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Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes

Titel: Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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südwärts nach Camberwell und Clapham. In die Läden, Büros und Lagerhäuser, wo sie über einen neuen verdammten Montag fluchen und witzeln würden, den sie anschließend allerdings nicht damit verbringen würden, wieder keinen Mörder zu fangen.
    Dennoch: Thorne würde nicht mit ihnen tauschen wollen.
    Eve setzte sich wieder zu ihm. Über ihnen ratterte ein Zug nach Waterloo. Sie musste ihre Stimme heben. »Ich hab ganz vergessen zu fragen, wie’s der Pflanze geht.«
    »Wie bitte?«
    »Der Aloe-vera-Pflanze …«
    Thorne blinzelte, als ihm der Anblick einfiel, der sich ihm heute Morgen um fünf Uhr geboten hatte, als er mit trüben Augen ins Wohnzimmer stolperte und Elvis auf dem kleinen Metalleimer kauerte. Den Bauch merkwürdig eingezogen, um den Stacheln auszuweichen. Thorne direkt in die Augen blickend. Frohgemut auf die weißen Kieselsteine pissend …
    »Der geht’s gut«, sagte Thorne.
    Thornes Handy läutete.
    »Wo sind Sie?«, fragte Brigstocke. »Wir haben Grib bin …«
    »Ich bin unterwegs ins …«
    »Wenn ich sage: ›Wir haben ihn‹, dann mein ich, dass wir wissen, wo er steckt, klar? Wir müssen los und ihn uns schnappen. Holland wartet vor Ihrer Haustür …«
    »Sagen Sie ihm, ich bin in einer halben Stunde zu Hause …«
    »Wo zum Teufel treiben Sie sich rum?«
    Thorne sah hinüber zu Eve, die breit grinsend mit den Schultern zuckte. »Ich war joggen …«
     
    Wie sieht ein Kinderschänder aus?
    Eine sinnlose Frage, das war Thorne klar. Sinnlos, weil sie nicht wahrhaft beantwortet werden konnte. Unbeantwortbar, sozusagen. Außerdem äußerst gefährlich.
    Und dennoch hatte man den Leuten weisgemacht, sie wüssten die Antwort. Sie sollten die Hand heben und sie hinausschreien. Doch die Antwort kam immer zu spät, nicht wahr? Nachdem der Schaden geschehen und den Kindern unermessliches Leid zugefügt worden war. Nachdem der Täter festgenommen und dieses erste, undeutliche Foto auf der Titelseite erschienen war. Dann glaubten alle, wieder einmal das bestätigt zu bekommen, was sie schon immer gewusst hatten. Natürlich! Es war doch mit Händen zu greifen! Genau so sahen sie aus, diese Typen. Hatte man doch immer schon gewusst …
    Falls es so offensichtlich war, falls den Männern das Böse so deutlich ins Gesicht geschrieben stand, warum lebten sie dann so lange unbehelligt nebenan? Wenn man es diesen Bastarden an den Augen ablesen konnte, warum fielen sie dann niemandem auf der Straße auf? Warum konnten sie unsere Kinder unterrichten? Warum war man mit einem von ihnen verheiratet?
    Weil man, wie Thorne nur zu klar war, es ihnen nicht ansah, so sehr man sich das wünschte und so sehr man sich bemühte. Niemand sah wie ein Kinderschänder aus. Jeder sah so aus.
    Thorne sah aus wie einer. Und Russell Brigstocke. Und Yvonne Kitson …
    Ray Gribbin entsprach nicht dem landläufigen Klischee des Kinderschänders. Er war nicht der typische böse Onkel von den Titelblättern der Boulevardpresse. Er hatte keine schlechte Haut und keine fettigen, langen Haare. Er trug keine dicke Brille, keinen schmuddeligen Anorak und hatte keine Tüte mit Bonbons dabei. Da waren diese verunstaltete Nase, die er Douglas Remfry zu verdanken hatte, und ein rasierter Kopf, kalte Augen und ein Lächeln, das sagte: »Verpiss dich.« Er war ein Kinderschänder, der wie ein Bankräuber aussah.
    Wie immer ein Bankräuber aussehen mochte …
    Thorne legte das Foto zu dem anderen Material, das er studiert hatte, und reichte den Stapel auf den Rücksitz zu Stone und Holland. Stone sah sich das Foto an. »Lieber Gott, der sieht nicht so aus, wie ich es mir vorgestellt habe.«
    Thorne schwieg und starrte aus dem Seitenfenster.
    Brigstocke blinkte auf und trat kurz auf die Bremse. Das Auto vor ihm wechselte die Spur, um den Volvo, der nicht als Polizeiwagen erkennbar war, vorbeizulassen. »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte er. »Doch er sieht aus wie jemand, der einen ziemlichen Hass schiebt, oder?«
    Dagegen konnte Thorne schlecht etwas einwenden. Leicht benommen sah er zu, wie die Raps- und Weizenfelder, die sich entlang der M4 erstreckten, bei hundertdreißig Kilometern pro Stunde an ihnen vorbeiflogen. Er musste aufstoßen, - durch das Lesen war ihm ein wenig schlecht geworden.
    Brigstocke wurde eine Spur lauter, um sich Gehör zu verschaffen. »Also, Sie sollten alle einen Blick in die Unterlagen geworfen haben, wenn wir dort sind …« Thorne kurbelte sein Fenster einen Fingerbreit herunter. Brigstocke sah zu ihm

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