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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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meinen Sie? Ich bekomme eine neue Identität und so weiter.«
    »Es gibt verschiedene … Stufen des Zeugenschutzprogramms. Sie werden wohl, zumindest am Anfang, in die oberste Stufe kommen. So viel, denke ich, ist klar …«
    Das schien Rooker gerne zu hören. Dann fiel ihm etwas anderes ein. »Kann ich mir den Namen aussuchen?«
    »Was?«
    »Meinen neuen Namen, meine neue Identität. Kann ich mir die selbst aussuchen?«
    »Haben Sie schon eine Idee?«
    »Nicht wirklich.« Er lachte und langte nach seinem Tabak. »Will nur nicht am Schluss mit einem Dödelnamen abserviert werden.«
    Thorne spürte, wie sich in seiner Brust etwas zusammenzog. Die großspurige Coolness, die er bereits im Park Royal gespürt hatte, war wieder da. Rooker redete mit ihm, als sei er sein Kumpel, den er gern hatte und dem er vertraute. Am liebsten hätte Thorne über den Tisch gelangt und ihm den faltigen Hals gewürgt.
    Thorne sah auf die Uhr und sprach in das Aufnahmegerät. »Befragung um vierzehn Uhr fünfunddreißig beendet.« Er drückte die Taste.
    »Wir sind also fertig?«, fragte Rooker.
    Thorne nickte in Richtung Rekorder. »Damit sind wir fertig.« Er beugte sich vor. »Was war das für ein Gefühl, Gordon?«
    »Wie?«
    »Wenn Sie jemand für Geld umbrachten. Wenn Sie einen Auftrag ausführten. Ich möchte wissen, was das für ein Gefühl war.«
    Rooker begann, sich eine Zigarette zu drehen, aber langsamer. Die gelben Finger waren mit einem Mal nicht mehr ganz so geschmeidig. »Was hat das damit zu tun?«
    »Wir wissen bereits, dass Sie sich nicht ums Warum kümmern. Also frage ich mich, worum Sie sich kümmern. Machte Ihnen der Job Spaß? Waren Sie stolz auf Ihre Arbeit?«
    Rooker reagierte nicht.
    »Machten Sie es richtig gern ?«
    Erst jetzt sah Rooker auf und schüttelte energisch den Kopf. »Man freut sich, wenn man den Job ordentlich erledigt, das ist alles. Und das Geld bekommt. Wenn man anfängt, an der Sache selbst Spaß zu haben, da irgendeinen Kick rauszieht, ist man am Ende.«
    Thorne musste ihm innerlich widersprechen. Der X-Man genoss offensichtlich, was er tat, und er hatte bislang noch nicht viele Fehler gemacht.
    »Also was? Sie schalten einfach ab? Schalten auf so eine Art Autopilot?«
    »Du konzentrierst dich. Der Kopf wird leer … Nein, leer trifft es nicht. Alles ist verschwommen, und in der Mitte ist ein Licht. Das ist scharf und klar umrissen. Kalt. Du entspannst dich, bleibst ruhig und bewegst dich darauf zu. Das ist das Ziel, und davon lässt du dich durch nichts abbringen.«
    »Nicht von Schuld oder Bedauern?«
    »Sie haben mich gefragt, also erkläre ich es Ihnen. Das ist der Job.«
    »Sie reden darüber in der Gegenwart.«
    Rooker legte die fertige Zigarette in das Päckchen mit dem Tabak. Er schloss es. »Ich lebe noch immer damit.«
    »Viele Leute leben noch immer damit«, sagte Thorne.
     
    Phil Hendricks gab etwas Unterricht am Royal Free, und Thorne hatte sich anschließend mit ihm verabredet. Er nahm den Zug nach Hampstead, und sie aßen bei einem Chinesen, der einen Steinwurf von der Uni entfernt war. Danach gingen sie über die Straße ins nächste Pub, und jeder trank innerhalb von fünfzehn Minuten mehrere Bier. Keiner redete viel, bis sich die Anspannung löste.
    »Lass dich bloß nicht von Rooker fertig machen«, sagte Hendricks. »Der tut so, als wär das so ein Zen-Konzentrationsscheiß. Dabei hat er einfach Leute umgebracht. Mehr ist da nicht dran.«
    »Ich war einfach nicht in der Stimmung, ihn zu ertragen. Das ist alles.« Thorne lächelte und hob sein Glas. »Einfach einer dieser Tage …«
    Einer dieser Tage, wie sie jeden Monat einmal über ihn kamen. Wenn sich Thorne ohne jeden Grund dabei ertappte, was er tat, die Leute bemerkte, mit denen er es jede Stunde seines Lebens zu tun hatte. Wenn ihn plötzlich, nachdem er wochenlang seine Arbeit, ohne nachzudenken, verrichtet hatte, der Gestank und die Düsternis von alledem trafen. Es war, als wachte man kurz auf und stellte fest, dass das wirkliche Leben weitaus schlimmer war als der Albtraum.
    Thorne fand, sein eigenes Leben war in gewisser Weise in extremen Situationen dem seines Vaters nicht unähnlich. Es gab Zeiten, da hörte er sich Dinge sagen – zu Mördern und ihren Opfern –, die in jeder Hinsicht so bizarr waren wie alles, was sein Vater je gesagt hatte.
    »Sechs und neun«, grinste Thorne und sah zu Hendricks. »Wer darf rein?«
    Das war ein Running Joke zwischen ihnen, seit er ihm erzählt hatte, was in Brighton

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