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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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dich, mich zu sehen? Ach, es ist ein Revolver …«
    Auf dem Album ist noch ein Song, »I Know It’s Over«.
    Ich hab ihn mir mit dem Kopfhörer angehört. Es gibt da eine Stelle, wo Morrissey darüber singt, wie ihm Erde auf den Kopf und ins Gesicht fällt. Dass sich das genauso anfühlt, wenn eine Beziehung zu Ende ist, wenn er sitzen gelassen wird oder so. Ich hab versucht, mir das vorzustellen. Dass ich mit jemandem zusammen bin und er mit mir Schluss macht. Ich lag da, hatte laut aufgedreht und die Augen zu und mich in diese Lage versetzt. Eine Weile fühlte ich mich ganz tiefgründig und romantisch, wie ein Dichter oder so. Und dann wurde ich plötzlich wütend und kam mir dumm vor, hielt den Song nicht mehr aus. Jetzt überspringe ich ihn immer. Bei dem Text und der Melodie muss ich immer heulen, oder ich sehne mich danach, zu heulen. Aber irgendwie war das nicht echt. Es war aufgesetzt. Ich hab immer gedacht, von anderen bemitleidet zu werden sei echt schlimm, aber wenn ich anfange, in Selbstmitleid zu versinken, das ist das Letzte.
    Ich werde niemals einen Freund haben, so einfach ist das. Und falls ein Wunder geschehen würde und ich doch einen hätte, muss man kein Superhirn sein, um herauszufinden, woran das Ganze scheitern könnte. Außer natürlich, ich würde auch so eine Brutzelbirne finden. Ihre Blicke trafen sich im überfüllten Wartezimmer eines Schönheitschirurgen …
    Wird nicht passieren. Nur weil ich so aussehe, wie ich aussehe, muss ich noch lange nicht auf Typen stehen, die auch so aussehen.
    Ich wär nicht traurig, wenn ich sitzen gelassen würde. Ich würde mir nur wünschen, den Wichser umzubringen. Weil er so ein feiges Arschloch ist.
    Aber ich will sowieso keinen Freund.
    Das liest sich so unglaublich wehleidig. Als ob ich so ein eingebildetes Luder wäre und nur so tue, als ob ich allein bleiben möchte, weil ich mir selber so Leid tue. Ich kann nichts dafür, dass sich das so anhört. Ich weiß, was ich denke.
    Beschissener Moment des Tages
    Habe beschlossen, mir darüber nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Weil es nichts bringt.
    Glücksmoment des Tages
    Siehe oben.

Zwanzigstes Kapitel
    »Beschreiben Sie mir noch einmal das Treffen mit Ryan. Was er an diesem Abend im Epping Forest sagte …«
    Rooker war in Zigarettenrauch gehüllt. Seufzend blies er einen Tunnel der Langeweile durch den Mief. »Fällt Ihnen gar nichts anderes ein?«, fragte er. »Sie erwarten doch nicht wirklich, dass mir plötzlich etwas einfällt, das ich Ihnen nicht schon längst erzählt habe?«
    Thorne beobachtete, wie sich die Kassettenspulen in dem Rekorder drehten. »Keine Ahnung …«
    »Nicht nach zwanzig Jahren. Glauben Sie nicht, ich hatte genug Zeit, um darüber nachzudenken?«
    »Oder um zu vergessen.«
    »Ach, zum Teufel damit …«
    Der Angriff auf das Mädchen am Swiss Cottage lag inzwischen beinahe einen Monat zurück. Beinahe ein Monat, seit sich DIE DA OBEN dazu bereit erklärt hatten, Gordon Rookers Angebot anzunehmen, gegen Billy Ryan auszusagen. Tughan hatte Thorne am Tag zuvor gesagt – als das Gespräch am runden Tisch in Maidenhead stattfand –, dass die Anklage gegen Ryan, sofern alles glatt lief, wohl in einer Woche rausginge.
    Der Fall wurde an einer ganzen Reihe von Fronten sorgfältig vorbereitet. Viele, die 1984 mit Rooker und Ryan zu tun gehabt hatten, wurden aufgesucht und befragt. Einige waren noch immer im Geschäft. Andere hatten sich längst in die Vororte zurückgezogen. Und wieder andere hatten sich noch weiter zurückgezogen, in Länder mit besserem Wetter und attraktiveren Steuersystemen. Ein paar hatten geredet, aber nicht so viel, dass Tughan und sein Team sich zufrieden hätten zurücklehnen können.
    Omerta hieß das bei der Mafia: das Gesetz des Schweigens. Durch die fremde Sprache und die damit verbundenen Assoziationen klang es ehrenvoll, ja, sogar etwas wie Würde schwang mit, aber das Leben dieser Leute, die sich in ihren pseudospanischen oder pseudo-sonst-was Villen versteckten und in die Hose machten, hatte nichts von Ehre oder Würde an sich. Thorne hätte diese alten Ärsche gern mal besucht, diese mumifizierten harten Typen in Braintree und Benidorm. Hätte sie nur zu gerne in ihr dummes, sonnen- oder sonnenstudiogegerbtes Gesicht geschlagen und ihnen ein Bild von Jessica Clarke …
    »Wie ich schon sagte«, fuhr Rooker fort, »ich bekam einen Anruf von Henry Little und fuhr rauf, um mich mit Ryan im Epping Forest zu treffen. Auf einem Waldweg in der Nähe

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