Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
hatte, musste das über ein anderes Konto gelaufen sein.
Sie fühlte sich nicht erleichtert, als sie die Auszüge wieder einsortierte. Sie wusste, irgendwo gab es etwas, das sie nicht finden sollte. Und was immer Paul gewesen war, Dummheit war keine Eigenschaft von ihm gewesen.
Sie war es, die kein Geheimnis für sich behalten konnte.
Helen ging ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen, zog ein T-Shirt heraus und überlegte, ob das, wonach sie suchte, vielleicht hinten im Schrank, hinter Pauls Gitarre, versteckt war.
Im Zimmer nebenan laberte ein DJ, den sie beide schon immer gehasst hatten, über ein Konzert, das er besucht hatte – absolut überzeugt, sein drittklassiges Gesellschaftsleben interessiere die Zuhörer mehr als die Musik, die er stattdessen spielen könnte.
Ein Erinnerungsfetzen: Paul, wie er auf dem Weg zum Kühlschrank, um Milch zu holen, das Radio anknurrte: Lahmarsch.
Es war nur ein Blick. Nur ein kurzer Blick, als er von seinem Queue aufsah, während er sich über den Tisch beugte, und etwas wie ein Grinsen, das über sein Gesicht huschte, jedoch reichte, dass sich Theos Haare aufstellten und dass er wusste, etwas Übles war passiert.
Noch etwas Übles.
Sie waren ins Cue Up gegangen, um eine Kleinigkeit zu essen, etwas zu trinken, Pool zu spielen und eine Stunde der Wohnung und der Nachmittagshitze zu entkommen. Easy war in bester Stimmung. Er hatte vorgeschlagen, um zwanzig
Pfund zu spielen, aber Theo hatte an Javines Gesichtsausdruck gedacht, an den Ton in ihrer Stimme, und sich nur auf zehn Pfund für den Sieger aus drei Spielen eingelassen.
Es war nicht mehr los als sonst. Dieselben Gesichter wie immer an den Snookertischen und an der Bar. Derselbe alte Typ, der über seiner Tasse Tee und seinem Toast vor sich hin brabbelte und der Frau hinter dem Tresen das Ohr abkaute.
Easy gewann das erste Spiel und lag beim zweiten vorn. Wahrscheinlich hätte er so oder so gewonnen, selbst wenn Theo sich auf das Spiel konzentriert hätte.
»Heute treff ich nicht mal die Kloschüssel«, sagte Theo.
»Deklassiert, Star Boy, so einfach ist das.«
»Da hast du recht.«
Easy zuckte grinsend die Schultern. »Genau dann heißt es sich konzentrieren, verstehst du. Die anderen lassen sich vom Spiel ablenken, gehen den Bullen aus dem Weg, sind traurig und so weiter. Genau dann musst du auf Zack sein. Einer muss die Gang zusammenhalten.«
»Macht das nicht Wave?«
Wieder ging eine gestreifte Kugel ins Loch. »Wave macht, was er macht.«
Theo hatte nicht mehr viel von Wave gesehen, seit die Kacke am Dampfen war. Hatte überhaupt wenige aus der Gang in Dreier- und Vierergruppen rumhängen sehen wie früher. Das war wegen Mikey und SnapZ, klar, aber trotzdem. Einige hatte er schon zwei, drei Tage nicht mehr dort gesehen, wo sie sonst abhingen, vielleicht sogar länger.
»As If hält sich bedeckt, oder?«
»Wenn er weiß, was gut ist für ihn«, sagte Easy.
»Hängt er mit Wave ab?«
»Hängt eher über der Kloschüssel.«
»Ollie hab ich auch schon länger nicht gesehen«, sagte Theo.
Dann kam dieser Blick, wie ein Schlag in die Magengrube,
und eine schreckliche Gewissheit erfasste Theo, während er darauf wartete, dass Easy wegsehen und er sich am Tisch festhalten könnte.
Er dachte zurück an einen Samstagabend, zwei Tage, bevor Mikey umgebracht wurde, als die Gang sich im Dirty South getroffen hatte, um zu trinken und zu rauchen und Blödsinn zu quatschen.
Er war ins Hinterzimmer gegangen, um einer Band zuzuhören, und als er genug hatte, war er zurück zu den anderen gekommen. Easy war laut gewesen und hatte auf den Putz gehauen, war von einem Gangmitglied zum nächsten gegangen und hatte auf sie eingeredet wie ein Fußballtrainer in der Halbzeitpause auf eine Mannschaft, die am Verlieren war.
Ollie hatte es sich mit einer Flasche am Ecktisch gemütlich gemacht, und Theo erinnerte sich daran, dass Wave und Gospel ein paar Meter entfernt auf einem Sofa neben der Tür in ein Gespräch vertieft gewesen waren. Er hatte die Platzwunden und Blutergüsse in Gospels Gesicht gesehen, als sie Wave etwas ins Ohr flüsterte. Hatte Waves Finger auf ihrem Nacken gesehen, während sie sprach und er etwas von dem bekam, was Ollie sich wünschte.
Theo hatte den Ausdruck auf Waves Gesicht gesehen, als Gospel zu reden aufhörte, und den Ausdruck auf Ollies Gesicht, als Wave sich zu ihm umdrehte und ihn fixierte. Er sah es wie damals vor sich und hörte Dennis Browns Stimme über dem stampfenden Dröhnen der
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