Tom Thorne 04 - Blutzeichen
verzichtet.
Ohne eine Miene zu verziehen, zuckte Ryan die Schultern. »Eine beschissene Art zu sterben. Nicht gerade ein Heldentod. Aber er hat sich schließlich selbst in die Schusslinie begeben, finden Sie nicht?«
»Und wer war der Scharfschütze?«
»Ihren Job müssen Sie schon selber machen.«
Der Hund kam mit dem Ball zurück. Ryan schleuderte ihn wieder weg und ging weiter.
»Bringt Sie allerdings in eine schwierige Situation«, sagte Thorne. »Irgendwie müssen Sie zurückschlagen, das ist klar. Zumindest muss es so aussehen …«
»Gegen wen zurückschlagen?«
»… denn tatsächlich wäre Rache ja vollkommen absurd.«
»Nehmen wir mal an, Sie quatschen nicht ununterbrochen Blödsinn.«
»Ja.«
»Was wäre daran absurd?«
Der weiche irische Akzent klang plötzlich hart. Ryan spuckte die Frage förmlich aus, als er stehen blieb und sich umwandte.
In den Gläsern von Ryans Fliegerbrille sah Thorne die weite Grünfläche in seinem Rücken gespiegelt und die winzige Gestalt des Hundes, die auf sie zuraste. Weil du es warst, der ihn umgebracht hat, du Arsch von einem Killer. » Weil Moloney offensichtlich ein Polizist war«, sagte Thorne.
Dieses Mal nahm Ryan dem Hund den Ball ab und steckte ihn in seine Tasche. Der Terrier kläffte ein paar Mal und trollte sich dann, die Schnauze dicht am Boden. Er war nicht der Einzige, der etwas gerochen hatte.
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, sagte Thorne.
»Welche Frage?«
»Ob Sie sich als Zielscheibe für die Zarif-Brüder sehen.«
»Für welche Brüder …?«
»Sie wirken so entspannt. Das ist merkwürdig, nach dem Gewinsel neulich, Sie bräuchten Polizeischutz.«
»Ich hab mein ganzes Leben noch nicht gewinselt, außerdem sprach ich von meiner Familie.«
»Mein Fehler …«
Ryan nahm seine Sonnenbrille ab. Da die Lichtverhältnisse dazu keinen Anlass gaben, blieb Thorne nur der Schluss, dass es sich dabei um eine Art Geste handelte. Vielleicht sollte Thorne Ryans Augen sehen.
»Sie schaffen es in keinem Geschäft nach ganz oben, wenn Sie sich aus dem Staub machen, sobald es gefährlich wird. Sie halten die Stellung, oder jemand nimmt Ihnen Ihr Geschäft weg.«
»Kevin Kelly machte sich aus dem Staub«, sagte Thorne.
Die Brille wanderte zurück auf die Nase. »Das war vor Ihrer Zeit, mein Junge. Davon haben Sie keine Ahnung …«
Thorne lächelte. »Ich kenne Leute, die dabei waren.«
»Ach ja, stimmt. Wo ist denn übrigens Miss Marple heute?«
»Kevin Kelly machte sich aus dem Staub und übergab den Laden an Sie. Ein ausgesprochenes Glück, wenn man bedenkt, dass Sie nicht viel getan haben, um ihn sich zu verdienen. So wie ich es verstehe, gab es andere in der Firma, die weitaus mehr Anspruch darauf hatten. Leute, die im Knast gesessen, sich einen Ruf erarbeitet hatten. Aber die Entscheidung liegt beim Boss, und der meint, es reicht, und vermacht Ihnen den ganzen Krempel. Sie müssen ihm ganz schön in den Arsch gekrochen sein, damit Sie sein Jawort bekamen, Billy …«
Ryan antwortete nicht darauf. Die Sonne ließ seinen Haarlack leuchten.
»Also, Kevin Kelly verzieht sich aufs Land und ist froh, dass es nicht seine Kleine ist, die aussieht wie das Phantom der Oper. Und aus der Kelly-Familie wird die Ryan-Familie. So schrecklich, so abstoßend das war, was damals an dieser Schule passierte … Sie profitierten davon, würde ich sagen.«
In den Bäumen, am Rand der Grünfläche, bellte ein Hund, doch Ryan ließ Thorne nicht aus den Augen. Er nickte, als habe er die ganze Zeit darauf gewartet. »Ich fragte mich schon, wann Sie endlich wieder auf Gordon Rooker zu sprechen kommen.«
Auch Thorne fand sich bestätigt. »Ich hab nicht von ihm gesprochen.«
Er brauchte Ryans Blick nicht zu sehen, um zu wissen, dass er sich verfinstert hatte. Ryan ging auf die Bäume zu, und er ging schneller.
Thorne blieb ein, zwei Schritte hinter ihm und sprach lauter: »Ich weiß nicht, ob Sie schon gehört haben, was Mr. Rooker zustieß. Weil Sie ihn gerade erwähnten. Er wurde niedergestochen. Ausgerechnet, als er malte. Es geht ihm wieder besser, falls Sie sich Sorgen um ihn machen sollten. Er ist jetzt sicher …«
Ryan blieb stehen. Er versuchte zu lächeln, aber sein Mund blieb verkniffen und seine Zähne verborgen. »Ist das offiziell?«
Thorne dachte über die Frage nach. Ihm entging nicht, dass Ryan mit den Füßen scharrte. So wie vor dem Spielsalon, als er auf sein Auto gewartet hatte. »Ich werde dafür bezahlt …«
»Was soll das
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