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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Mäulern, bevor er durch die schwarzen Federn ihres Kopfschmucks nach hinten zog.
    Das echte Grauen von damals holte Thorne nun wieder ein, als die Leichenbestatter den Sarg von einem beinahe identischen, mit gläsernen Seiten versehenen Wagen gleiten ließen. Wenn es einen Menschen gab, von dessen Geist er nicht heimgesucht werden wollte, dann war das Billy Ryan.
    Der Friedhof von St. Pancras war der größte Friedhof in London. Zwar war er nicht so bekannt wie der Friedhof von Highgate oder Kensal Green und konnte auch nicht mit so vielen pompösen Grabstellen und berühmten Toten aufwarten. Dennoch war er beeindruckend und voller Atmosphäre. Die Sargträger nahmen den Sarg auf die Schultern und entfernten sich langsam vom Hauptweg. Das riesige Gelände, auf dem sich auch der Friedhof von Islington befand, hatte früher einmal zu dem berühmt-berüchtigten Finchley Common gehört, auf dem einst die Räuber Dick Turpin und Jack Sheppard ihr Unwesen trieben. Ein, wie Thorne fand, auch für Billy Ryan passender Ort, um unter der Erde zu verwesen.
    Der Leichenwagen kam nicht mehr weiter. Die wunderschön gepflegten Blumenbeete am Eingang hatten wucherndem, stellenweise undurchdringlichem Unterholz Platz gemacht. Die geschmackvolle Komposition aus Narzissen, Tulpen und Stiefmütterchen war Brennnesseln, Dornengestrüpp und einem wahren Efeudschungel gewichen. Sie wucherten die Eingänge zu den Grüften zu und griffen nach den steinernen Flügeln der Engel.
    »Entschuldigen Sie, Sir …«
    Thorne trat zur Seite, um einen der Bestatter vorbeizulassen, der mit drei anderen versuchte, seine Kollegen einzuholen. Jeder trug ein riesiges Blumengebinde: Kreuze, Kränze und Buketts, auf denen »DAD« und »BILLY« ZU lesen war. Dutzende davon waren bereits entlang des Wegs aufgereiht. Ein großer Tag für Interflora …
    Thorne hatte am Eingang einen Blick auf das schwarze Brett geworfen, als die Prozession durch die Haupttore gebogen war. An diesem Vormittag fanden noch etwa eine Hand voll weitere Beerdigungen statt. Drei Neugeborene waren auch dabei, denn neben dem getippten Eintrag im Zeitplan befand sich der handschriftliche Vermerk »Keine Trauergäste«.
    Die Ryan-Party war unbestritten der Hauptevent.
    Für den Clan und seinesgleichen waren andere Zeiten angebrochen, so viel stand fest. Im Rotlichtmilieu mit seinen Bordellen und Spielhöllen ließ sich zwar noch etwas verdienen, aber das große Geld machte man mit Drogen. Ein zugegeben in jeder Hinsicht schmutziges Geschäft, das noch schmutziger geworden war, seit die Ausländer sich ein Stück vom Kuchen abschneiden wollten. Das Regelbuch war längst zerrissen und mit Füßen getreten, aber obwohl die gute alte Zeit längst vorbei war, in der man im East End seine Haustür nicht zuzusperren brauchte und die Ganoven »sich nur gegenseitig abmurksten«, änderten sich einige Dinge nie.
    Sie liebten noch immer ihre Mum, und ihnen ging noch immer nichts über eine echte, altmodische Beerdigung: belegte Brote und warmes Bier und die alten Geschichten über die Bullen, den Knast und die Schikanen aus Spaß an der Freud und am Profit.
    Das braune Moos war feucht und nachgiebig unter den Füßen, als sich die Trauerprozession zur Mitte des Friedhofs zog. Die Menge hatte sich gelichtet. Nur die engsten Familienangehörigen, Freunde und der eine oder andere Polizist würden sich noch am Grab einfinden. Thorne musterte die Leute, mit denen er den Großteil des Tages verbracht hatte. Er hatte die Beileidsbekundungen in der Kirche durchgesehen und war langsam durch Finchley gezogen. Man hatte sich zugeraunt, wie Billy sich über diesen Aufwand gefreut hätte.
    Thorne hatte das Treiben aus dem dunklen Rover vom Ende des Zugs aus beobachtet. Er hatte zugesehen, wie Fußgänger respektvoll den Kopf senkten oder mit dem Zeigefinger an den Hut fassten, ohne zu wissen, wem sie da Ehre erwiesen – was er witzig fand. Schließlich war Respekt für bestimmte Geschäftsleute sehr wichtig.
    Die Sargträger bewegten sich ungelenk auf dem schmalen Waldweg und hatten Mühe, mit der nötigen Würde über knorrige Wurzeln hinweg- und an schiefen Grabmälern vorbeizubalancieren. Einer von ihnen ging zwei Schritte voraus, um überhängende Zweige beiseite zu heben. Die Trauernden folgten dem Sarg vorsichtig im Gänsemarsch.
    Thorne war nicht der einzige Polizeibeamte. Etwas vor ihm ging Tughan, und ein Schwung Jungs von der SO7 schwirrte auf dem Friedhof herum. Thorne sah eine Menge bekannter

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