Top Secret - Der Auftrag
bisschen.«
»Kyle hat gesagt, ich dürfte mit dir sprechen, weil ich ja schließlich deine Schwester bin.«
»Was? Musst du etwa diesen Idioten um Erlaubnis bitten, wenn du mit mir sprechen willst?«, fragte James verärgert.
Lauren drohte ihm mit dem Finger. »Lass es nicht an Kyle aus. Er und Gabrielle haben dir den Hintern gerettet.«
»Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst«, erwiderte
James. »Du hättest sie beim Essen erleben sollen. Sie waren die Anführer.«
»Oh nein«, widersprach Lauren kopfschüttelnd. »Um Andy kümmern sich zwei bullige Sechzehnjährige. Als sie hörten, was passiert ist, wollten sie dich verprügeln. Kyle war derjenige, der es ihnen ausgeredet hat. Er war der Meinung, dass es effektiver wäre, wenn du geschnitten wirst.«
»Wenn sie mich verprügelt hätten, dann hätte ich es jetzt wenigstens hinter mir... Das ist alles so unverhältnismäßig, Lauren. Ich habe einmal zugeschlagen. Es war nicht einmal ein Hieb, nur eine Ohrfeige.«
»Du verstehst es wirklich nicht, was?«, sagte Lauren und rieb sich verzweifelt die Schläfen mit den Handflächen.
»Was verstehe ich nicht?«
»Das passiert immer wieder , James. Du verlierst die Beherrschung und schlägst um dich.«
»Wann denn zum Beispiel?«
»In der fünften Klasse zum Beispiel, als du ein Kind verprügelt und ihm die ganzen Malsachen kaputt gemacht hast. In der sechsten Klasse zum Beispiel, als du einem Kind das Bein verdreht und ihm fast den Knöchel gebrochen hast. An dem Tag, als Mum starb, hast du Samantha Jennings geschlagen. Im Nebraska House hast du Ärger bekommen. In der Grundausbildung hast du die Beherrschung verloren und bist Kerry auf die Hand getrampelt. Und wenn ich darüber nachdenke, hast du auch mich einige Male verprügelt.«
»Als wir klein waren, haben wir uns immer gestritten, Lauren. Das tun doch alle Kinder.«
Lauren schüttelte den Kopf. »Du hast mir mal ein blaues Auge verpasst. Wir haben Mum erzählt, dass es ein Unfall war, aber das war gelogen, nicht wahr? Du bist ausgerastet, weil ich ein kleines Stück von deinem Osterei gegessen habe.«
»Komm schon, Lauren, ich war damals zehn. Das hört sich ja an, als sei ich ein geifernder Psychopath.«
»Du bist vielleicht kein Psychopath, aber du hast mit Sicherheit eine unangenehme Seite. Ich hoffe, du verlierst wirklich alle Freunde deswegen, James. Ich hoffe, du kommst nie wieder mit Kerry ins Reine. Vielleicht siehst du dann ein, dass du nicht rumlaufen und Wutanfälle kriegen kannst, bei denen du Leute zusammenschlägst.«
Bei Laurens heftigem Angriff wurde James richtig schwindelig.
»Vielen Dank«, schniefte er. »Das habe ich gerade noch gebraucht.«
»Ach Quatsch.« Lauren zuckte mit den Schultern. »Ich hatte gedacht, dass du aus diesem Unsinn langsam herausgewachsen wärst.«
»Kerry hat mich abserviert«, schluchzte er. »Völlig grundlos.«
Lauren wusste, dass ihr Bruder auf Sympathie aus war, und ignorierte es. »Und was passiert, wenn du diese Ausrasterei nicht überwindest, James? Wirst du eines Tages auch deine Frau und deine Kinder verprügeln?«
James schnappte erschrocken nach Luft. »Jetzt sei aber nicht albern, Lauren! So etwas würde ich nie tun!«
» Ihr wisst doch, dass ich aufbrausend bin, manchmal kann ich nicht anders «, äffte Lauren seine Stimme nach. »Und wenn du nicht anders kannst, woher willst du das dann wissen?«
»Lauren, ich würde nie meine Frau und meine Kinder angreifen, das schwöre ich bei Gott!«
»Nun, ich habe auch einen Schwur für dich, James«, meinte Lauren und wedelte ihrem Bruder mit dem Finger unter der Nase herum. »Ich habe es satt, dass du dich wie ein Irrer aufführst. Also schwöre ich beim Grab unserer Mutter: Wenn so etwas noch ein einziges Mal vorkommt, werde ich nie wieder ein Wort mit dir sprechen!«
Damit stand Lauren auf und ging zur Tür.
»Lauren!«, rief ihr James verzweifelt nach.
Sie hielt inne. »Was ist?«
James zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht … Bleib eine Weile bei mir, sieh mit mir fern. Ich will nicht alleine sein.«
Lauren schüttelte den Kopf. »Auf meinem Flur gibt es eine Geburtstagsparty. Ich gehe nach oben und versuche, mich zu amüsieren. Wenn du hier allein sitzt und dich mies fühlst, dann ist das ganz allein deine eigene Schuld.«
Lauren drehte sich um und knallte hinter sich die Türe zu.
James sank in die Bettdecke. Lauren hatte nicht nur
einen empfindlichen Nerv getroffen, es war, als wäre sie mit einem Käsehobel über
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