Top Secret - Der Ausbruch
Sie schloss die Augen und versuchte, nicht wieder loszuheulen.
Enge Bindungen zu knüpfen und dann wieder zu lösen, war ein Teil der Arbeit bei CHERUB-Missionen, mit denen neue Agenten häufig nur schlecht zurechtkamen. Lauren wusste, dass James sie aufziehen würde, weil sie wegen ein paar Pferden heulte, aber sie wurde traurig, wenn sie nur an sie dachte. Sie erinnerte sich an den ersten Morgen, an dem Lisa sie in den Sattel gesetzt und an einer Longe um den kleinen Platz geführt hatte. Sie hatte furchtbare Angst gehabt, vom Pferd zu fallen, aber mit der Zeit dachte sie gerne an ihr erstes Mal hoch zu Ross zurück.
Curtis war komplett zusammengebrochen. Er saß
zusammengesunken in seinem Sitz, hatte den Gurt nicht angelegt und die nassen Tränenspuren in seinem Gesicht glänzten im Scheinwerferlicht der entgegenkommenden Fahrzeuge. Vor dem Einsatz kannte James Curtis nur aus den Mordberichten und von Warrens Beobachtungen im Arizona Max. Jetzt wo er ihn besser kennengelernt hatte, fragte er sich, ob ein so sensibler Junge zum Mörder geworden wäre, wenn er in einem normalen Zuhause aufgewachsen wäre, anstatt mit diesem Gefahrenjunkie von einer Mutter durch die Welt zu hetzen.
James saß vorne neben Vaughn. Die Fahrt war eintönig, aber er war viel zu aufgeregt, um irgendetwas anderes zu tun, als einfach geradeaus auf die Straße zu starren, während sich der Griff der Glock in seinen Bauch bohrte. Kurz nachdem sie ein Schild passiert hatten, auf dem Boise 15 Meilen stand, gab Vaughn ihm ein Telefon.
»Ruf mal die Auskunft an und lass dir die Nummer vom Comfort Lodge geben.«
James klemmte sich das Telefon zwischen Schulter und Ohr und kritzelte die Nummer auf eine Ecke der Straßenkarte. Dann wählte er und wartete, bis es klingelte, bevor er Vaughn das Telefon reichte.
»Ist dort das Comfort Lodge?«, fragte Vaughn. »Mein Name ist Hermann. Ich habe für heute Abend bei Ihnen reserviert, aber ich muss zuerst noch einen Freund abholen. Ich glaube, er hat mir eine Nachricht hinterlassen, um mir mitzuteilen, wo wir
zum Essen verabredet sind. Wären Sie bitte so freundlich, sie mir vorzulesen?«
Schweigend hielt Vaughn das Telefon, während die Frau am anderen Ende ein Blatt Papier aus einem Fach holte und vorlas.
»Also Star Plaza.« Vaughn nickte. »Wissen Sie vielleicht, wo das ist? … Nein, kein Problem, mein Kumpel hier wird es auf der Karte schon finden.«
Vaughn beendete das Gespräch und warf das Telefon auf das Armaturenbrett.
»Wen treffen wir denn?«, wollte James wissen, während er den Stadtplan von Boise aufklappte.
»Niemanden. Ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, falls Janes Telefonanruf bei uns abgehört wurde. Sie schickt uns zu einem Hotel und hinterlässt dort unter falschem Namen eine Nachricht, die uns ein Hotel am anderen Ende der Stadt nennt. Das ist dann die Unterkunft, in der man wirklich bleibt.«
James hatte gehofft, dass das FBI ihre Zimmer im Comfort Lodge bereits ausfindig gemacht hatte. Nun mussten sie sich auf die Signalgeber verlassen, die er und Lauren am Leib trugen, und diese Dinger waren ziemlich unzuverlässig.
»Glauben Sie wirklich, dass uns das FBI bis hierher verfolgt haben könnte?«, fragte James.
Vaughn zuckte mit den Schultern. »Ich bezweifle es, aber Curtis’ Mutter muss sehr vorsichtig sein. Wenn man auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher
steht, schrecken die FBI-Leute vor nichts zurück. Siehst du das Telefon?«
James nickte.
»Wurde mir vor zwei Tagen per Fed-Ex zugeschickt, mit der Anweisung, es nicht mal anzuschalten, bis wir unterwegs sind. Vielleicht ist Jane übervorsichtig, aber die Gefängnisse sind voll von Leuten, die nicht vorsichtig genug gewesen sind.«
Das Star Plaza war ein schäbiges Geschäftshotel in der Nähe des Flughafens, mit den üblichen Marmorattrappen und falschen antiken Möbeln in der Lobby. Vaughn wirkte nervös, als er mit den drei Kindern im Schlepptau an der Rezeption vorbeiging. Er steuerte auf zwei ältere Männer zu, die in Sesseln an einem Tisch saßen. Sie trugen billige Anzüge, und ihre langen weißen Bärte ließen darauf schließen, dass sie in ihrer Jugend einmal Biker gewesen waren.
»Bill, Eugene«, begrüßte Vaughn die zwei vorsichtig. »Euch beide hätte ich hier am Ende der Welt nicht erwartet.«
»Und zwar mit Recht«, brummte Bill und runzelte die Brauen, als ob ihm Vaughns bloße Existenz ein Dorn im Auge wäre.
Vaughn wies auf die Kinder. »Das hier sind James, Curtis und Lauren.«
»Ach
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