Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod
Laborbericht und dem offiziellen Autopsiebericht für Warwick. Stimmt’s?«
Die beiden Detectives nickten. Sheriff Dixon saß mit undurchdringlicher Miene am Kopfende des Tischs und hörte schweigend zu.
»D: Vorläufige Polizeiberichte. Und E: Fotos von den Opfern, vom Tatort und/oder Leichenfundort.«
»Fotos haben wir«, sagte Hicks.
»Dann lassen Sie uns die doch aufhängen, und darunter hätte ich gern einen langen Tisch, auf dem wir Kopien von sämtlichen Unterlagen ausbreiten können.«
Während Hicks zu der großen Korkpinnwand ging und Platz für die Fotos zu schaffen begann, rückte Vince an der Tafel ein Stück weiter und schrieb 2. Entscheidungsprozessmodelle. Mordart & Vorgehen, Primäre Motivation, Opferrisiko, Täterrisiko, Eskalation, Tatzeit, örtliche Gegebenheiten.
»Was das Risiko für den Täter angeht, können wir bereits eine Eskalation sehen«, sagte er. »Das erste Opfer beziehungsweise die ersten beiden Opfer wurden an entlegenen Stellen gefunden. Am Fundort von Lisa Warwick wurde alles in Szene gesetzt, und er befand sich mitten in der Stadt, wo der Täter ein wesentlich größeres Risiko einging, gesehen zu werden. Welchem Zweck diente das?«
»Je größer das Risiko, desto größer der Kick«, sagte Mendez.
»Öffentliche Aufmerksamkeit«, sagte Hicks.
»Es schürt die Angst in der Gemeinde«, sagte Dixon. »Hier geht es um Macht. Er kann machen, was er will. Wir können ihn nicht aufhalten.«
»Sie haben alle recht«, sagte Vince. »Ist Ihnen eine Eskalation bei der Brutalität der Morde aufgefallen?«
»Julie Paulson und Lisa Warwick starben durch Strangulation«, sagte Mendez. »Sie wurden beide gefoltert. Beiden wurden Schnittwunden zugefügt. Augen und Mund waren zugeklebt. Die zweite Leiche war schon zu stark verwest, um ein genaueres Bild zu gewinnen.«
»Gab es vor dem Mord an Julie Paulson hier in der Gegend Sexualdelikte, die ein bestimmtes Muster erkennen ließen?«
»Wir haben nichts in den Unterlagen«, sagte Dixon. »Im letzten Jahr wurden uns sechs Vergewaltigungen gemeldet. Alle diese Fälle wurden aufgeklärt.«
»Glückwunsch«, sagte Vince. »Dann wollen wir mal sehen, was wir tun können, um die Aufklärungsrate bei Mordfällen diesem hohen Standard anzupassen. Zurück zu den Sexualdelikten, wie sieht es im vorletzten Jahr damit aus und im Jahr davor?«
»Vor zwei Jahren war es in etwa das Gleiche. Vorher war ich noch nicht hier.«
»Was mich interessiert, ist die Frage, ob der Täter hier aufgewachsen oder von irgendwoher zugezogen ist. Die meisten Serienmörder fangen mit etwas Kleinerem als Mord an. Fetischismus, Voyeurismus, sexuelle Übergriffe, Vergewaltigung. Im Laufe der Zeit arbeiten sie sich nach oben. Andererseits gibt es natürlich auch solche«, räumte er ein, »bei denen sich all das jahrelang lediglich in ihrer Phantasie abspielt, bis sie diese Gewaltphantasien schließlich ausleben müssen, weil der Druck zu groß geworden ist.«
»Wir sehen uns die bekannten Täter mal näher an«, sagte Dixon.
Die Tür des Besprechungszimmers ging auf, und ein uniformierter Deputy trat ein.
»Du bist spät dran«, sagte Dixon. Er wandte sich wieder zu Vince. »Vince, das ist Frank Farman, mein Chief Deputy. Frank, Vince Leone.«
Vince hatte den Sheriff darum gebeten, möglichst wenig Aufhebens um seine Anwesenheit zu machen. Je seltener die drei magischen Buchstaben FBI ausgesprochen wurden, desto besser.
»Vince ist Experte für Serienmorde«, erklärte Dixon.
Der Deputy musterte ihn und sagte trocken: »Sie sind vom FBI.«
Vince entblößte grinsend seine Zähne. »Setzen Sie sich, Deputy.«
»Ich stehe lieber, danke.«
Ein Quertreiber war immer dabei.
»Ich habe meine Fühler mal ausgestreckt«, sagte Vince, »um herauszufinden, ob es in anderen Landesteilen Morde mit einer ähnlichen Vorgehensweise und Signatur gab. Aber ausgehend von dem, was wir bislang wissen, kann ich Ihnen jetzt schon sagen, dass wir es nicht mit einem Amateur zu tun haben. Er lebt Phantasien aus, die er schon sehr, sehr lange hat, und er lebt sie lange genug aus, sodass er eine gewissen Routine entwickelt hat.«
»Sie reden von diesem Scheißkerl, als wäre er eine Art Genie«, sagte Farman. »Mir kommt es eher so vor, als wäre er nichts weiter als ein perverses Schwein.«
»Warum haben Sie ihn dann noch nicht erwischt?«, fragte Vince provozierend. »Ich gehe mal davon aus, dass Sie ein hervorragender Deputy sind, sonst wären Sie jetzt nicht hier. Wenn der
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