Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Uhr morgens«, sagte Thorne. »In Anbetracht dessen, was wir da unten am Kanal fanden, war das wahrscheinlich auch besser so …«
»Allerdings bin ich gestern auf einen ziemlichen Knüller gestoßen.« Holland grinste und rückte seinen Stuhl näher an Thornes Stuhl. »Sie wissen doch, Andy Stone gibt sich ja gerne als Frauenheld …?«
Thorne folgte Hollands Blick: Stone und die Beamtin schienen sich prächtig zu verstehen. »Ja …?« Thorne sprach das Wort sehr lang gezogen aus.
»Er erzählte mir von seinen Tricks. Na ja, er war mir ein paar Bier voraus …«
»Ich höre.«
»Er hat ein Philosophiebuch im Auto liegen.« Holland lachte, als Thorne die Augen aufriss. »Ganz im Ernst. Auf dem Beifahrersitz oder bei den Kassetten. Das Mädel steigt ein … ›Oh, was ist denn das?‹ … nimmt es in die Hand, schaut es an und hält Stone für einen tiefgründigen Denker.« Beide hielten kurz die Luft an, bevor Thorne losprustete. Beinahe wäre ihm ein Schluck Red Bull durch die Nase gegangen. »Und das Schlimmste daran«, sagte Holland, »es funktioniert.«
Thorne lachte noch lauter und wischte sich die Jacke ab. Er sah auf, als er vertrautes Manchestergenuschel hörte.
Hendricks deutete auf die Dose Red Bull. »Das Zeug hält dich nicht wach, wenn du es äußerlich anwendest.«
»Was machst du denn hier? Ich dachte, du wärst mit Moloneys Autopsie beschäftigt?«
Hendricks sah auf die Uhr. »Geht erst in ein paar Stunden los. In der Leichenhalle in Westminster liegen die Leichen zurzeit Schlange.«
Holland stand auf, um Platz für Hendricks zu machen, und verabschiedete sich Richtung Toilette.
»Tughan hat mich ins Büro bestellt.« Hendricks ließ sich auf den Stuhl fallen, den Holland freigemacht hatte. »Er wollte einen vorläufigen Bericht.«
»Und? Bekomm ich ihn zu hören?«
Hendricks sah ihn verdutzt an. »Warum glaubst du denn, dass ich hier bin?«
»Also schieß los …«
»Moloney starb an den Folgen von Schussverletzungen am Kopf. Mit ziemlicher Sicherheit eine Neun-Millimeter-Waffe. Im Auto wurden keine Kugeln gefunden, das heißt, ich muss sie rausholen, um ganz sicherzugehen.«
»Dasselbe Muster bei den Schnittwunden?«
»Ja …«
Thorne hatte Hendricks schon überzeugter gehört. »Nicht sicher?«
»Ich schwanke noch immer, was die Klinge angeht, die er verwendete. Es könnte ein Tranchiermesser sein. Außerdem waren die Schnitte nicht so sauber wie bei Clayton und den anderen.«
»Vielleicht hatte er nicht so viel Zeit.«
»Stimmt. Und vielleicht hat sich Moloney stärker gewehrt als die anderen Opfer.«
»Vergiss nicht, das ist das erste Mal, dass er es in einem Auto getan hat. Er musste mit weniger Platz auskommen …«
Hendricks nickte. Es war vollkommen einleuchtend.
»Und ist es nun deiner Meinung nach derselbe Mörder«, fragte Thorne, »der X-Man?«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis Hendricks nickte, was so viel bedeutete wie »wahrscheinlich«. Genug Zeit für Thorne, um zu überlegen, ob sie nicht völlig falsch lagen. Sie gingen davon aus, dass die Zarifs die Ryans erneut ins Visier genommen und Marcus Moloney getötet hatten, ohne zu ahnen, dass er Polizist war. Aber es war ebenso wahrscheinlich, dass …
»Und wenn der Mörder genau wusste, was Moloney war?«
»Sir?« Holland war von der Toilette zurück.
Je länger Thorne darüber sprach, desto überzeugter war er. Er dachte an den gestrigen Abend, an die Straße vor dem Spielsalon: Moloney am Handy, und zwar nicht, um mit Billy Ryans Chauffeur zu telefonieren, wie Thorne angenommen hatte, sondern mit Nick Tughan. Das letzte Telefonat seines Lebens, wie sich herausstellen sollte. Nicht ahnend, dass sein Cover aufgeflogen war …
»Ich glaube, sie sind dahinter gekommen, dass er ein Bulle ist«, sagte Thorne. »Und die ganze Geschichte zuvor, die Morde an den anderen, lieferte ihnen einen Supervorwand, um ihn loszuwerden. Ich glaube, Billy Ryan ließ Moloney umbringen.«
Thorne langte nach seinem Handy, um Tughan anzurufen. Bevor er wählen konnte, klingelte es schon.
Russell Brigstocke war dran.
»Tom? Wir haben soeben einen Anruf vom Central Middlesex Hospital erhalten …«
Thorne verstand nicht sofort. Er hatte nur das Schlüsselwort gehört und sofort gedacht: Dad.
»Oben am Park Royal.«
Die ursprüngliche Erleichterung machte einer aufkeimenden Panik Platz. »Was ist passiert?« Thorne ahnte die Antwort, bevor Brigstocke sie geben konnte.
»Jemand hat versucht, Gordon Rooker zu
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