Top Secret - Der Ausbruch
Der erste war brasilianisch, zeigte Curtis’ Foto und lautete auf den Namen Eduardo Santos. Im Pass lag ein Computerausdruck mit den Details für einen Flug von Boise nach Dallas und einen Anschlussflug nach Rio de Janeiro.
»Eduardo Santos.« Curtis’ Versuch, einen spanischen Akzent zu imitieren, war kläglich. »Hört sich doch gut an, oder, hombres?«
Er stürzte eine kleine Flasche Gin hinunter. Lauren öffnete zwei kanadische Pässe.
»Langsam mit dem Alk, ja?«, warnte James, die ungeöffnete Flasche Jack Daniels noch immer in der Hand. »Wohin gehen wir?«
Aus Lauren und James sollten scheinbar Ellen und Scott Parks aus Toronto werden. James war kein Experte auf dem Gebiet der Dokumentenfälschung, aber die Pässe erschienen ihm sehr gut gemacht.
Solche Qualität kostete wahrscheinlich ein paar tausend Dollar.
»O.K.«, meinte James. »Leg die Mappe wieder dahin, wo sie war, bevor Bill zurückkommt.«
Curtis ließ sich aufs Bett fallen und riss eine Packung Cashew-Nüsse auf. James folgte Lauren ins andere Zimmer. Da sie sicher waren, dass Eugene noch schlief, unterhielten sie sich vor dem lärmenden Fernseher.
»Beschäftige Curtis«, forderte James Lauren auf. »Fang eine Kissenschlacht an oder so. Ich renne runter und versuche zu telefonieren.«
»Was ist, wenn Curtis fragt, wo du bist? Oder wenn Bill zurückkommt?«
»Wir sind Kinder«, meinte James achselzuckend. »Es ist normal, dass wir uns rumtreiben. Sag einfach, ich wäre Eis holen oder so etwas.«
James öffnete die Tür, während Lauren zu Curtis zurückging. Er spähte den Gang entlang, sah aber nichts außer ein paar leeren Tabletts vom Zimmerservice. Ihr Zimmer lag am Ende eines langen Flurs nahe bei der Feuertreppe. Er ging die Betontreppe ein Stockwerk nach unten, wo er Bill wahrscheinlich nicht in die Arme laufen würde.
Eigentlich hatte er vorgehabt, eines der Telefone in der Lobby zu benutzen, doch neben einer Wäschekammer entdeckte er ein altmodisches Telefon mit einer Wählscheibe. Es war zwar nur für interne Gespräche des Hotelpersonals gedacht, aber
James wusste, dass die meisten Telefonanlagen so programmiert sind, dass Notrufe jederzeit durchgestellt werden. Er nahm den Hörer ab und wählte die 911.
»Notruf, was kann ich für Sie tun?«
James lächelte erleichtert. »Ich brauche das FBI. Die Stationsnummer ist drei-zwei-vier-sechs und der Code lautet T.«
Eine Sekunde später war der Anruf zum FBI durchgestellt, von wo aus er über ein Büro in Phoenix auf Marvin Tellers Mobiltelefon weitergeleitet wurde.
»Die gewünschte Rufnummer ist im Moment nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal oder hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Signalton.«
James fluchte leise. »Marvin, ich bin es. Ich bin im Star Plaza, Zimmer fünf-drei-vier. Curtis nimmt morgen um neun Uhr dreißig einen Flug nach Dallas mit American Airlines. Weiterflug nach Rio mit einem Pass auf den Namen Eduardo Santos …«
31
James gelangte zurück ins Zimmer, ohne dass Bill, Eugene oder Curtis auch nur bemerkten, dass er weg gewesen war. Er war sich ziemlich sicher, dass Marvin die Nachricht auf dem Anrufbeantworter abhören
würde, aber als er im dunklen Zimmer neben Lauren und Curtis lag, die beide schliefen, und durch die geschlossene Tür Eugenes Schnarchen lauschte, konnte er nicht abschalten.
Deshalb war er um halb sechs auch wach, als Bill sich zu Curtis ans Bett schlich und ihn wach rüttelte. Der Teenager schien an den Nachwirkungen seines Überfalls auf die Minibar zu leiden, als er sich aufsetzte.
»Ich dachte, wir fliegen erst später«, stöhnte er und rieb sich die verquollenen Augen.
»Sei still«, flüsterte Bill. »Ich habe gerade wie geplant bei deiner Mutter angerufen. Sie macht sich Sorgen. Die Pläne wurden noch einmal geändert und davon müssen die beiden Blagen hier nichts wissen.«
»Mums ganzes Leben war eine einzige Planänderung«, beschwerte sich Curtis. »Kann ich mich nicht wenigstens von Lauren und James verabschieden?«
»Lass sie schlafen. Du weißt selbst besser als jeder andere, wie das Spiel läuft: Je weniger sie wissen, wenn du weg bist und wo du hingehst, desto besser.«
James bekam einen steifen Hals, aber er wagte nicht, sich zu rühren, damit der alte Mann nicht mitbekam, dass er wach war.
Curtis schwang sich aus dem Bett und lief ins Bad, wo er sich einschloss. James hörte, wie er pinkelte
und sich dann offenbar in die Toilettenschüssel übergab. Fast musste James lachen,
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