Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
zu den Beamten 1996 hatte Thorne den Namen nicht überprüft. Jane Foleys Name war nie im General Registry angefragt worden, nie durch das System geschickt worden. Streng genommen hatte er das nicht tun müssen, aber das war egal. Was Thorne anging, traf ihn die Schuld. Er hatte sich nicht vergewissert, und selbst wenn er daran gedacht hätte, wäre es ihm nie als wichtig erschienen.
Warum den Namen einer Frau überprüfen, die nicht wirklich existierte? Jane Foley war der erfundene Name einer erfundenen Person, richtig? Jane Foley war ein Phantom …
Thorne war sich vollkommen im Klaren darüber, dass, wenn sie … er … irgendwer das überprüft hätte, einen simplen Anruf getätigt hätte, nachdem sie auf Remfrys Briefe gestoßen waren, Ian Welch vielleicht noch leben würde. Und Howard Anthony Southern …
Der Stau begann sich aufzulösen, und Holland legte den zweiten Gang ein. »Gut, vielleicht kommen wir heute ja doch noch an …«
Die Leiche des dritten Opfers war in einem Hotel in Roehampton gefunden worden, etwa um dieselbe Zeit, als die Frau von den Grauen Zellen in Thornes Büro marschiert war und ihre Bombe hatte platzen lassen. Sie war noch immer da gewesen, als der Anruf kam, und Thorne hatte sie eingeladen, ihn zum Tatort zu begleiten. Das schien das Mindeste zu sein, was er tun konnte.
In dem Hotelzimmer, zwischen all den Leuten von der Spurensicherung und den Pathologen und der waschechten Leiche, hatte Thorne gefunden, dass Carol Chamberlain so glücklich wirkte wie ein Kind in der Bonbonfabrik …
In den Tagen darauf lief die Ermittlung in zwei unterschiedliche Richtungen. Während die Mordumstände des letzten Opfers auf die gleiche Weise erfasst wurden wie bei den vorherigen, um Veränderungen im Muster abzugleichen, hatten Thorne und seine engsten Mitarbeiter eine neue Front eröffnet. Sie wollten die neue, entscheidende Spur verfolgen, die Carol Chamberlain ihnen gewiesen hatte.
Holland lenkte das Auto in eine unscheinbare, von tristen Sechzigerjahre-Häusern und mickrigen Bäumen gesäumte Straße. Es war ihnen gelungen, sich einen der wenigen Dienstwagen mit Klimaanlage unter den Nagel zu reißen. Als sie nun ausstiegen, hatten sie das Gefühl, eine Sauna zu betreten. Sie verzogen das Gesicht und schlüpften in ihre Jacken.
Auf dem Weg zu Peter Foleys Haus dachte Thorne über Spuren nach. Warum nur sprachen sie davon, diese zu »verfolgen«? Tja, vielleicht lag es daran, dass sie die unangenehme Angewohnheit hatten, einem ständig zu entgleiten.
Dennis Foleys jüngerer Bruder, der einzige überlebende Verwandte von Dennis oder Jane, den sie hatten aufspüren können, war als Gastgeber nicht gerade herzlich.
Thorne und Holland thronten auf fleckenübersäten Veloursesseln und schwitzten in ihren Jacken. Sie waren nicht aufgefordert worden, sie abzulegen. Ihnen gegenüber auf der zur Sitzgruppe passenden Couch lümmelte Peter Foley in weiten Shorts und einem knalligen, bis zum Nabel offenen Hawaiihemd. Er hielt sich an einer Dose Bier fest, die er, wenn er nicht daraus trank, an seiner knochigen Brust hin und her rollte.
»Sie waren elf Jahre jünger als Dennis, ist das richtig?«, fragte Holland.
Foley nahm einen Schluck Bier. »Richtig, ich war das Versehen.«
»Als es passierte, waren sie also noch Student?«
Er schüttelte den Kopf. »Nee. Wenigstens ihre Fakten hätten sie auf die Reihe kriegen können. ’76 war ich zweiundzwanzig. Ich hab das College ein Jahr zuvor verlassen …« Seine hohe, etwas pfeifende Stimme hatte einen eindeutigen Essex-Akzent.
»Und was haben Sie dann gemacht?«, fragte Thorne.
»Ich hab nichts gemacht. Hing rum, war ein Punk. Hab mal kurz als Roady für The Clash gearbeitet …«
Thorne war auch Punk gewesen, obwohl er sechs Jahre jünger als Foley war, der auf die fünfzig zuging. Der Mann ihm gegenüber sah bestimmt nicht so aus, als ob er sich noch häufig »White Riot« anhörte. Er war dürr, trotz der muskulösen Arme. Wahrscheinlich machte er Bodybuilding, damit die Gothic Tattoos besser aussahen. Das graue Haar trug er zu einem Pferdeschwanz gebunden, und er hatte einen dünnen spitzen Bart. Nach den Kerrang!- Ausgaben unter dem Couchtisch zu urteilen war Peter Foley wohl so was wie ein alternder Heavy-Metal-Fan.
»Was, denken Sie, ist mit Jane geschehen?«, fragte Thorne.
Foley beugte sich vor, um eine Packung Marlboro aus seinen Shorts zu ziehen, und sank dann wieder auf die Couch. »Was? Sie meinen, was Den …?«
»Davor.
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