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Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes

Titel: Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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stolperte dabei rückwärts in das Fernsehgerät, das gegen die Wand kippte. Stone packte ihn an den dicken, tätowierten Unterarmen, riss sie mit aller Kraft nach unten und stieß Gribbin gleichzeitig mit dem Kopf ins Gesicht. In diesem Augenblick fassten drei Paar Hände nach Stone, packten ihn am Kragen, am Gürtel und an den Armen und rissen ihn nach hinten über den Sessel. Gribbin fiel auf die Knie, und das Mädchen suchte schluchzend bei seiner Mutter Schutz.
    Stone versuchte, sich hoch zu rappeln, die Umstehenden zu überzeugen, er sei ruhig und sie könnten ihre gottverdammten Hände von ihm nehmen …
    Thorne ging zu Gribbin und kniete sich neben ihn.
    Sein Kopf war gegen das Fernsehgerät geprallt; mit einer Hand krallte er sich am Teppich fest. Durch die Finger der anderen Hand tropfte Blut. Auf dem Bildschirm hinter Gribbins Kopf ertönte Applaus, als eine Frau die Zuschauer bei ihrer Show willkommen hieß und das Publikum im Studio einlud, ihre schrecklichsten Urlaubserlebnisse zu erzählen.
     
    Zwanzig Minuten später klebten die Bewohner der ruhigen Seitenstraße an ihren Fenstern, als Gribbin, ein bluttriefendes Taschentuch vor der malträtierten Nase, abgeführt wurde.
    Am Nachmittag waren die ersten Vernehmungen abgeschlossen. Enttäuschung machte sich breit. Zwar war noch einiges zu klären, doch es war deutlich geworden, zumindest in Thornes Augen, dass Gribbin nicht das Geringste mit dem Mord an Douglas Remfry zu tun hatte.
     
    Das Telefon läutete kurz vor elf. Die Stimme konnte nur einem Menschen gehören.
    »Ich glaube, Sie haben eine Glückssträhne, Mr. Thorne.«
    »Ich höre, Kodak.«
    »Nun freuen Sie sich mal nicht zu sehr, denn was immer passiert, wir werden ein paar Tage warten müssen. Aber es sieht gut aus. Erinnern Sie sich an meine Bemerkung, ich müsste Ihre Arbeit für Sie erledigen …«
    Thorne hörte zu. Es klang viel versprechend, doch nach dem Fiasko mit Gribbin fiel es ihm schwer, Begeisterung zu zeigen. Es war nicht viel mehr als ein weiterer Strohhalm, an den man sich klammern konnte.
    Er ging ins Schlafzimmer und legte sich hin.
    Es hatte abgekühlt.
    Unter ihm fühlte sich das Farngras feucht an, und über ihm verdunkelte sich der Himmel.

3. August 1976
    »Du riechst. Du riechst wie die Hölle. Du stinkst richtig …«
    Ihre Augen verrieten nichts. Kein Zeichen von Betroffenheit über seinen Vorwurf, kein Zeichen von Widerspruch oder von Schmerz, obwohl er mit seinem ganzen Gewicht auf ihre Arme drückte, sein Gesicht wenige Zentimeter über ihrem.
    Er rollte sich von ihr herunter, bewegte sich ans untere Bettende, wo das unberührte Tablett stand.
    »Ich bin es wirklich leid«, sagte er. »Wenn du verhungern willst, bitte, nur zu. Aber lass mich nicht die Scheiße für dich kochen, ja!«
    Sie richtete sich auf den Kissen auf und starrte an ihm vorbei.
    »Was?«, schrie er sie an. »Was?«
    Er betrachtete sie eine Minute oder länger. Wie immer war ihr Gesicht leer. So leer, dass er sich ausmalen konnte, wie es sich veränderte, den Ausdruck annahm, den es zeigen müsste, in Überlebensgröße zeigen müsste. Sich den gesenkten Blick vorstellen konnte, den angespannten Zug um den Mund, die zusammengebissenen Zähne. Die Scham.
    Er packte den Teller und schleuderte ihn an die Wand über ihrem Kopf. Sie zuckte nicht mit der Wimper.
    In der Tür blieb er stehen, drehte sich zu ihr um. Ihre Augen waren leer. An der Wand hinter ihr rutschten die Bohnen langsam nach unten.
    »Vor Gericht haben sie versucht, es so darzustellen, als hättest du, falls du wirklich vergewaltigt worden wärst, es dir selbst zuzuschreiben. Als hättest du es herausgefordert. Das Kleid, und nicht nur das. Die Art, wie du dich benommen hast, als hättest du mit ihm geflirtet, ihn angemacht. Sie hatten keine Ahnung, oder doch? Du hast es herausgefordert. Ich weiß, was du getan hast. Du hast ihn im wahrsten Sinne des Wortes dazu aufgefordert. Ihn gepackt, in dieses blöde Lager gezogen und ihn dazu aufgefordert. Ihm gesagt, wie du es willst …«
    Als er die Schlafzimmertür hinter sich zuzog, hörte er, wie sie immer wieder dasselbe Wort wiederholte.
    »Falls … falls … falls …«
    Sie selbst hörte es nicht. Seit langem schon hörte sie nichts mehr als diesen Schrei in ihrem Kopf.

Achtes Kapitel
    Thorne bog rechts von der Charing Cross Road ab. Elf Uhr am Vormittag, es war brütend heiß. Er zog seine Jacke aus und legte sie sich über den Arm, als er die Old Compton Street

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