Tom Thorne 04 - Blutzeichen
was zu trinken bekommen.« Lachend legte Moloney seinem neuen Freund den Arm um die Schulter. »Ich kenn sogar eine ganze Menge Kneipen.«
Sein Saufkumpan war überrascht, dass Moloney noch fahren wollte. Er fragte ihn, ob er keine Angst vor einer Kontrolle habe.
Moloney öffnete die Türen des Jaguars. »Ich bin schon ein paar Mal angehalten worden.« Er zwinkerte. »Normalerweise ist das kein Problem …«
»Wenn du getrunken hast?«
»Die übersehen das in der Regel …«
»Sicher angenehm, wenn man etwas Einfluss hat«, meinte sein Freund.
»Mehr als angenehm. Steig ein …«
Sie fuhren nach Süden, Richtung Islington, überquerten die Essex Road und fuhren weiter in die City. Es war nicht viel Verkehr, und Moloney drückte, wann immer es ging, aufs Gas. »Diese Kneipe hinter dem Barbican, wo wir hinfahren, da geht auch bumsmäßig was. Wir legen ein paar Scheine hin, und die Mädels kümmern sich um uns. Wie wär’s?«
Der Jaguar fuhr um einiges zu schnell auf den Kreisverkehr in der Old Street zu, als der Mann auf dem Beifahrersitz Moloney den Lauf der Glock in die Rippen stieß.
»Fahr nach links, Richtung Bethnal Green …«
»Was? Scheiße …«
Er rammte Moloney die Pistole so heftig in die Seite, dass er ihm eine Rippe brach, als er ihn gegen die Fahrertür stieß. Brüllend bemühte Moloney sich, die Füße auf den Pedalen zu behalten.
Verkrampft an sich haltend befolgte Moloney die Anweisungen und fuhr weiter. Seine Gedanken rasten. Ihm war klar, dass er unmöglich an seine eigene Schusswaffe kam. Niemand hatte auch nur einen Schimmer, wo er sich befand. Und inzwischen war ihm auch klar, dass er nicht mehr lange durchhielt. Jeder Atemzug kostete ihn Kraft. Jeder Versuch zu sprechen endete nur wieder in einer Schmerzattacke, wenn ihm die Pistole gegen die gebrochene Rippe gestoßen wurde.
Der Verkehr und die Lichter tauchten hinter ihnen weg, als Moloney den Jaguar von der ruhigen Straße weg in einen schmalen, holprigen Weg lenkte. Langsam überquerten sie einen Streifen schwarzen Wassers, der so ruhig wie eine Pfütze Motoröl links und rechts der Graffiti-beschmierten Brücke lag.
»Fahr da ran.«
Kaum stand der Wagen, hob sein Beifahrer die Pistole und hielt sie ihm ans Ohr. Er beugte sich hinüber zum Armaturenbrett, um die Scheinwerfer auszuschalten.
Moloney schloss die Augen. »Bitte …«
Er spürte, wie der Typ in seine Jacke fasste und darin herumkramte, bis er fand, was er suchte, und es wegwarf: seine Pistole. Er öffnete die Augen und drehte den Kopf nach hinten, um zu sehen, wie der Mann um den Wagen lief.
Er trat an die Fahrertür und klopfte mit seiner Waffe ans Fenster. »Rück rüber auf die andere Seite«, sagte er.
Moloney kam der Aufforderung nach, vor Schmerz stöhnend, als er sich über den Schalthebel hievte. »Warum?«
Der Mann glitt auf den Fahrersitz. Er zog die Tür zu. »Weil ich Rechtshänder bin.«
Jetzt machte er sich in die Hose, und alles ging blitzschnell.
Die Pistole war wieder an seinem Ohr, und eine Hand drehte ihn herum, schob seinen Kopf über die Rückenlehne. Die Hand fasste nach unten und suchte nach etwas. Und dann klappte plötzlich die Rückenlehne nach hinten, bis der Sitz fast waagrecht war. Die Hand griff nach Moloneys Jacke und dem Hemd darunter und schob beides nach oben.
»Das ist ein Riesenfehler …«, sagte Moloney, bevor ihm auf einen Schlag die Luft wegblieb. Der Mann mit der Pistole fing an zu schneiden.
Thorne schreckte aus dem Schlaf hoch und war verwirrt. Musik war zu hören, und Hendricks beugte sich in Boxershorts über das Bett und machte wütende Mundbewegungen.
Bei dem Versuch, sich aufzurichten, merkte Thorne, dass er mit seinen Kopfhörern eingeschlafen war. Er schaltete den Walkman aus, blinzelte müde und stöhnte: »Wie spät ist es?«
»Kurz nach drei. Es ist Holland. Für dich …«
Thorne streckte die Hand nach seinem Handy aus, dessen Klingeln er nicht gehört hatte, das aber offensichtlich Hendricks aus dem Schlaf gerissen hatte.
»Danke«, sagte Thorne zu einem aus dem Schlafzimmer schlurfenden brummenden Hendricks.
»Dave?«
Holland begann zu sprechen, doch Thorne wusste bereits vorher, dass es wieder einen Toten gab. Holland musste ihm nur noch sagen, auf welcher Seite.
Thorne konnte es unmöglich ahnen, aber als er den BMW durch die verlassenen Straßen zum Tatort lenkte, nahm er praktisch dieselbe Route wie ein paar Stunden zuvor der jetzt Tote. Runter nach King’s Cross und dann nach
Weitere Kostenlose Bücher