Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
dann noch einen Dreck um die Ozonschicht?
Die ganze Straße entlang hingen hinter Fenstern Werbeplakate für neue Filme. Welch blieb stehen und schaute sich ein paar an, die ihn vom Namen her interessierten. Wenn sein Arbeitslosengeld kam, konnte er ja nachmittags ein paarmal ins Kino gehen und sich einige davon ansehen. Seinen Nachholbedarf stillen. Er war gern ins Kino gegangen, bevor sie ihn eingelocht hatten. Hatte stets versucht, sich alles anzusehen, was rauskam. Natürlich nur, wenn es nicht zu verquast war.
Logisch, dass er auch an dem Abend, bevor sie ihn festnahmen, im Kino gewesen war. The Blair Witch Project. Sie war ständig an ihm drangehangen. Hatte sich an ihn gekuschelt, wenn es gruslig wurde, die ganze Zeit über die Hand auf seinem Knie gehabt. Sie war scharf drauf, ganz klar. Bei so was kannte er sich aus. Erst später änderte die Fotze ihre Meinung. Und verarschte ihn.
Bis zum heutigen Tag wollte es ihm nicht in den Kopf, dass sie das tun konnten. Einen Kerl anmachen, ihn richtig aufgeilen und sich dann einfach umdrehen und cool erklären, ihnen wäre nicht danach. Es sei noch zu früh oder irgend so ein Schwachsinn. Er war zu dem Schluss gekommen, dass es tatsächlich Schwachsinn war – sie wollte nur nicht, dass er sie für eine Schlampe hielt. Ein bisschen Überredungskunst würde schon helfen …
Er war völlig von den Socken gewesen, als am nächsten Tag die Polizei an die Tür klopfte. Konnte es nicht fassen. Er schüttelte noch den Kopf, als sie seinen Lappen kassierten.
Der Detective Sergeant, ein Mann, hielt das Ganze für einen ausgemachten Blödsinn, reine Zeitverschwendung. Das sah er sofort. Als er ihnen erzählte, wie scharf die dumme Gans im Kino gewesen war, hatte er genickt, verdammt noch mal. Er hatte genau kapiert, was da lief. Die Polizistin war anders, sie hatte es von Anfang an auf ihn abgesehen.
»Bei so was kennen Sie sich also aus?«, hatte sie gesagt, ohne die Miene zu verziehen. Die Kassette hatte gequietscht, als sich die Bänder im Rekorder drehten. »Sagen Sie mir doch, was ich jetzt gerade denke …«
»Dass Sie auf mich stehen würden, wenn Sie keine Kampflesbe wären?«
Beim Blick auf das Kinoplakat hinter dem Fenster sah er, dass er bei der Erinnerung an das Gesicht, das sie zog, lächelte. Sein Lächeln verblasste etwas, als er an dasselbe Gesicht acht Monate später dachte. Das Grinsen auf der anderen Seite des Gerichtssaals, als sie ihn abführten.
Er ging weiter zum nächsten Fenster. Hier kündigte das Plakat den neuen Bruce-Willis-Blockbuster an. Eine neue Rakete und Bruce’ freches Grinsen und eine leckere Blondine mit falschen Titten. Vielleicht konnte er ihn sich nächste Woche ansehen, oder die Woche darauf oder wann die Stütze kam. Im Augenblick war der Film nicht drin. Das Entlassungsgeld würde nicht mehr lange reichen, und außerdem brauchte er morgen einen Batzen, um für das Hotel zu bezahlen.
»Du bist sicher, dass er da drin ist?«
»Der ist da drin, Mr. Thorne. Kam gestern aus Holland zurück. Wollte sich drüben das eine oder andere besorgen.«
Thorne nickte. Nicht nur Blumen kamen aus Holland rüber …
Ihnen gegenüber, auf der anderen Straßenseite, war der Fischhändler. Die leuchtende Neonreklame von Raymond’s Revue Bar spiegelte sich im Schaufenster. Die roten und blauen Reflexionen tanzten über die glänzenden Lachs-, Herings- und Steinbuttköpfe. Daneben befand sich eine schmale, braune Tür.
Bethell zwängte die Hände in die Taschen seiner eng anliegenden Lederhose. Und verlegte das Gewicht von einem teuren Turnschuh auf den anderen. »Gut, dann versuch ich, Ihnen nicht länger im Weg rumzustehen.«
Thorne zog seine Brieftasche heraus. Ob Bethells Fistelstimme was mit dieser engen Lederhose zu tun hatte? Er zählte fünfzig Pfund in Zehnerscheinen ab. Bethell nahm sie und reichte ihm im Gegenzug einen Umschlag.
»Da haben Sie Ihr Foto wieder …«
Thorne trat auf die Straße, wandte sich um und hob den Umschlag hoch. »Ich würde das ungern im Internet wiederfinden, okay?«
Bethell lachte schrill auf. »Ich wusste gar nicht, dass Sie sich auf solchen Websites rumtreiben …« Thorne setzte an, die Straße zu überqueren. »Hören Sie, nennen Sie nicht meinen Namen …«
Thorne ließ ein Auto vorbeifahren und antwortete, ohne sich umzudrehen: »Also soll ich nicht sagen: »Dennis schickt mich›?«
»Also bitte, ernsthaft …«
»Beruhige dich, Kodak. Dein Ruf bleibt blitzsauber. Mach dir keine Sorgen
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