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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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nicht mehr sagen, als ich bereits im Sommer Ihrem Kollegen gesagt habe. Wir sind eine große Firma, und in der Regel bekomme ich das meiste mit, was hier läuft. Doch es ist unmöglich, darüber auf dem Laufenden zu sein, was die Leute in ihrer Freizeit treiben. So, das wäre geklärt. Darüber hinaus kann ich nur wiederholen, ich habe nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass es hier jemanden gibt, mit dem Jane ein Problem gehabt hätte. Mein Job ist es, dass mir die Leute dergleichen erzählen, und Jane und ich verstanden uns gut, müssen Sie wissen. Daher denke ich, dass sie damit nicht hinter dem Berg gehalten hätte.«
    Holland stellte seine Kaffeetasse zurück auf den Couchtisch. »Ich habe den Eindruck, dass Jane hier Schwung in den Laden brachte. Dass sie ihr Leben in vollen Zügen genoss.«
    Bracher rutschte auf dem Ledersessel hin und her. »Deshalb traf es die Leute vermutlich so sehr, was passierte. Wenn man nicht aufpasst, kann es hier schnell langweilig werden. Und seit alles so unglaublich politisch korrekt geworden ist, reagieren manche Leute recht empfindlich, wenn jemand versucht … etwas Leben reinzubringen.«
    Thorne blickte auf, als ein Motorradkurier durch die Drehtür kam, den Helm abnahm und an die Rezeption marschierte.
    »»Leben reinzubringen‹?«, fragte Holland nach.
    Die Ellbogen auf die Knie gestützt und die Finger verschränkt, beugte sich Bracher vor. Was er sagen wollte, war wichtig. »Siebenundfünfzig Prozent, wenn nicht mehr, siebenundfünfzig Prozent lernen ihren Mann, ihre Frau, ihre feste Beziehung am Arbeitsplatz kennen. Das ist eine Tatsache. Aber wenn Sie heutzutage eine Frau auch nur zum Essen einladen wollen, müssen Sie vorsichtig zu Werke gehen, verstehen Sie? Man konnte früher etwas Spaß haben, Männer und Frauen konnten sich ein bisschen anmachen, aber mit dieser Lockerheit ist es vorbei, jetzt ist alles zugeknöpfter. Man redet nicht mehr wirklich miteinander, höchstens die fünf Minuten, wenn man Kaffee kocht oder so. In Amerika gibt es dafür den Ausdruck ›Water-cooler time«. Wie auch immer, Jane scherte sich einen Dreck darum. Sie lachte einfach zu gern, und wenn das den Leuten nicht passte, zum Teufel mit ihnen. Verstehen Sie?«
    Thorne sah zu, wie der Kurier ein Päckchen aus dem Beutel über seiner Schulter zog und es einem der Mädchen am Tresen reichte. Sie lachte über etwas, das er gesagt hatte …
    »Gab es jemanden, der das nicht mochte?«, fragte Holland.
    »Arschlöcher gibt es überall, oder? Bei Ihnen auf dem Kommissariat doch sicher auch?« Holland lächelte, doch nur mit dem Mund. »Sicher, da gab es immer merkwürdige Typen, die den Witz nicht kapierten. Aber das ging uns am Arsch vorbei. Ohne einen gewissen Sinn für Humor geht es nun mal nicht. Ich meine, es erwischt jeden mal …«
    Thorne hörte nicht mehr zu, was Bracher sagte. Der Kurier und die Mädchen an der Rezeption flirteten noch immer. Der Mörder Jane Lovells könnte ein völlig Fremder sein oder jemand, den sie gut kannte. Eine dritte Möglichkeit war, dass sie ihren Mörder flüchtig kannte – jemand, den sie regelmäßig sah, ohne ihn wirklich zu kennen. Ein Kurier, ein Verkäufer, jemand, den sie jeden Morgen in der U-Bahn sah.
    Alles in allem ein paar tausend Verdächtige …
    »Jane war immer dafür zu haben, verstehen Sie? Für einen Spaß.« Bracher sang noch immer das Hohe Lied. »Soweit ich informiert bin, kam sie mit so gut wie allen aus.«
    Thorne sprach ihn zum ersten Mal direkt an. Mit unverhohlenem Sarkasmus. »Und ging sie, soweit Sie informiert sind, Mr. Bracher, auch mit jemandem aus?«
    Bracher wurde rot. Er griff nach dem Kaffeelöffel und klopfte damit ein paar Sekunden gegen das Tischbein. »Schauen Sie, meine Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass die Leute zusammen arbeiten können. Mit wem sie schlafen, geht mich wirklich nichts an.«
    »Selbst wenn es jemand aus dem Büro ist? Das kann ich mir nur schwer vorstellen.«
    Brachers Handy klingelte und dankbar griff er danach. Er telefonierte leise, wobei er Thorne einen Blick zuwarf und wegen dieser ärgerlichen Unterbrechung entschuldigend die Augenbrauen hochzog. Thorne sah zu Holland. Zeit zu gehen.
    Bracher zuckte mit den Achseln und erhob sich. »Tut mir Leid, aber wenn es sonst nichts gibt …«
    Während sie sich die Hand schüttelten und ihre Jacken und Mäntel einsammelten, schoss Thorne der Gedanke durch den Kopf, dass Bracher einen Kollegen beauftragt hatte, ihn nach zehn Minuten anzurufen,

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