Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Unterlippe. »Er ist ein Nichts. Ein kleiner Scheißer …«
Der Gefängnisaufseher lachte leise in sich hinein. Thorne sah hinüber zu ihm. Es war nicht klar, ob er Rooker oder sein Buch so witzig fand.
»Ein kleiner Scheißer mit einem Drogenproblem …«
Thorne erkannte, worauf es hinauslief. »Und Drogenschulden, stimmt’s?«
»Verdammt viele Schulden. Dreimal dürfen Sie raten, bei wem …«
»Also Fisher marschiert mitten während der Kunststunde auf Sie zu?«, sagte Holland. »Sticht Sie einfach nieder, während Sie gerade den Pinsel schwingen?«
»Ich dachte, Sie haben ein Gespür dafür, wenn’s gefährlich wird«, warf Thorne ein. »Das haben Sie mir doch letztes Mal erklärt. Wenn jemand Sie auf dem Kieker hat, wissen Sie sofort Bescheid …«
Rooker schniefte und warf einen Blick nach rechts. »Na, jemand muss weggeguckt haben. Diese Lehrer bekommen nicht viel bezahlt. Oder vielleicht war ein Wärter scharf auf ein neues Auto, einen Urlaub mit der Familie …«
Falls diese Bemerkung den Gefängnisaufseher nervte, behielt er es für sich. Das Park Royal ermittelte bereits, um herauszufinden, wie das hatte passieren können, und Alun Fisher saß in Einzelhaft und wartete ab, was mit ihm geschehen sollte. Er hatte Mist gebaut, Gordon Rooker lebte, daher machte er sich wahrscheinlich mehr Sorgen wegen Billy Ryan. Vielleicht sah er sich plötzlich mit ganz anderen Schulden konfrontiert.
»Sie erheben also Anklage?«, fragte Holland.
»Bringt ja nichts. Sie verlegen Fisher in ein anderes Gefängnis. Ich bring lieber den Rest meiner Haft ohne großen Heckmeck hinter mich.«
»Ihre Sache«, sagte Thorne.
Rooker hob die Hand, um sich am Oberschenkel zu kratzen. Der Wärter sah auf, wartete kurz und riss die Hand zurück auf die Matratze.
»Was meinten Sie vorhin damit, Sie möchten meine Freunde überprüfen?«, fragte Rooker. »Wie lange dauert das? Je schneller die fertig sind und alles arrangiert ist, desto schneller können wir anfangen zu reden. Ist doch so? Das geht alles schon zu lange …«
Thorne wusste, worauf Rooker hinauswollte. Er sprach nur ungern über Schutz und Beweise und Ryan, wenn der Aufseher mit im Zimmer saß.
»Die Entscheidung wird nicht so schnell fallen«, sagte Thorne. »Die Angelegenheit wird erst seit ein paar Tagen ernstlich erwogen.«
Rooker schüttelte den Kopf. »Typisch. Vielleicht hätte ich keinen Scheißpinsel in die Rippen bekommen, wenn sie das ein bisschen früher erwogen hätten …«
Thorne war klar, dass er das wahrscheinlich zu verantworten hatte. Rooker verzog das gelbliche Gesicht zu einer Grimasse, die personifizierte Entrüstung. Er hatte sich schon schuldiger gefühlt. Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Aufseher aufblickte, als Hollands Handy läutete. Der DC überprüfte die Nummer, stand auf und ging außer Hörweite, um den Anruf entgegenzunehmen.
»Die sind hier drin nicht erlaubt«, sagte Rooker. »Die können die medizinischen Geräte stören, klar? Scheißgeräte …«
Der Aufseher meldete sich zum ersten Mal zu Wort. »Schade, dass Sie nicht an ein paar davon hängen. Wäre für uns alle besser.«
Thorne konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Wie lang muss er denn hier bleiben?«
»Wir verlegen ihn morgen in die Krankenstation, wenn alles glatt geht. Die haben alles, was nötig ist. Alles an Medikamenten, wenn’s eine Infektion gibt, und so weiter …«
Rooker wirkte nicht erfreut, aber es klang logisch. Er sollte so schnell wie möglich wieder ins Gefängnis. Die Aufseher wollten dorthin zurück, wo man sie brauchte; und das Krankenhaus war sicher froh darüber, einen Patienten loszuwerden, der Aufseher brauchte.
Thorne hörte das kurze Signal, als Holland das Gespräch beendete, und wandte sich zu ihm um. »Um was ging’s?«
»DCI Tughan war dran. Er lässt Ihnen was ausrichten. Es wird Ihnen nicht gefallen …«
»Scheiße …«
Thorne ahnte, worum es sich handelte. Sie hatten wahrscheinlich Rookers Angebot abgelehnt. Die Zeit hatte nicht gereicht, um die Sache bis nach oben durchzufechten. Sie musste weiter unten abgeschmettert worden sein. Interessant zu wissen, wo …
Thorne stand auf und nahm seine Jacke. »Sieht nicht gut aus, Gordon.«
Er sah den Aufseher grinsen und sich wieder seinem Buch zuwenden.
Thorne hielt den ganzen Tag durch, ohne sich mit Nick Tughan anzulegen. Er vergrub sich in einem Stapel ungelesener Memos, dämlicher Rundschreiben von der
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