Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
Hand, breitete Thorne die Arme aus und fuchtelte herum. »Das hier. Das alles. Dazu drei kleine Kinder …«
»Der Detective Inspector hat auch Kinder …«
»Ja, und er ist fertig wie wir alle hier. Sie scheinen das mühelos hinzukriegen. Karriere, Kinder, Haus, Hund und Ihre vermaledeite Lunchbox.« Er streckte ihr das Lineal entgegen, als handle es sich dabei um ein Mikrofon. »Erzählen Sie uns, Detective Inspector Kitson, wie schaffen Sie das? Was ist Ihr Geheimnis?«
Sie räusperte sich und stieg auf sein Spiel ein. Nun, sie waren eben beide um jeden Lacher froh. »Ein natürliches Talent dafür, ein Weichei von einem Mann und ein gnadenloses Organisationstalent. Und: Ich nehm die Arbeit nie mit nach Hause.«
Thorne zwinkerte.
»Das wär’s, noch Fragen?«
Thorne schüttelte den Kopf und legte das Lineal auf den Schreibtisch.
»Gut, ich hol mir einen Tee. Möchten Sie auch einen?«
Sie liefen gemeinsam an den anderen Büros vorbei den Gang hinunter zur Einsatzzentrale.
»Also mal im Ernst«, sagte Thorne, »Sie überraschen mich manchmal.« Er meinte es so. Niemand im Team kannte Yvonne Kitson besonders lange, aber bis auf die eine oder andere Bemerkung von älteren und weniger effizienten männlichen Kollegen fiel niemals ein schlechtes Wort über sie. Mit ihren dreiunddreißig Jahren wäre sie sicher fuchsteufelswild gewesen, wenn sie geahnt hätte, dass nicht wenige, darunter auch Thorne, sie auf angenehme Weise mütterlich fanden. Das hatte mehr mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Stil zu tun als mit ihrem Aussehen, das durchaus attraktiv war. Sie zog sich nie auffallend an, ihr aschblondes Haar war stets vernünftig geschnitten. Kanten oder Ecken gab es bei ihr nicht, sie erledigte ihre Arbeit und schien mit dem Kopf stets bei der Sache zu sein. Thorne hatte keine Schwierigkeiten nachzuvollziehen, warum Kitson bereits für Höheres vorgemerkt war.
Am Getränkeautomaten beugte Kitson sich vor, um nach Thornes Becher zu greifen. Sie reichte ihm den Tee. »Das mit ›die Arbeit mit nach Hause nehmen« hab ich so gemeint.« Sie fütterte den Automaten mit weiteren Münzen. »Selbst wenn ich wollte, ich könnte es nicht. Hab gar nicht den Platz dafür.«
Jedes Fenster in der Einsatzzentrale stand offen. Von den Schreibtischen und aus den Aktenschränken wurden Blätter davongeweht. Thorne schlürfte seinen Tee, lauschte dem Papiergeraschel, dem Gemurre seiner Kollegen, die sich danach bückten, und dachte darüber nach, wie sehr er sich von dieser Frau unterschied. Er nahm die Arbeit überallhin mit, auch nach Hause, obwohl es dort niemanden gab, dem er sie hätte mitbringen können. Er und seine Frau Jan hatten sich vor fünf Jahren scheiden lassen, nachdem ihre Beziehung zu einem Kunstdozenten über den üblichen Lehrplan hinausgegangen war. Seither hatte Thorne ein oder zwei »Abenteuer« gehabt, doch keines davon war wirklich bedeutend gewesen.
Kitson stellte den glühend heißen Plastikbecher in einen leeren und blies über die heiße Brühe. »Apropos, was ist mit dem Remfry-Fall?«, fragte sie. »Geht’s nur mir so oder stecken wir da in der Scheiße?«
Thorne sah Russell Brigstocke auf der anderen Seite auftauchen. Er winkte ihnen zu, wandte sich um und lief zu seinem Büro. Thorne folgte ihm und beantwortete, ohne sich umzudrehen, Kitsons Frage.
»Nein, es geht nicht nur Ihnen so …«
Wenn Russell Brigstocke richtig mies drauf war, hatte er ein Gesicht auf, bei dem die Milch sauer wurde. Versuchte er, ein ernstes Gesicht aufzusetzen, war da sofort diese melodramatische Note, der leicht geneigte Kopf, der gespitzte Mund, bei dem Thorne unwillkürlich grinsen musste.
»Also, was haben wir bis jetzt, Tom?«
Thorne strengte sich vergebens an, sein Grinsen zu unterdrücken. Er fand sich damit ab. Womöglich war es ohnehin besser, einen positiveren Ton anzuschlagen als vorhin bei Yvonne Kitson. »Wir haben kein Loch in die Welt gerissen, aber es läuft so, Sir.« Wenn Brigstocke dieses Gesicht aufsetzte, war es immer Sir. »Die meisten männlichen Verwandten haben wir inzwischen ausfindig gemacht. Keine heiße Spur, aber vielleicht haben wir Glück. Die meisten von Remfrys ehemaligen Zellengenossen wurden einvernommen, und diese Gribbin-Sache scheint viel versprechend …«
Brigstocke nickte. »Seh ich auch so. Wenn mir jemand die halbe Nase abbeißt, wär ich mit Sicherheit stinksauer.«
»Remfry sagte, er sei es gewesen. Wie auch immer, wir können Gribbin nicht finden
Weitere Kostenlose Bücher