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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Einzelhandelsverkäufer mussten nicht die Leichen einsammeln, Verwandte benachrichtigen und die Täter jagen. Sicher, gelegentlich stellten sich ihm die Haare zu Berge in Anbetracht dieses selbstgerechten Zorns, wenn ein Polizist sein Leben verlor, und die Reden der Vorgesetzten konnten so entsetzlich falsch klingen, aber Thorne wusste, wie er damit umzugehen hatte. Die Erleichterung und die Angst selbst waren nicht falsch, und die Wut darüber ebenso wenig.
    Es war schon was dran an dem Spruch: »Unser Leben in Gottes Hand.«
    Es war noch früh, aber Thorne war sicher, dass Carol Chamberlain schon auf den Beinen war. Sie sollte wissen, dass nichts mehr so war wie vorher. Er rief sie an, als er auf die North Circular kam, und erzählte ihr von Marcus Moloney.
    »Na, ich hab’s ihm abgekauft«, meinte sie.
    »Ich auch«, gestand Thorne. Und sie waren beide nicht dumm.
    Moloney war ein engagierter und brillanter Undercover-Agent gewesen, dennoch machte es Thorne zu schaffen, dass er nichts gemerkt hatte. Nicht das Geringste. Es wurde viel Unsinn geredet über »Instinkt«, aber wenn sich Thorne einer Sache sicher war, dann der, dass man sich auf seinen Instinkt nicht verlassen konnte. Natürlich hatte er Instinkt, aber sein Instinkt kam und ging, und wenn’s drauf ankam, ließ er ihn im Stich. Er ließ sich so wenig fassen wie der Patzer eines Elfmeterschützen oder die Schreibblockade eines Schriftstellers. Und genau deshalb hatte er im Lauf der Jahre öfters bis zum Hals in der Scheiße gesteckt …
    Gelegentlich hatte Thorne das Gefühl, einem Mörder in die Augen blicken und darin seine Gedanken lesen zu können. All diese düsteren Fantasien sehen zu können, über die Hendricks gestern Abend geredet hatte. Manchmal glaubte Thorne, einen Bösewicht daran zu erkennen, wie er eine Zigarette rauchte. Und dann wieder hätte er den Feind nicht erkannt, wenn er eine Baklava und eine abgesägte Schrotflinte getragen hätte.
    »Wieso hast du nichts davon gewusst?«, fragte Chamberlain. »Von Moloney?«
    Thorne hatte keine Antwort auf diese Frage, und als er das Gespräch beendete und in den Parkplatz am Becke House einbog, war er stinksauer. Warum hatte Tughan ihm nicht Bescheid gesagt? Das war eine verdammt gute Frage.
     
    Die Antwort fiel wenig zufrieden stellend aus. »Es erschien weder notwendig noch besonders klug …«
    »Sprechen Sie Klartext«, sagte Thorne. Er wandte sich zu Brigstocke. Er und Tughan waren aufgestanden, als Thorne, ohne anzuklopfen, ins Büro marschiert war. »Russell, haben Sie davon gewusst?«
    Brigstocke nickte. »Es sollte nicht weiter als bis zur DCI-Ebene gehen«, sagte er. »Das war beschlossene Sache.«
    Tughan setzte sich wieder. Thorne entdeckte eine Ausgabe des Murder Investigation Manual auf seinem Schreibtisch. »Von Moloneys Rolle als Undercover-Agent sollte nur erfahren, wer eingeweiht werden musste. Nicht mehr Personen als nötig, so die Devise.« Das klang, als hätte er die Formulierung gerade nachgelesen.
    Mit einem Seufzer lehnte sich Thorne an die Tür. »War er verheiratet? Hatte er Kinder?«
    Brigstocke nickte kurz.
    »Wissen sie, dass er aufgeschlitzt und in den Kopf geschossen wurde? Oder gilt hier auch die Devise ›nicht mehr als nötig‹?«
    »Machen Sie die Tür hinter sich zu, wenn Sie gehen«, sagte Tughan und blickte zur Seite.
    »Allerdings wird mir jetzt einiges klarer«, sagte Thorne. »Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum Sie so sicher waren, dass Ryan hinter den Morden an den Izzigils steckte. Dass Sie wussten, woher dieser Drohbrief stammte. Offensichtlich hatten Sie einen heißen Draht …«
    Tughan klatschte ein Blatt Papier auf den Schreibtisch. »Warum zum Teufel geht es immer um Sie, Thorne? Ein Polizist wurde umgebracht. Sie haben es soeben gesagt: ›aufgeschlitzt und in den Kopf geschossen‹. Die Tatsache, dass Sie nicht darüber informiert waren, dass er Polizist war, ist verdammt nebensächlich, finden Sie nicht?«
    Brigstocke zählte selbst nicht gerade zu Tughans Fanclub, aber seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, fand er, dieser Punkt gehe an den DCI.
    Und als Thorne sich beruhigt hatte, sah er das auch ein. Er schämte sich etwas über seinen Gefühlsausbruch, seinen Sarkasmus. Er holte sich einen Stuhl und setzte sich. Erleichtert nahm er zur Kenntnis, dass Tughan nichts dagegen einzuwenden hatte.
    »Wie lange war Moloney dabei?«
    »Etwa zwei Jahre«, sagte Tughan.
    Thorne war überrascht. »Dann ist er verdammt schnell

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