Top Secret 1 - Der Agent (German Edition)

gelassen. Er wurde herausgezogen und der Schwimmlehrer musste Wasser aus seiner Lunge pumpen. Seitdem weigerte sich James, sich auch nur umzuziehen, und verbrachte die Schwimmstunden damit, in der Umkleidekabine Zeitschriften zu lesen.
    Nun stand er voll angezogen am Beckenrand.
    »Du tauchst runter, holst den Ziegel vom Boden und schwimmst ans andere Ende«, sagte Mac.
    James überlegte, ob er es versuchen sollte. Er blickte auf den glänzenden Ziegel und stellte sich vor, wie das Chlorwasser seinen Mund füllte. Schwach vor Angst trat er vom Beckenrand zurück.
    »Das hier kann ich nicht«, meinte er. »Ich kann nicht mal eine Bahn schwimmen.«

    James war wieder da, wo sie angefangen hatten, vor dem Kaminfeuer in Dr. McAffertys Büro.
    »Was meinst du, sollten wir dir nach diesen Tests einen Platz anbieten?«, fragte Mac.
    »Wahrscheinlich nicht«, meinte James.
    »Im ersten Test hast du dich ganz gut gehalten.«
    »Ich habe nicht einen einzigen Treffer landen können«, widersprach James.
    »Bruce ist ein ausgezeichneter Kampfsportler. Sicher hättest du den Test bestanden, wenn du gewonnen hättest, aber das war unwahrscheinlich. Du hast dich vom Kampf zurückgezogen, als du eingesehen hast, dass du nicht gewinnen konntest, und Bruce dir mit Verletzungen drohte. Das war wichtig. Heldentum bedeutet nicht, nur aus Stolz ernsthaft verwundet zu werden. Das Beste war, dass du nicht darum gebeten hast, dich vor dem nächsten Test ausruhen zu dürfen, und du hast dich nicht ein Mal wegen deiner Verletzungen beklagt. Das beweist Charakterstärke und den ernsthaften Wunsch, Mitglied von CHERUB zu werden.«
    »Bruce hat nur mit mir gespielt, es hatte gar keinen Sinn, weiterzumachen«, sagte James.
    »Das stimmt, James. In einem richtigen Kampf hätte Bruce einen Würgegriff angewendet, der dich bewusstlos gemacht oder dich sogar getötet hätte, wenn er gewollt hätte.
    Im Intelligenztest hast du ebenfalls ordentlich Punkte gesammelt. Außergewöhnlich gut in den mathematischen Fragen, durchschnittlich in den verbalen Tests. Wie, glaubst du, hast du den dritten Test bestanden?«
    »Ich habe dieses Huhn getötet«, sagte James.
    »Bedeutet das für dich, dass du den Test bestanden hast?«
    »Ich dachte, dass Sie das von mir verlangen?«
    »Das Huhn sollte deine moralische Standfestigkeit testen. Du bist gut in diesem Test, wenn du dir einfach das Huhn greifst und es direkt tötest, oder wenn du sagst, du bist gegen das Töten und den Verzehr von Tieren und dich weigerst, es zu töten. Meiner Meinung nach hast du ziemlich schlecht abgeschnitten. Es war klar, dass du das Huhn nicht töten wolltest, aber du hast dich von mir dazu zwingen lassen. Ich lasse dich gerade noch bestehen, weil du schließlich eine Entscheidung getroffen und diese auch durchgezogen hast. Hättest du gezögert oder dich aufgeregt, wärst du durchgefallen.«
    James freute sich, dass er die ersten drei Tests bestanden hatte.
    »Der vierte Test war ausgezeichnet. Du hattest an einigen Stellen Angst, aber du hast deinen Mut zusammengenommen und den Hindernislauf bewältigt. Und nun der letzte Test.«
    »Dabei muss ich durchgefallen sein«, behauptete James.
    »Wir wussten, dass du nicht schwimmen kannst. Hättest du es trotzdem irgendwie geschafft und den Ziegel geholt, hättest du Spitzennoten bekommen. Wärst du ins Wasser gesprungen und hättest gerettet werden müssen, hätte das unzureichendes Urteilsvermögen bewiesen und du wärst durchgefallen. Aber du wusstest, dass diese Aufgabe deine Fähigkeiten übersteigt, und hast es gar nicht erst versucht. Das hatten wir von dir erwartet. Insgesamt hast du dich gut gehalten, James. Ich freue mich, dir einen Platz bei CHERUB anbieten zu können. Du wirst jetzt nach Nebraska House zurückgefahren und ich erwarte deine Entscheidung in den nächsten zwei Tagen.«

11.
    Den ersten Teil der Fahrt zurück nach Nebraska House verbrachte James im Laderaum eines Transporters. Obwohl er ziemlich erschöpft war und der Fahrer nicht mit ihm sprechen durfte, konnte er nicht schlafen. Nach einigen Stunden hielten sie an einer Autobahnraststätte, tranken ekligen Tee und gingen zur Toilette. Den Rest der Fahrt durfte James in der Fahrerkabine verbringen. An dem ersten Straßenschild, das er sah, erkannte er, dass sie wohl in der Nähe von Birmingham waren. Ein ausreichender Hinweis auf die Lage von CHERUB war das allerdings nicht. James schätzte, dass sie bereits über hundert Kilometer weit gefahren waren.
    Als sie