Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
dass es wenige Minuten vor der Landung ungefährlich war, eine Unterhaltung zu beginnen.
»Wie bitte?«
»Urlaub?«
»Nicht wirklich«, erwiderte Thorne.
Die Frau nickte und sagte: »Sieht so aus, als könnten Sie welchen gebrauchen.«
Thorne schloss abermals die Augen und öffnete sie erst wieder, als die Räder des Flugzeugs mit einem Kreischen auf der Landebahn aufsetzten.
Als er am Gepäckförderband wartete, spürte er erneut das Pochen in seinem Schlüsselbein und stellte sich einen Mann mit nacktem Oberkörper vor, der ein Bierglas hob. Der lächelnd in die Sonne blinzelte. Würde ihm das Lächeln jetzt immer noch so leichtfallen, fragte sich Thorne, nach allem, was er getan hatte, um seinen Platz an der Sonne zu behalten?
Vermutlich schon …
Von dem Augenblick an, als Thorne den Dienst wieder aufgenommen hatte, hatte er Brigstocke bearbeitet, war sogar demütig zu Jesmond gegangen und hatte darum gebettelt, grünes Licht für die Reise nach Spanien zu bekommen. Zunächst war er auf Widerstand gestoßen, da es immer noch kaum mehr echte Beweise gab als an dem Abend, als Anna getötet worden war. Inzwischen waren drei Menschen gestorben. Vier, wenn man die nicht identifizierte Leiche von vor zehn Jahren mitrechnete. Aber sie hatten noch immer nichts gegen den Mann in der Hand, von dem sie wussten, dass er für alle diese Morde verantwortlich war.
Letzten Endes hatte Thorne das Okay bekommen – in erster Linie aus Mitgefühl, vermutete er. Doch das spielte keine Rolle. Er war bereit, jedes Angebot anzunehmen, wenn er dadurch die Gelegenheit bekam, an Alan Langford heranzukommen. Er würde sein Bestes geben. Er würde Langford ausfindig machen, abwarten und darauf hoffen, dass ihn seine Kollegen zu Hause in London mit allem versorgten, was nötig war, um diesen Scheißkerl in Handschellen zurückzubringen.
»Ich hasse es, wie der Captain in Starsky und Hutch zu klingen«, hatte Brigstocke gesagt. »Aber ich kann Ihnen nur zwei Wochen bewilligen.«
Holland hatte Thorne zum Luton Airport gefahren. »Wir werden uns den Arsch aufreißen«, hatte er gesagt. »Darauf können Sie sich verlassen.«
Als sie vor dem Terminal hielten, hatte Thorne gesagt: »Finden Sie heraus, wer in dem Jaguar war, Dave. Er ist der Schlüssel zu der ganzen Sache.«
Thornes Koffer tauchte früh auf. Er betrachtete das als ein gutes Omen.
Er schnappte sich den Koffer, zog ihn schnell durch die automatischen Türen, holte seine Sonnenbrille aus seiner Reisetasche und trat hinaus in die spanische Aprilsonne.
Voller Hass.
Neunundzwanzigstes Kapitel
Weniger »spitzenmäßig«, fand Thorne, sondern eher »lau«.
Binnen weniger Minuten, nachdem Thorne Detective Inspector Peter – »nennen Sie mich Pete« – Fraser kennengelernt hatte, war er überzeugt davon, dass der Agent, der ihm von Silcox und Mullenger als Führer und Kontaktperson zugeteilt worden war, vermutlich nicht gerade zu den besten Leuten der SOCA gehörte.
»Willkommen im Irrenhaus«, sagte Fraser, als sie zum Flughafenparkplatz gingen. Er grinste und senkte den Kopf, um Thorne über seine Panoramasonnenbrille hinweg einen Blick zuzuwerfen. »Nach dem, was mir zu Ohren gekommen ist, sollten Sie eigentlich ziemlich gut reinpassen.«
Er war nicht viel größer als Thorne, schien aber wesentlich besser in Form zu sein. Sein Haar hatte die Art von blonden Strähnen, die Louise »Vogelscheiße-Strähnchen« nannte, während seine dreiviertellangen Shorts, seine Perlen-Halskette und sein lachsfarbenes Hemd ihn eher wie einen unbedeutenden Drogendealer aussehen ließen als wie einen wichtigen Geheimagenten. Vielleicht war das jedoch beabsichtigt, dachte Thorne. Er stellte sich seine eigene, konservativere Shorts-Kollektion vor, die er sich ein paar Tage zuvor von seinem Warmwetterzuschuss in Form von Marks-&-Spencer-Gutscheinen gekauft hatte. Er nahm an, dass jeder, der ein Auge für solche Dinge besaß, ihn sofort als das identifizieren würde, was er war. Er kam jedoch zu dem Schluss, dass ihm das ziemlich egal war.
»Guten Flug gehabt?«, fragte Fraser.
»Ich bin mit easyJet geflogen«, entgegnete Thorne.
Sie saßen ein paar Minuten in Frasers Punto und warteten, bis die Klimaanlage zu kühlen begann, ehe sie losfuhren. Als Thorne dem ungezwungenen Geplauder des Agenten lauschte, fragte er sich, ob er ihm nicht trotz seines ersten Eindrucks eine zweite Chance geben sollte. War ihm Andy Boyle zunächst nicht auch unsympathisch gewesen? Hatte er Anna Carpenter
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