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Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes

Titel: Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Investigation Manual zitierte, der Bibel der Kriminalbeamten.
    »Genau. Zum Beispiel die Banknote, die der Mörder an die Leichen heftete. Dadurch können wir sichergehen, dass die anderen Morde nicht von Trittbrettfahrern stammten.«
    »Bei Paddy Hayes steht das nicht fest«, warf Thorne ein.
    »Okay …«
    Thorne war klar, dass es jede Menge vernünftige Gründe gab, nicht alles an die große Glocke zu hängen. Aber ihm war ebenso klar, dass der Anflug eines Verdachts, ein Polizist könne in einen derartigen Fall verwickelt sein, den Leuten in den Chefetagen auf den Nägeln brennen würde.
    Ihm leuchtete ein, dass die Pressekonferenz morgen sinnvoll war. Der dritte Tote hatte einen raschen und radikalen Kurswechsel im Umgang mit den Medien nötig gemacht. Nun musste die Öffentlichkeit erfahren, was los war – wenn auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Es war alles im Murder Investigation Manual nachzulesen: Die Öffentlichkeit musste informiert, beruhigt und um Mithilfe gebeten werden.
    Die Met musste sich natürlich absichern. Nicht auszudenken, wenn noch mehr Tote auftauchten und sie sich vorwerfen lassen müsste, die Öffentlichkeit nicht gewarnt zu haben.
    »Was denken Sie?«, fragte Brigstocke. »Irgendeine Idee?«
    »Ich denke, Sie sollten das mit dem Mineralwasser sein lassen und sich was Ordentliches zu trinken holen. Ein Bierbauch ist Ihre geringste Sorge.«
    »Im Ernst …«
    »Im Ernst!« Thorne schwenkte den Rest Bier im Glas. »Sie hätten mich löchern sollen, bevor Sie mich auf drei Glas Stella eingeladen haben.« Er blies die Backen auf und atmete langsam aus. »Wie’s aussieht, ist wieder ein Nachmittag Rekrutierungsdemographie im Eimer.«

Drittes Kapitel
    Die U-Bahn-Fahrt vom St. James Park nach Hause dauerte vierzig Minuten. Kaum war er in seiner Wohnung, machte er die Anlage an. Er wählte eine CD mit raren Studioaufnahmen und Demos aus der Zeit der American Recordings, die 2003, ein paar Monate nach dem Tod Johnny Cashs, veröffentlicht wurde. Thornes Lieblingsstück war Redemption Song, eine Coverversion des Bob-Marley-Klassikers, den Cash mit Joe Strummer aufgenommen hatte.
    Thorne machte sich eine Tasse Tee und dachte darüber nach, warum Marley und Strummer so jung gestorben waren, während Mick Hucknall und Phil Collins noch immer draußen herumliefen.
    Trotz seiner flapsigen Bemerkung gegenüber Brigstocke hatte er an diesem Nachmittag nicht viel geschafft. Er hatte die Zahlenkolonnen angestarrt und ab und zu auf seiner Tastatur herumgehackt, dabei aber die ganze Zeit über Paddy Hayes und die Maschinen nachgedacht, die ihn am Leben hielten. Über den Brief, den der Tote in seiner Tasche herumgetragen hatte. Wie genau der hinsehen musste, der ihn kannte, bevor er ihn identifizieren konnte.
    Thorne nahm die Tasse Tee mit ins Wohnzimmer. Er setzte sich und ließ sich alles durch den Kopf gehen, was Brigstocke ihm erzählt hatte. Und warum er es ihm erzählt hatte. Nachdem diejenigen, auf die der Mörder es anscheinend abgesehen hatte, nicht mehr mit der Polizei sprachen, würden die Ermittlungen verdammt schnell ins Stocken geraten. Und schließlich auf spektakuläre Weise scheitern.
    Russell Brigstocke musste schon ziemlich verzweifelt sein, wenn er sich ausgerechnet bei ihm Rat holte. Nach dem, was Thorne über den Fall gehört hatte, war seine Verzweiflung nicht unbegründet.
    Was denken Sie?
    In den Pausen zwischen den einzelnen Nummern konnte Thorne den Verkehrslärm von der Kentish Town Road drüben hören, das Rattern eines Zugs, der nach Camden Town oder Gospel Oak fuhr. Er sehnte sich plötzlich zurück nach den ersten paar Monaten des Jahres, als Phil Hendricks bei ihm wohnte, weil seine eigene Wohnung wegen Feuchtigkeit renoviert wurde. Es war eng und chaotisch zugegangen, Hendricks hatte auf der Schlafcouch gepennt, und sie waren mehr als einmal aneinander geraten. Ihm fiel ein, wie sie sich an dem Tag, bevor Hendricks auszog, betrunken und über Fußball gestritten hatten. Das müsste ein paar Wochen vor dem Brand gewesen …
    Vor dem Brand. Nicht »bevor mein Vater starb«.
    So tickte er inzwischen: den Weg des geringsten Widerstands, immer schön abstrahieren. Es gab einen Brand. Der Brand war Tatsache. Der Tod seines Vaters natürlich auch. Aber allein die Formulierung dieses Satzes öffnete selbstquälerischen Zweifeln Tür und Tor. Machte ihn fertig. Sprengte den Panzer des Alltagseinerleis und weitete diesen Riss, bis er weit aufklaffte. Bis Thorne nichts anderes

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