Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
ohne dastanden.
Fraser grinste. »Okay, vergessen Sie, was ich über Tottenham gesagt habe …«
Sie teilten sich die Rechnung, Thorne verstaute die Quittung für seine Hälfte in seiner Geldbörse, und sie gingen langsam zurück zum Auto. Nachdem Fraser mit seinen Sprachkenntnissen angegeben hatte, war er jetzt darauf erpicht, den allwissenden Touristenführer zu spielen. Er zeigte Thorne den Turm der Ortschaft, der aus dem vierzehnten Jahrhundert stammte, und die Überreste ihrer uralten Uferbefestigungen. Thorne täuschte erfolgreich Interesse vor, interessierte sich in Wirklichkeit jedoch viel mehr für die vertraute, zur Küste hin abfallende Hügel-Silhouette, die er von den Fotos wiedererkannte, die Donna Langford zugeschickt worden waren.
Fraser deutete auf eine Bar mit dem Namen Hemingway. »Sie wissen schon, der Schriftsteller? Er hat all dieses spanische Zeug geliebt – Meeresfrüchte und Stierkämpfe und so weiter. Jemals einen Stierkampf gesehen, Tom?«
Thorne verneinte.
»Dann sollten Sie nach Ronda fahren«, verkündete Fraser. »Unbedingt.«
»Was, in Wales?«
Fraser zögerte abermals, da er sich auch diesmal nicht sicher war, ob Thorne ihn auf den Arm nahm. »Das ist eine alte Ortschaft oben in den Bergen. Alle schwärmen davon.«
»Dann waren Sie also noch nicht dort?«
»Ich hatte keine Zeit, aber es soll toll sein. Angeblich befindet sich dort die älteste Stierkampfarena von ganz Spanien. Orson Welles war verrückt danach. Es heißt, er hat seine Asche dort verstreuen lassen. Wissen Sie, der Fettsack, der Reklame für Sherry gemacht hat?«
»Ja, ich weiß.«
»Ehrlich, Sie sollten hinfahren.«
»Ich bin nicht hier, um auf Besichtigungstour zu gehen«, erwiderte Thorne.
Fraser zuckte mit den Schultern. »Sehen Sie, wie ich schon im Auto versucht habe, Ihnen zu erklären: So schnell wird sich nichts tun. So ist das hier immer. Ich will damit nur sagen, dass Sie sich nicht wundern sollen, wenn Sie ein bisschen Zeit zur Verfügung haben, okay?«
Thorne fixierte ihn. »Ich hoffe wirklich, dass es dazu nicht kommen wird.«
Falls Fraser die Botschaft verstanden hatte, ließ er sich nichts anmerken. »Sie warten doch sowieso darauf, dass zu Hause was passiert, oder? Selbst wenn er Ihr Mann ist, haben Sie bislang einen feuchten Dreck gegen ihn in der Hand, also … Wo wollen Sie …?«
Thorne war bereits vom Bürgersteig getreten und ging zurück zum Strand.
Fraser folgte ihm und deutete in Richtung der Straße, in der sie den Punto geparkt hatten. »Wir stehen da oben.«
»Ich suche nach der Stelle, wo die Fotos gemacht wurden.«
»Was bringt das denn?«
Thorne hatte darauf keine Antwort parat, ging aber trotzdem weiter. Hinter sich hörte er Fraser sagen: »Ich warte im Auto.«
Nach zehn Minuten war Thorne ohne Erfolg den ganzen Strand abgegangen. Die Silhouette der Hügel blieb vor ihm, doch es war unmöglich, die Stelle, nach der er suchte, genau zu lokalisieren. Von dem halben Dutzend Restaurants und Strandbars wäre jedes und jede als der Ort infrage gekommen, an dem Langford für die Fotos posiert hatte.
Thorne blieb stehen, atmete die Seeluft ein und blickte über die kleine Bucht zu den Hügeln. Obwohl Langford nicht aus freien Stücken ins Exil gegangen war, lag für Thorne auf der Hand, warum es ihm hier gefiel. Das war an dem Haifischlächeln zu erkennen, das er für die Kamera aufgesetzt hatte, und an dem erhobenen Glas, mit dem er seinem neuen Leben zuprostete.
Genieße es, so lange du noch kannst, dachte Thorne.
Schwitzend ging er zurück zur Straße und kickte am Randstein den Sand von seinen Schuhen. Er kaufte sich ein Eis in einem Café in der Nähe des Restaurants, in dem sie zu Mittag gegessen hatten, und schlenderte dann vorbei am Turm zum Parkplatz. Fraser wartete mit laufendem Motor und trommelte ungeduldig mit den Fingern aufs Lenkrad.
Thorne stieg ein. »Entschuldigung, dass ich Sie habe warten lassen, Peter.«
Fraser legte mit einem Ruck den Rückwärtsgang ein. »Pete«, sagte er.
Kate aß mit einer Freundin in der Stadt zu Mittag, und das passte Donna hervorragend. Zwischen ihnen lief es wieder wesentlich besser als in den vergangenen Wochen, sie gingen sich aber noch immer nach Möglichkeit aus dem Weg, aßen meistens jede für sich allein und sprachen manchmal ein oder zwei Tage überhaupt nicht miteinander.
Und sie hatten sich seit fast zwei Monaten nicht mehr berührt.
Donna trank in der Küche Tee und blätterte eine Zeitschrift durch, ohne
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