Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
schön niedrig zu halten, hm?«
»Klar.« Er zog an der Zigarette. »Haben Sie schon einen Namen dafür?«
Helen war verwirrt. Er deutete auf ihren Bauch, und sie verstand, dass er von dem Baby sprach. »Nein, noch nicht.« Sie und Paul hatten eine Weile mit Namen gespielt, bis er von der Affäre erfuhr. Dann hatten sie das Thema stillschweigend ad acta gelegt. Jetzt, da sie niemanden hatte, mit dem sie darüber sprechen konnte, hatte sie bemerkenswert wenige Gedanken darauf verwendet. Sie lächelte. »Vielleicht sollte ich ihn nach Ihnen nennen«, sagte sie. »Man hört, dass Frauen das machen. Dass sie ihr Kind nach der Hebamme nennen oder dem Taxifahrer, der sie ins Krankenhaus fährt. Der Name wäre wahrscheinlich so gut wie jeder andere.«
Der Junge schüttelte grinsend den Kopf. »Das ist echt eine ganz schlechte Idee«, sagte er.
»Ach ja …«
Helen stieg ins Auto und schnallte sich an. Sie war sich bewusst, dass der Junge ihr dabei zusah, wie sie rückwärts aus der engen Parklücke herausfuhr. Sie hob die Hand und bedankte sich, als er beiseitetrat, um ihr den Weg frei zu machen.
26
Inzwischen war die Sache richtig groß.
Seit SnapZ tot aufgefunden worden war, stand an jeder Ecke eine Kamera. Wohin man blickte, sah man Horden von Journalisten der großen Journale wie der kleinen Boulevardzeitungen, die diese Jacken mit den Ellbogenflicken trugen, jedem Kapuzenträger ein Mikrofon vor die Nase hielten und dabei wie hungrige Hunde nickten und einen Steifen bekamen, versessen darauf, einen Coup zu landen und etwas von dieser geilen Gefahr hier für ihre Titelseite einzufangen.
Und es herrschte kein Mangel an Menschen, die ihnen nur zu gerne das erzählten, was sie hören wollten. Kids, die noch
nicht mal eine Tüte Chips geklaut hatten und sich nun als richtige kleine Gangster aufspielten, die den Slang draufhatten und mit einem Zehner für ihre Mühe belohnt wurden. »Und pass auf, dass mein Name richtig geschrieben wird, kapiert, Alter?«
Sogar ein paar aus der Gang waren sich nicht zu blöde dafür.
Theo hatte einige gesehen, Sugar Boy und ein paar von den anderen, wie sie am Ende eines dunklen Durchgangs am Rand der Sozialsiedlung gefilmt wurden und richtig Gas gaben für London Tonight . Ein paar hatten sich eine Bandana über das Gesicht gezogen und eine Sonnenbrille aufgesetzt. Die ganze Show eben. Ein Idiot posierte mit einer Knarre. Vielleicht war es seine eigene, vielleicht war es eine Attrappe, die ihm die Fernsehleute in die Hand gedrückt hatten, egal, alle zogen sie ihre schärfste Machonummer ab.
»Wenn du zu keiner Gang gehörst, bist du nichts, Mann.«
»Eine Gang hält enger zusammen als eine Familie.«
»Wenn einer unserer Brüder erschossen wird, spürt man das, verstehst du? Spürst du es hier .« Und dazu die Faust auf die Brust gepresst und heftig genickt.
Am liebsten wäre Theo hinübergelaufen und hätte sie in ihre blöde Fresse geschlagen, nur damit sie den Mund hielten, hätte sich die Kameraausrüstung geschnappt und sie dem Kameramann in den Arsch geschoben. Er wollte sich mit der Faust auf die Brust schlagen und ihnen sagen, was er hier drin fühlte. Nämlich das, was einen stottern und in die Hose pissen lässt. Was einen schwer atmen lässt, wenn man mitten in der Nacht hellwach daliegt und seinen Sohn betrachtet.
Er war seit kurz nach acht Uhr in der Wohnung. Inzwischen verließ er immer früher seine Familie, besorgte sich eine Zeitung und Zigaretten und wartete vor dem Café, bis es öffnete.
Die waren einfach reinmarschiert und hatten SnapZ in seiner eigenen Wohnung umgebracht.
Theo hatte sich zu Hause ohnehin nie sicher gefühlt. In seinem Block wurden ständig Leute niedergestochen. Aber das hier war etwas anderes. Das Problem war nur, was erzählte er Javine? Es konnte sie schlecht bitten, tagsüber mit Benjamin aus ihrer Wohnung zu verschwinden, bis er wieder zurückkam. Nur für den Fall, dass jemand mit einer Knarre in der Hand an die Tür klopfte, während er sich wie eine Memme auf der anderen Seite der Siedlung versteckte.
Sugar Boy kam um halb elf Uhr vorbei. Sie redeten ein paar Minuten über das, was hier lief, und Sugar Boy zeigte Theo die Kohle, die er für die Scheiße bekommen hatte, die er den Reportern erzählt hatte. Theo schaltete den Fernseher ein, um sich abzulenken.
Er fragte Javine, ob sie nicht runtergehen wolle zu seiner Mutter. Aber das kam nicht so gut an. Nichts war die letzte Woche gut angekommen, wenn er ehrlich
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