Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
den damit verbundenen Herzschmerz. Über Blutspritzermuster, Leichenstarre und Stichwunden.
Anna Carpenter schien jedoch in ihrem Element zu sein. Sie hatte ihr Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und trug dieselbe Cordjacke, die sie schon bei ihrem ersten Treffen mit Thorne angehabt hatte. Und sie fand sichtlich Gefallen an den Oliven. »Dieser Laden ist nicht so affektiert, wie es scheint«, sagte sie. »Und das Essen ist auch nicht übel. Sind Sie sicher, dass Sie nichts möchten?«
»Ich kann nicht so lange bleiben«, entgegnete Thorne.
»Manchmal hängen schon ein paar Idioten hier herum, aber die gibt’s überall, und wenn Sie mich fragen, sind die Leute, mit denen man unterwegs ist, genauso wichtig wie der Laden, in den man geht. Das Praktische an dieser Bar hier ist, dass sie auf halbem Weg zwischen dem Büro und meiner Wohnung liegt. Ich hatte hier schon ein paar echt gute Abende mit Rob und Angie. Das sind meine wahrscheinlich besten Freunde. Wir hatten richtig Spaß, wissen Sie?«
Thorne nickte. Ihm fiel auf, dass sie genauso viel redete, wenn sie locker war, wie wenn sie nervös war.
»Um ehrlich zu sein, hatte ich auch ein paar Scheißabende, aber da war ich mit meiner Mitbewohnerin und ihrem neuesten Freund hier.«
Thorne griff zu seinem Glas. »Was ist mit Ihnen?«
»Was soll mit mir sein?«
»Kein ›neuester Freund‹?«
»Nichts Erwähnenswertes.« Sie schob die auf dem Tisch verstreuten Olivenkerne mit der Handkante in die leere Schale und blickte dann zu Thorne auf.
Punkt.
Thorne trank einen Schluck Guinness. »Also, wie ich am Telefon schon gesagt habe, ich denke, Sie sollten sich von jetzt an aus dieser Sache raushalten.«
»Das haben Sie nicht gesagt.«
»Das habe ich versucht zu sagen.«
»Aber das ist mein Fall«, protestierte sie.
»Nicht mehr.«
»Donna ist zu mir gekommen, und ich habe ihr versprochen, dass ich ihr helfe. Ich habe den Fall angenommen, also kann ich jetzt nicht einfach einen Rückzieher machen, nur weil die Sache ein bisschen heikel geworden ist.«
» Ein bisschen? «
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe den Fall angenommen.«
»Anfangs ging’s nur um ein Foto«, sagte Thorne. »Jetzt geht’s um einen Mord. Um einen neuen Mord.« Er hatte ihr bereits die Eckdaten zu dem Mord an Monahan genannt: der Hauptverdächtige ein paar Zellen weiter, die fehlende Mordwaffe und der Gefängnisaufseher, der vermutlich ein Komplize war.
»Ich verstehe immer noch nicht, warum Monahan umgebracht wurde«, sagte sie. »Wir hatten doch schon mit ihm gesprochen, und er hat uns überhaupt nichts gesagt.«
»Das wusste Langford aber nicht.« Thorne lehnte sich zurück und dachte laut nach. »Und selbst wenn er es wusste, konnte er nicht wissen, was Monahan später noch sagen würde, nachdem er etwas Zeit gehabt hatte, seine Optionen abzuwägen. Monahan war der Einzige, der Langford für den Mord vor zehn Jahren hätte verpfeifen können, oder zumindest für die Verabredung zum Mord. Also konnte Langford kein Risiko eingehen, nachdem er herausgefunden hatte, dass er wieder auf unserem Radarschirm ist.«
»Er hat also einen potentiellen Zeugen beseitigt?«
»Genau.«
Anna nickte, als sie diese Neuigkeit verarbeitete. Sie beugte sich zu ihrem Weinglas vor, dann hielt sie inne. »Aber wie hat Langford es erfahren?«, fragte sie. »Dass wir uns mit Monahan unterhalten haben, meine ich.«
»Das ist eine gute Frage.« Was hatte er zu Holland gesagt? Verdammt gute Buschtrommeln …
»Vielleicht hat Grover es ihm gesagt?«
»Möglich.«
»Das würde doch einen Sinn ergeben, finden Sie nicht? Nehmen wir mal an, Grover war sein Spion im Gefängnis und hat Monahan für ihn im Auge behalten. Grover steckt Langford, dass wir da waren, um mit Monahan zu sprechen …«
»Das wäre möglich, aber …«
»… dann sagt Langford Grover, dass er Monahan töten soll.«
»Das ging aber alles zu schnell.«
»Wie Sie sagten: Er konnte kein Risiko eingehen.«
Thorne war nicht überzeugt. »Typen wie Alan Langford versuchen, sich so gut es geht rauszuhalten«, sagte er. »Wahrscheinlich gab es einen Mittelsmann. Oder sogar mehr als einen.«
»Und was ist mit dem korrupten Gefängnisaufseher? Cook?«
»Ich nehme an, das werden wir bald herausfinden«, sagte Thorne. Er hatte es nicht eilig, sich wieder auf den Weg in den Norden zu machen, hatte gerne delegiert und Howard Cook und Jeremy Grover seinem nicht gerade zimperlichen Kollegen aus West Yorkshire überlassen. So
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