Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
anonyme Anrufer gesagt hatte, und sie spürte, wie sie immer aufgeregter und auch noch kurzatmig wurde.
Und da war noch mehr.
»Erzählen Sie mir von dem Mann im Anzug«, sagte Helen. »Mit dem die Jungs geredet haben.«
Snooks begann wieder auf seine Zeitung zu schielen. »Ich hab einen Typen im Anzug gesehen. Das ist alles, mehr gibt’s nicht zu sagen.«
»Dann hätte ich gern meinen Zwanziger wieder.« Snooks seufzte und drehte sich auf seinem Hocker zu ihr. Er deutete auf die Treppe. »Sie sind da heruntergekommen. Als hätten sie oben eine Besprechung oder so was gehabt. Das war vor fünf, sechs Wochen, um den Dreh herum. Wave … der mit der bescheuerten Frisur, der sich benahm, als wär er der Chef im Ring, und sein pakistanischer Schatten. Und dieser weiße Typ im Anzug, sah aus wie ein Makler oder so. Taten, als wären sie die besten Kumpel, Händeschütteln und so, und dann standen noch ein paar herum, die sahen aber aus, als wüssten sie nicht genau, was da läuft.«
Helen schenkte es sich, ihn um eine Beschreibung zu bitten. Der Mann, der die Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen hatte, hatte ihr gesagt, es gäbe eine bessere Möglichkeit.
»Wem außer mir haben Sie das erzählt?«
»Weiß nicht, ein paar Leuten. Ich kann mich nicht erinnern.«
Selbst wenn Helen nicht gewusst hätte, dass er log, hätte sie es ihm nicht abgenommen. Sein ängstlicher Gesichtsausdruck sagte alles. »Kommen Sie, ich hab das nicht durch Zauberei erfahren.«
Snooks wirkte verunsichert, als habe er bereits zu viel gesagt für die zwanzig Pfund.
Wahrscheinlich war es nicht wichtig, dachte Helen und beließ es dabei. Sie fragte ihn nur noch, wo sie den Geschäftsführer finden könne, und ließ ihn dann wieder seine Pferderennseiten beackern.
»Warum hast du es nicht einfach genommen?«
»Wir brauchen es nicht.«
»Natürlich nicht. Wir können es uns ja von einer Bank leihen, richtig? Wir haben ja unsere eigenen Ersparnisse, das ganze Geld, das wir beiseitegelegt haben. Ja, alles kein Problem.«
In dem Moment, als er den Mund aufmachte, war Theo klar, dass das ein Fehler war. Javine war wie ein Pitbull darauf angesprungen und gab ihm seither Saures, als hätte er eine Riesenchance verbockt.
»Das war alles nur Gerede«, erklärte Theo. »Dass sie sich einen Job sucht, dass das in Ordnung wäre und das alles. Du hättest ihr Gesicht sehen sollen.«
»Dafür sind Eltern da. Dass sie ein Opfer für ihre Kinder bringen, ja?«
Theo schüttelte den Kopf. »Ja, wenn man ein Kind ist und noch nicht auf eigenen Beinen stehen kann. Danach ist man selbst für sich verantwortlich. Dann sollte man sich um sie kümmern.«
Sie waren im Wohnzimmer. Benjamin lag auf dem Rücken in der Ecke, unter einem knallig bunten Babytrapez, und quietschte und fuchtelte mit den Ärmchen vor Freude über den kleinen Spiegel, der vor ihm baumelte. Theo saß auf dem Sofa, während Javine in der Küche für den Kleinen etwas zu essen machte und ständig hin und her lief.
»Es ist eine Schande, verstehst du?«, sagte sie. Sie stand in der Tür und schüttelte ein Fläschchen. »Wenn einem so etwas auf einem Silberteller serviert wird, und man sagt nein danke. So was kommt nicht alle Tage vor.«
Es war okay, wenn sie brüllte – dann konnte er zurückbrüllen -, aber was er nicht ertrug, war dieser traurige Ton, als ob sie keinen Aufstand machen wolle, aber einfach enttäuscht sei. Als sei es nicht seine Schuld, dass er sie hängen ließ.
»Wir hätten eine Chance gehabt, wegzugehen, das ist alles.«
Wenn es ihm schon leidtat, dass er ihr von dem Angebot seiner Mutter erzählt hatte, dann hätte er sich dafür in den Arsch beißen können, dass er ihr gesagt hatte, warum. Allein bei dem Gedanken daran, seine Mutter und Angela zurückzulassen, hatte er sich schuldig gefühlt. Und jetzt, da seine Mutter es offen angesprochen hatte, war es noch schlimmer. Als ob sie gewusst hätte, dass er mit dem Gedanken spielte. Wollte sie es wirklich, oder bot sie ihm ihre Hilfe nur deshalb an, weil sie wusste, dass er es nicht schaffen würde? Dass er gerettet werden musste wie ein kleiner Junge?
Selbst jetzt, da er es für einen Fehler hielt, fühlte er sich selbstsüchtig.
Vielleicht brauchten sie ihn gar nicht. Es war ja nicht so, dass sie sich je auf ihn hätten verlassen können. Aber wie würde er damit umgehen? Nicht da zu sein, falls man ihn brauchte? Nicht zu sehen, wie Angela aufwuchs, oder ein Auge auf sie zu haben, wenn Jungs
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