Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
nichts von Shania Twain zu haben. Dann sah er nach dem Toast und drehte die Scheiben um. Darauf spürte er ihre Finger an seiner Schulter.
Sie lehnte sich an ihn, als er sich umwandte, strich ihm mit einer Hand über das Gesicht, während sie mit der anderen an seinen Hemdknöpfen fummelte.
»Dann lassen wir den Toast mal, oder?«, sagte Thorne.
Ihre Zunge schmeckte süß und nach Bier. Er ging etwas in die Knie, um sich besser an sie drücken zu können, und sie taumelten, die Lippen ans Zahnfleisch gedrückt und die Zähne gegeneinander schlagend, ohne voneinander zu lassen.
Sie lehnte sich gegen den Küchentisch, er folgte ihr, ohne seine Umarmung zu lösen. Dann spürte er das Ziehen und den Knall und den schwindelerregenden Schmerz, der vom Schenkel bis hinunter in den Knöchel schnitt.
Er wartete, bis sich ihre Lippen voneinander lösten, bevor er laut aufschrie.
Vierter Teil
Schadensbericht
Dreißigstes Kapitel
Thorne lag absolut bewegungslos in der engen, weißen Röhre und versuchte, Johnny Cash zu lauschen.
Die Musik war nur leise in den Kopfhörern zu vernehmen und wurde durch das Geräusch des MRI-Scanners übertönt, der langsam das Bild seiner Wirbelsäule zusammensetzte. Oder ihres Zustands. Durch das Geräusch, das einem Pressluftbohrer nicht unähnlich war, klang es fast wie ein radikaler Techno-Remix des Man in Black. Aber immer noch besser als die Alternative. Sie hatten ihm gesagt, er könne sich für die rund zwanzig Minuten in der Röhre eine ihrer CDs ausleihen. Thorne wollte jedoch kein Risiko eingehen und hatte The Man Comes Around mitgebracht. Kluge Entscheidung. Selbst das wenige, das er hören konnte, war dem Großteil der Scheiße auf der laminierten Liste vorzuziehen, die ihn in der Umkleide erwartet hatte.
Jamie Cullum, Katie Melua, Norah verdammt noch mal Jones.
Er blieb unbewegt liegen, wie man es ihm gesagt hatte. Er versuchte, genau hinzuhören. Die Hand um den Gummipanikknopf, den er, so hatte man ihm erklärt, drücken solle, sobald ihm unwohl sei oder er Angst bekomme. Und, aus welchem Grund auch immer, die Untersuchung beenden wolle.
Der Rhythmus der Maschine, das Geklapper trat in den Hintergrund, wie Summen, das leiser wird. Er fand das Geräusch entspannend. Er ließ sich treiben, hing seinen Gedanken nach, genoss den Luxus, Zeit, Platz in seinem Kopf zu haben. So wie man es genießt, zwischen makellose Laken zu schlüpfen, wenn man zu lange in einem schmuddligen und stinkenden Bett geschlafen hat.
Sechs Tage, seit es zu Ende war. Zumindest zum Teil zu Ende war.
Jetzt lag alles in den Händen der Richter und Anwälte. Nun konnten Thorne und die anderen sie nur noch mit den nötigen Unterlagen versorgen und hoffen, dass sie die richtigen Entscheidungen trafen.
Einige sehr mutige Entscheidungen hatten sie bereits getroffen.
Luke Mullen war des Mordes an Peter Lardner angeklagt worden, obwohl einiges dafür sprach, dass die Geschworenen ihn, wenn es zur Verhandlung kam, freisprechen würden. Thorne war mehr als bereit, als Zeuge der Verteidigung in den Zeugenstand zu treten. Er war überzeugt, dass die mildernden Umstände, dank derer Luke Mullen wahrscheinlich freigesprochen würde – unter anderem die frühere Position Tony Mullens –, dazu beitrugen, dass man den Jungen in die Aufsicht seines Vaters entließ. Natürlich unter strengen Auflagen: Luke musste regelmäßig bei einer Polizeiwache vorstellig werden. In die Schule konnte er nicht zurück.
Eine weitere mutige Entscheidung war, Maggie Mullen in die Untersuchungshaft nach Holloway einzuweisen.
Wobei dem Gericht letztlich nichts anderes übrig blieb. Die Anklage, bei Sarah Hanleys Tod das Recht verdreht zu haben, ließ wenig Spielraum, und man setzte eine Kaution von fünfzigtausend Pfund aus. Als jedoch Tony Mullen – der Einzige, der die Kaution hätte zahlen können – sich strikt weigerte, dies zu tun, blieb ihr nichts anderes übrig, als ins Gefängnis zu gehen.
Thorne hatte Mullens Gesicht im Wohnzimmer nicht vergessen, als seine Frau ihm alles beichtete. Und er vermutete, dass es ihm leichter als dem Richter gefallen war, seine Frau ins Gefängnis zu schicken.
Was hatte Thorne an dem Abend zu Porter gesagt?
Und von seiner Familie ist nicht viel übrig, um ihn zu unterstützen …
Während Thorne weiter regungslos liegen blieb, begannen sich ungebetene Stimmen bemerkbar zu machen. Sie tauchten aus dem Nichts auf und forderten seine Aufmerksamkeit ein. Verschiedene Bemerkungen und
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