Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Tische und ein paar Nischen –, und die Rollos an der Eingangstür und den Fenstern ließen es vielleicht eine Spur düsterer wirken, als es war. Am besten beleuchtet war die Decke. Das lackierte Holz leuchtete golden im Schein der prächtig verzierten Laternen – aus Glas, Bronze und Keramik –, die von den Balken hingen und jedes Mal hin und her schwangen, wenn die Tür sich öffnete.
Holland nippte an seinem Kaffee. »Wie’s aussieht, hat er eine Schwäche für Lampen.«
Thorne war der wilde Musikmix im Hintergrund aufgefallen, und mit einem Nicken in Richtung des Stereogeräts hinter dem Tresen meinte er: »Und Madonna.«
Die beiden sahen auf, von der Treppe waren schwere Schritte zu hören. Der Mann, der auftauchte und sich ihrer Nische näherte, war ein Mordskerl – kräftig, aber auch fett – und ging leicht vornübergebeugt. Um den Bauch hatte er eine blauweiß gestreifte Schürze gebunden, und er trocknete sich gerade die Hände an einem schmuddeligen Geschirrtuch.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Thorne zog seinen Polizeiausweis heraus und stellte sich und Holland vor. »Wir würden gerne mit dem Besitzer sprechen.«
Der Mann zwängte sich hinter den Tisch neben Holland. »Ich bin Arkan Zarif.«
Thorne war froh, sich auf das Zuhören zu beschränken, als Holland loslegte und Zarif erklärte, sie ermittelten in einer Reihe von Morden, unter anderem dem Mord an Muslum Izzigil, und sie müssten ihm einige Fragen zu seinen Geschäften stellen. Nachdem Holland fertig war, überlegte Zarif kurz, bevor er plötzlich lächelte und die Hände ausstreckte. »Sie brauchen richtigen Kaffee. Türkischen Kaffee.«
Holland hob abwehrend eine Hand, aber Zarif brüllte bereits der Kellnerin etwas auf Türkisch zu.
»Weiter oben in dieser Straße wurde Mr. Izzigil umgebracht«, sagte Holland.
Zarif schüttelte den Kopf. »Schrecklich. Viele Morde hier. Viele Waffen.«
Er hatte einen starken Akzent, sein Gesicht wirkte angestrengt vor Konzentration, als er sprach. Er hatte zwar einen dunklen Teint, doch der Rest war ungewöhnlich für einen Türken. Vor allem die hellgrünen Augen unter den buschigen Augenbrauen fielen Thorne auf. Die Haare waren ganz dunkel vom Haaröl und die Stoppeln auf den Wangen weiß, doch der dichte Schnauzbart und die paar Härchen im Ohr verrieten, dass seine natürliche Haarfarbe ein helles, beinahe ins Orange gehendes Braun war.
»Sie müssen mit meinem Sohn sprechen«, sagte er.
»Über den Mord an Mr. Izzigil?«
»Die Geschäfte. Meine Söhne sind die Geschäftsleute. Sie sind prima Geschäftsleute. Zwei Jahre waren wir hier, und sie kaufen dieses Geschäft für mich. Was sagen Sie?« Er breitete die Arme aus, und sein Lächeln war kaum weniger breit.
»Wem gehört das Geschäft hier?«, fragte Holland. »Und die anderen Geschäfte?«
Zarif beugte sich vor. »Das ist so. Ich habe drei Söhne.« Er hob drei Finger, als fiele es Thorne und Holland ebenso schwer, ihn zu verstehen, wie es ihm schwer fiel, sich auszudrücken. »Memet ist ältester Sohn. Dann Hassan und Tan.« Er deutete mit dem Kopf auf die Kellnerin, die hinter dem Tresen rauchte und sie nicht aus den Augen ließ. »Und meine Tochter, Sema.«
An der Tür bewegte sich jemand, und Thorne wandte sich um. Der Mann, der ihm zuvor schon unangenehm aufgefallen war, stand auf, um zu gehen. Es sah nicht so aus, als hätte er seine Rechnung bezahlt. Zarif winkte ihm nach.
»Memet schmeißt Laden hier«, sagte Zarif. »Bestellungen und alles.«
Holland machte sich Notizen. Eine Gewohnheit, die er nie aufgegeben hatte. »Aber der Laden läuft auf Ihren Namen?«
»Das Café ist ein Geschenk von Söhnen.« Er lehnte sich an das rote Plastik der Rückenlehne, als seine Tochter drei Mokkatassen mit dampfendem türkischem Kaffee vor sie auf den Tisch stellte. Sie sagte ein paar Worte auf Türkisch zu ihm, und er nickte. »Ich liebe Kochen. Also bin ich meiste Zeit in Küche. Meine Frau hilft und Sema. Gemüse schälen, putzen, schneiden. Aber ich allein Koch.« Dabei schlug er sich an die Brust. »Ich kaufen Fleisch …«
»Ist Memet hier?«, fragte Thorne.
Zarif schüttelte den Kopf. »Ganzen Tag weg heute.« Er griff nach seiner Tasse und deutete damit auf die Straße. »Nächstes Geschäft ist Hassans Minicab-Büro, wenn Sie möchten. Meine anderen zwei Söhne sind meistens dort. Spielen ganzen Tag Karten.« Er nippte an seinem Kaffee und forderte Thorne und Holland mit einem breiten Grinsen auf, es ihm nachzutun.
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