Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
Vom Netzwerk:
Gesichter. Sie waren etwas härter, die Augen ein Stück kälter. Er fragte sich, wie viele Trauergäste wohl Waffen bei sich trugen; wie viele Jahre die Sargträger wohl zusammengenommen hinter Gittern verbracht hatten. Und ob der Mann neben ihm wohl der Mörder von Muslum und Hanya Izzigil war.
    Wahrscheinlich, schoss es Thorne durch den Kopf, war mit Ausnahme des Pfarrers und der Typen mit den schwarzen Hüten niemand hier, der nicht einen Polizeiausweis oder ein Strafregister hatte. Genau betrachtet sah sogar der Pfarrer nicht ganz astrein aus …
    Sie bogen um eine Ecke, wo der Weg breiter wurde und an einem frisch ausgehobenen Grab endete. Ein grünes, neben dem Lehm grell wirkendes Tuch war um die Graböffnung gebreitet. Die Grabstelle war sicher teuer gewesen, sie war recht groß und bot genügend Platz für ein passendes Grabmal. Noch mehr Blumengebinde lagen bereit. Einige der umliegenden Gräber waren noch frisch, die meisten jedoch weitaus älter – ein eigenartiger Widerspruch zwischen den glänzenden schwarzen Grabsteinen, den bunten Marmorsplittern auf dem Weg und den verwitterten Grabmälern. Die goldenen Grabinschriften wirkten vulgär neben den verblichenen Namen aus einer anderen Zeit: Maud, Florence, Septimus …
    Der Pfarrer fing mit der Zeremonie an:
    »Gütiger Gott …«
    Auf der anderen Seite des Grabes hielt Stephen Ryan den Arm seiner Mutter. Seine Augen waren blutunterlaufen, ob das nun vom Kokain oder von seinem Kummer kam, konnte Thorne nicht sagen. Er warf Thorne einen intensiven, stechenden Blick zu, der schwer zu deuten war.
    Danke, dass Sie gekommen sind …
    Was jetzt …?
    Was bilden Sie sich ein, hier aufzukreuzen …?
    Ziehen Sie sich schon mal warm an …
    Thorne sah vom Sohn zur Mutter. Ryans Frau starrte mit aufgerissenen Augen auf den Sarg. Thorne hatte noch nicht das Vergnügen gehabt, sie kennen zu lernen. Er erinnerte sich daran, was Tughan ihm erzählt hatte. Wenn man den Gerüchten glauben durfte, hatten jede Menge Gärtner und Personal Trainer das Vergnügen bereits gehabt. Botox und Silicon hatten das ihre dazu beigetragen, und jetzt hatte sie noch viel mehr Geld, um sich in Schuss zu halten. Als sie die Augen hob und hinauf in die Bäume sah, konnte Thorne erkennen, dass diese unter dem dicken Make-up dunkel und tränenlos waren.
    Der Pfarrer hielt seinen Sermon, wobei das eine oder andere dem Krächzen einer Krähe oder dem Dröhnen eines Fliegers zum Opfer fiel.
    Thorne fragte sich, ob Billy Ryan seine alte Boxtechnik dadurch up to date gehalten hatte, dass er sie an seiner zweiten Frau ebenso praktizierte wie an seiner ersten. Wahrscheinlich. Wie auch immer, der Saukerl hatte endlich dafür zahlen müssen, was er Alison Kelly angetan hatte.
    Aber hatte er wirklich für Jessica Clarke bezahlt?
    Thorne beobachtete die Witwe und den Erben, als der Sarg ins Grab gesenkt wurde. Er hatte den Eindruck, als wolle Ryans Frau sichergehen, dass ihr Mann da niemals mehr rauskam. Stephen fing an zu schluchzen, und Thorne wurde klar, dass er sich an seine Mutter geklammert hatte und nicht umgekehrt.
    Als mehrere bewaffnete Gangster vortraten, um Erde auf den Sargdeckel zu werfen, fand Thorne es an der Zeit, sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen. Er wandte sich um und schlenderte gemächlich zum Hauptweg. Dabei las er die Inschriften auf den Grabsteinen, so wie man unmöglich an einem beleuchteten Fenster vorbeigehen kann, ohne einen Blick hineinzuwerfen. Eine ganze Reihe derer, die unter der Erde ruhten, waren »eingeschlafen«, eine Formulierung, die ihm schon immer albern erschienen war. Andererseits war es wieder verständlich, dass es beinahe so viele Euphemismen wie Tote gab. »Die ewige Ruhe gefunden« und »in eine bessere Welt gegangen«, das war, wie selbst Thorne zugeben musste, ein Stück leichter zu akzeptieren als »von einem Lastwagen überfahren« oder »in einen Liftschacht gestürzt«. Und auf jeden Fall besser als »mit mehreren Messerstichen in seiner Diele niedergestreckt, um dann in seiner Küche endgültig erstochen zu werden«.
    Thorne gelangte zu dem breiten Weg, der zum Haupttor führte. Bei dem Leichenwagen blieb er stehen, um einem der Pferde das Maul zu tätscheln. Ein Beben lief über die Flanke des Tieres, bevor es wieherte und einige Äpfel auf den Boden platschen ließ.
    Eine böse Erinnerung ein für alle Mal ausgetrieben …
    Als er die geparkten Autos entlanglief, kam er an einer Reihe ernst dreinblickender Typen in langen schwarzen

Weitere Kostenlose Bücher