Tom Thorne 04 - Blutzeichen
alles? Was immer Sie sich wünschen, das ich sage, selbst wenn ich es sage, es bringt Ihnen nichts. Es sei denn, Sie haben es auf Band. Und seien Sie sicher, selbst dann gibt es da draußen Leute, die von mir bezahlt werden und die dafür sorgen, dass dieser Bullshit nicht in falsche Hände gerät. Lassen wir also das Geplauder …«
»Ich nehme nichts auf«, sagte Thorne. »Es geht mir wirklich nur darum, Ihre Meinung über das eine oder andere herauszufinden. Und ich versuche Ihnen nichts vorzumachen.« Er grinste und schob die Hände tief in die Taschen seiner Lederjacke. »Wer ist schon so blöd und redet ewig um den heißen Brei? Wir nennen das ›den gesetzlichen Rahmen ausschöpfende Vorgehensweise‹.«
»Ich nenne das ›sein Glück versuchen‹.«
Ryan steckte zwei Finger in den Mund und pfiff, als er Richtung Auto ging. Thorne war sich nicht sicher, ob der Pfiff dem Fahrer oder dem Hund galt.
Jedenfalls kamen beide angerannt.
Draußen war es kalt und dunkel, und der Verkehr auf der North End Road war stockend. Aber im Auto selbst war es warm, und Thorne war bestens gelaunt.
Der Rest des Tages im Becke House war ziemlich gut gelaufen. Vor allem deshalb, weil Tughan und die anderen vom Projects Team drüben in Barkingside waren. Thorne hatte angefangen, den Papierberg abzuarbeiten. Er hatte sich bei einigen der Fälle aufs Laufende gebracht, die in den letzten Wochen etwas in den Hintergrund geraten waren.
Und er hatte sich bei Holland und Stone informiert, wie der Besuch im Park Royal gelaufen war.
»Hat nicht das Geringste gebracht«, meinte Holland. »Die Frau und die Tochter sind so, wie man es erwartet: Keine von beiden ist Mutter Teresa, aber ich denke, sie sind harmlos. Philip Simmonds, der Gefängnisbesucher, ist zweifelsohne ein bisschen unheimlich, aber das sind die meisten dieser Typen, wenn Sie mich fragen …«
Stone nickte und fügte seine eigenen Beobachtungen hinzu: »Wayne Brookhouse, der Exfreund der jüngeren Tochter, hat was Verschlagenes. Wie man es von einem Freund von Rooker erwartet. Aber auch nicht übermäßig. Tony Sollinger ist tot. Darmkrebs, vor drei Wochen.« Er blickte von seinen Notizen auf. »Wie lief’s mit Ryan, Chef?«
Thorne war höchst zufrieden mit seinem nachmittäglichen Spaziergang in Finchley, Brigstocke ebenfalls. Schließlich war es ihm endlich gelungen, Tughan dazu zu überreden, Billy Ryan in den Hintern zu treten. Damit er nicht vergaß, dass sie noch an ihm dran waren. Wie erwartet hatten sie Tughan zu einer etwas nachdrücklicheren Methode drängen müssen. Was einer gewissen Ironie nicht entbehrte, da sich das Projects Team genau dadurch auszeichnen sollte. Es war Pech, dass der DCI dachte, »proaktiv« habe etwas mit der Verdauung zu tun.
Eigentlich arbeiteten die meisten Teams, aus denen sich die Serious und die Organised Crime Unit zusammensetzten, bis zu einem gewissen Grad proaktiv. Die Flying Squad – die berühmten Sweeneys aus dem Fernsehen – war dafür am bekanntesten. Durch intensive Pflege ihrer Informationsquellen gelang es dieser Einheit gelegentlich sogar, bewaffnete Raubüberfälle zu verhindern oder die Verbrecher noch mit der Waffe in der Hand – beim Überqueren der Straße – zu verhaften. Das Traumergebnis überhaupt.
Für Thorne und die anderen Mordeinheiten stellte sich die Situation etwas anders dar. Wer Mörder jagte, konnte nur reaktiv vorgehen. Wo ein Raubüberfall geplant war oder welcher Geldtransport hochgehen sollte, ließ sich herausfinden. Aber man konnte nur selten sagen, wo eine Leiche auftauchen wird. Normalerweise wusste man ja nicht einmal, wann, aber so wie die Dinge standen, wagte Thorne die Prognose, dass früher oder später eine oder mehrere Leichen bei ihnen landeten.
Er fuhr durch den Belsize Park, an den überteuerten Feinkost- und Bioläden vorbei, als er plötzlich Lust auf ein frühes Abendessen bekam. Kurz vor der U-Bahn-Station Chalk Farm bog er nach links Richtung Camden und ordnete sich mit seinem BMW Richtung Seven Sisters Road ein. In der Höhe des Manor House rief er Hendricks an, um ihm zu sagen, dass er heute auswärts esse.
Es schmeckte großartig, und die Portionen waren gewiss nicht nach Art der Nouvelle Cuisine …
Arkan Zarif stand am Tisch und beobachtete Thorne, als dieser den ersten Bissen probierte. Thorne hatte ein Gericht gewählt, das er noch nie probiert hatte – gewürzte, in Kartoffeln gehüllte Hackfleischklöße. Er kaute, nickte begeistert, und der alte
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