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Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes

Titel: Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Er beugte sich über den Schreibtisch, um ihr die Hand zu geben. »Detective Inspector Thorne …«
    Carol Chamberlain ignorierte die ausgestreckte Hand und begann stattdessen, in ihrer Aktentasche zu wühlen. »Gut, Sie sind noch besser. Ich habe nur nach Holland gefragt« – sie zog einen abgenutzten grünen Ordner heraus, der mit gelben Post-it-Aufklebern übersät war, und hielt ihn hoch –, »weil sein Name hier draufstand.« Mit diesen Worten legte sie den Ordner auf Thornes Schreibtisch.
    Thorne betrachtete den Ordner und hob die Hände. Er bemühte sich, so freundlich wie möglich zu klingen. »Hören Sie, besteht eine Möglichkeit, das auf ein andermal zu verschieben? Wir stecken bis zum Hals in einem sehr großen Fall und …«
    »Ich weiß genau, in welchem Fall sie bis zum Hals stecken«, unterbrach sie ihn. »Und genau deshalb sollten wir das nicht verschieben.«
    Thorne starrte sie an. Diese Frau hatte Stahl in ihrer Stimme, was es klug erscheinen ließ, ihr nicht zu widersprechen. Seufzend zog er den Ordner über den Tisch und begann, darin zu blättern.
    »Vor fünf Wochen besorgte sich Detective Constable Holland diesen Ordner über einen ungelösten Mordfall aus dem Jahr 1996.« Da war nicht nur Stahl in dieser Stimme, sondern auch eine über die Jahre erworbene Kultiviertheit, die häufig mit einem höheren Rang einherging. Thorne glaubte, auch Anklänge an einen Yorkshire-Akzent herauszuhören. »Das Opfer hieß Alan Franklin. Er wurde in einem Parkhaus umgebracht. Mit einer Wäscheleine erdrosselt.«
    »Ich erinnere mich an den Fall«, sagte Thorne. Er überflog ein paar Seiten. Es war einer der Fälle, die Holland aus CRIMINT geholt hatte. »Es waren mehrere Fälle, die wir uns angesehen und dann wieder beiseite gelegt haben. Nichts deutete darauf hin, dass …«
    Chamberlain nickte und blickte auf den Ordner. »Den hier bekam ich als kalten Fall zugeteilt. Übrigens mein erster kalter Fall … »
    »Ich habe über dieses Projekt gelesen. Eine gute Idee.«
    »Ich habe mir den Franklin-Mord noch einmal vorgenommen …«
    »Ja …« Thorne zögerte, als er einen Anflug von klammheimlichem Vergnügen zu entdecken glaubte, da, wieder schien für den Bruchteil einer Sekunde ein kurzes Grinsen aufzubrechen, und weg war es. Doch es reichte, um bei ihm eine Reaktion auszulösen, die, wie immer, mit einem Prickeln im Nacken begann …
    »Alan Franklin hätte uns bekannt sein müssen, wer immer 1996 in diesem Mordfall ermittelte. Eine Routineanfrage hätte genügt …«
    Thorne war klar, dass es zwecklos war, nach dem Grund zu fragen. Sie würde es ihm sagen. Er wartete ab und spürte, wie das Prickeln immer stärker wurde, sich über den ganzen Körper ausbreitete.
    »Im Mai 1976 stand Franklin in Colchester vor Gericht. Er wurde wegen einer Vergewaltigung angeklagt. Angeklagt und freigesprochen.«
    Thorne atmete tief durch. »Oh, Mann …«
    Wie ein erhellender Lichtstrahl …
    Später, als Thorne und die Frau, die er für Dave Hollands Mutter gehalten hatte, einander besser kannten und mochten, gestand ihm Carol Chamberlain, dass dies einer der seltenen Momente war, die ihr am meisten gefehlt hatten.
    Die Sekunden, die sie Thorne beobachtete, bevor sie ihm die eine entscheidende Tatsache enthüllte. Als sie sehr stark dagegen ankämpfen musste, nicht breit zu grinsen.
    »Alan Franklin war angeklagt, eine Frau namens Jane Foley vergewaltigt zu haben …«

Dritter Teil
    Leidenswege

 
    Das Stöhnen schien von tief unten zu kommen. Anstrengung und eine ungeheure Befriedigung schwangen darin mit. Es drang aus den Tiefen seiner Eingeweide nach oben und explodierte, getragen von dem heißen Atem zwischen seinen braunen, schiefen Zähnen. Zwischen diesen Tiergeräuschen – Hunde-, Affen-, Schweinegeräuschen – der Kontrapunkt, das dumpfe Klatschen warmen Fleisches gegen etwas Kaltes, als er härter dagegen hält, immer wieder.
    Sich weigert, an Tempo zuzulegen. Kein schnelles Ende signalisiert.
    Es genießt.
    Die Schmerzen genießt.
    Wie konnte es dazu kommen? Naivität und Vertrauen hatten sich als die perfekte Ergänzung zu Frustration und Hass erwiesen. Ein einziger Augenblick, und es war passiert. Wie lang war das her? Fünfzehn Minuten? Dreißig?
    Dagegen anzukämpfen scheint relativ sinnlos. Irgendwann ist es vorbei. Sinnlos, darüber nachzudenken, was dann passiert. Wahrscheinlich ein verlegenes Lächeln, vielleicht eine Entschuldigung und eine Zigarette und ein paar Worte über falsch

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