Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
Vermutungen wirbelten durch seinen Kopf, trieben ihr Spiel mit ihm und halfen ihm weiter.
Hartnäckig …
Ich war immer der Meinung, das sexuelle Element des Angriffs sei wichtiger.
Verstehen Sie, ich seh das alles ein, dass Menschen, die andere missbrauchen, selbst missbraucht worden sind.
Vielleicht hat er gar nicht mit Luke telefoniert.
Wir haben bereits die Eltern überprüft …
Bis eine Idee die Oberhand gewann und das Geräusch in Thornes Kopf lauter und unüberhörbar wurde und den Lärm der Maschine übertönte.
Und was Lardner gesagt hatte. Seine letzten Worte:
Warum erzählst du dem Inspector nicht alles?
Warum du es nicht erträgst, wenn er dich anfasst …
Thorne zog die Kopfhörer herunter und drückte den Panikknopf.
Jane Freestone stand auf und ging, als sie ihn kommen sah. Thorne sah ihr nach, wie sie an den Zaun trat, ausspuckte und sich eine Zigarette anzündete. Dann setzte er sich auf die Bank neben ihren Bruder.
Dieselbe Bank, auf der Grant Freestone saß, als Thorne und Porter ihn vor einer Woche hochnahmen.
»Verdammte Scheiße«, sagte Freestone.
»Beruhigen Sie sich.«
»Ich bin mit meiner Schwester hier, okay?«
Freestone war noch am selben Tag aus der Untersuchungshaft in Lewisham entlassen worden, an dem Maggie Mullen angeklagt wurde. Nun war er, bis auf die Pflichtbesuche in der Rehabilitationsklinik und einen wöchentlichen Besuch beim Sex Offenders Register, wieder mehr oder weniger Herr über sein Leben. Allerdings hatte Thorne vor, diejenigen, die es anging, möglichst bald über den Anteil zu informieren, den das Herumsitzen in öffentlichen Parks – und zwar bevorzugt neben Kinderspielplätzen – in ebendiesem Leben einnahm.
»Jetzt werden Sie bloß nicht pampig«, sagte Thorne. »Wenn wir nicht gewesen wären, säßen Sie jetzt wegen Sarah Hanley in Untersuchungshaft. Und müssten in Belmarsh oder Brixton auf Ihren Arsch aufpassen.«
»Danke. Aber vergessen Sie nicht, Sie waren die Arschlöcher, die mich hochgenommen haben.«
Da hatte er allerdings recht.
»Es hat sich letztlich alles geklärt«, meinte Thorne.
Ein leichtes Lüftchen wehte, aber der Tag war angenehm warm. Thorne zog die Jacke aus und legte sie über die Knie. Kirschblütenblätter schwebten über den Weg, und ein Eiskrempapier hing an dem Abfalleimer neben der Bank.
»Ich hab es nicht fassen können, als ich es gehört hab«, sagte Freestone. »Diese Frau, ich meine: Tony Mullens Frau. Und ihr Freund.«
»Haben Sie sie mal kennengelernt? Damals, als sie noch Margaret Stringer hieß?«
»Ich hatte nur mit der Sozialarbeiterin zu tun, Miss Bristow.« Er wandte sich Thorne zu. »Das hat mich ganz schön getroffen, als ich das gehört hab. Sie war in Ordnung. Der Typ, der sie umgebracht hat, hat das verdient, was ihm passiert ist. Wenn Sie mich fragen.«
Thorne setzte sich etwas anders hin und veränderte noch einmal seine Position, bis der Schmerz nachließ. »Dann war es also eine Überraschung, als Sie herausfanden, was wirklich mit Sarah Hanley passiert war.«
»Und was für eine, ja.«
»Sie waren wohl überrascht, dass es Tony Mullens Frau war und nicht er selbst?«
»Wie bitte?«
»Ich vermute, Sie dachten, Tony Mullen wollte Sie drankriegen. Damit sage ich nicht, dass Sie glaubten, er hätte es selbst getan. Sondern eher, dass es ihm Ihrer Meinung nach durchaus in den Kram gepasst hätte, Ihnen den Mord in die Schuhe zu schieben. Damit er wieder eine Weile seine Ruhe gehabt hätte vor Ihnen. Das haben Sie doch gedacht, oder?«
Freestone zuckte die Achseln. Offensichtlich machte er sich Sorgen wegen seines Ziegenbärtchens.
»Warum wollen Sie es mir nicht sagen, Grant? Mullen ist nicht mehr in der Position, Ihnen zu schaden. Oder Ihnen einen Gefallen zu tun.«
Hier fand Thorne sich nun wieder, nach einer Reihe von Gedankensprüngen. Einer Abfolge von düsteren Mutmaßungen, die ins Herz der Finsternis führten …
Falls Adrian Farrells Verbrechen auf irgendeiner Ebene eine Reaktion auf seinen eigenen Missbrauch war, konnte dieser Missbrauch dann zu Hause passiert sein?
Falls die Anrufe zwischen dem Haus der Farrells und dem der Mullens anstatt zwischen den Söhnen zwischen den Vätern stattgefunden hätten, was hätte dann der Inhalt ihrer Gespräche sein können?
Und wovor hatte Maggie Mullen so Angst, dass Peter Lardner es verraten könnte? Oder bereits verraten hatte? Als er in dem dunklen, verstaubten Keller unangenehme Wahrheiten enthüllte?
Thorne würde es wohl
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