Hill, bitte.«
    »Kein Problem, Sir. Wo ist das, bitte?«
    Thorne seufzte schwer, als die simple Fahrt von seiner Wohnung in Kentish Town zu einer komplizierteren Sache wurde. Es war sein eigener Fehler gewesen, ein Minicab zu rufen. Warum war er bloß so ein verdammter Geizkragen?
    Er versuchte, nicht an den Fall zu denken – dies war sein freier Abend. Das redete er sich ungefähr so lange ein, bis das Minicab das Ende der Straße erreicht hatte. Er hätte gern einen Abend ohne seine neugierigen Kalendermädchen verbracht, doch das würde schwierig werden
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