Top Secret. Der Clan: Die neue Generation 1 (German Edition)
Bosses?«
»Stiftebecher, Laptop, Tesafilmroller.«
»Keine weiteren Fotos? Etwas, das du lesen kannst?«
»2011, das steht auf seinem Kalender. Er hat einen Planer oder so was mit einer Weltkarte vorne drauf.«
»Okay«, sagte Amy. »Und was sagen der Boss und die Frau?«
»Er ist gestresst. Er zetert über den Supermarkt. Und dass er nicht genug Personal hat. Mich sieht er gar nicht an.«
»Hat er den Supermarkt beim Namen genannt?«
»Nie«, sagte Ning lauter, machte die Augen auf und drehte sich zu Amy um. »Das war immer ein großes Geheimnis.«
Ein erfahrener Hypnotiseur hätte Ning vielleicht länger in ihrer Trance halten können. Amy hatte eine der Regeln verletzt, die ihr Dr. D. beigebracht hatte: eine Person sanft mit Hinweisen und Suggestionen durch die Trance zu leiten. Direkte Fragen zu stellen wie: Hat der Boss den Supermarkt beim Namen genannt?, rissen den Betreffenden aus seiner Trance und brachten ihn wieder zu Bewusstsein. »Sie haben immer nur von dem Supermarkt gesprochen«, erzählte Ning, setzte sich auf und unterdrückte ein Gähnen. »Aber der Name, der war ein richtiges Staatsgeheimnis. Wenn wir die Sandwiches verpackt hatten, klebte jemand in einem anderen Raum die Etiketten auf.«
»Ich bin ein Anfänger, was Hypnose angeht«, meinte Amy, »aber ich glaube, wir haben da etwas erreicht. Von dem Globus oder dem Foto habe ich in deiner Aussage nichts gelesen.«
»Das war wirklich stark«, fand Ning ehrfurchtsvoll. »Ich hatte wirklich das Gefühl, als sei ich da gewesen. Willst du es noch einmal versuchen?«
»Später vielleicht«, sagte Amy. »Gut, zu wissen, dass du für Hypnose empfänglich bist, aber jetzt solltest du wirklich lieber schlafen. Es ist schon nach zehn Uhr und morgen ist ein großer Tag für dich.«
»Im Fernsehen habe ich mal einen Hypnotiseur gesehen«, bekannte Ning. »Er hat einer Frau erzählt, Zwiebeln würden wie Orangen schmecken, und sie hat tatsächlich dagesessen und große Stücke davon abgebissen.«
Amy musste lachen. »Egal was passiert, ich verspreche dir, ich lasse dich keine Zwiebeln essen.«
43
Da CHERUB-Agenten während ihrer Einsätze viel Unterricht verpassen, müssen sie das Versäumte durch Samstagsunterricht wieder aufholen.
Ryan verspürte einen Anflug von Panik, als er seine Bücher für Geschichte, Mathematik und Literatur einpackte. Das meiste seiner Mathematikhausaufgaben hatte er nicht verstanden und von Wer die Nachtigall stört hatte er nur fünfzehn Seiten gelesen und musste sich auf die Zusammenfassung des Romans im Internet verlassen.
Zwischen dem Frühstück und dem Geschichtsunterricht musste er Ning zur Krankenstation bringen, wo ihre Rekrutierungstests beginnen sollten.
»Ohne den Buggy kommt mir der Campus viel größer vor«, gestand Ning und rieb sich die Gänsehaut an ihren nackten Armen.
»Es gibt keine Trainings-Sweatshirts in Orange«, erklärte Ryan. »Aber bei den Tests wird es dir schon warm werden.«
Die Krankenstation war topmodern und umfasste eine stationäre Einheit mit sechs Betten, eine Zahnklinik und eine sportmedizinische Abteilung, in der die Fitnessprüfungen vorgenommen wurden und für die Reha nach Verletzungen, die sich CHERUB-Agenten beim Training gelegentlich zuzogen.
»Guten Morgen«, begrüßte Dr. Kessler sie mit starkem deutschem Akzent. »Noch zwei Rekruten für den Drehwolf?«
»Zwei?«, fragte Ning, als Dr. Kessler sie einen kurzen Gang entlangführte.
Die sportmedizinischen und Fitnesstest-Einrichtungen waren ähnlich wie die an der Sportakademie von Dandong. Amy erwartete sie bereits im Sprechzimmer, und Dr. Kessler fuhr sie zornig an, weil sie auf einer Arbeitsfläche saß.
»Das hier ist eine medizinische Einrichtung!«, schrie er. »Und so ansehnlich dein Hintern auch sein mag, er hat nichts auf meiner sterilen Arbeitsfläche zu suchen!«
Amy machte ein Tut-mir-leid -Gesicht und sprang hinunter. Außer ihr war noch ein ungefähr zehnjähriger Junge im Raum. Er trug die gleichen Stiefel, Hosen und ein oranges T-Shirt wie Ning, war schlank und hatte glänzend schwarzes Haar und eine südländische Hautfarbe.
»Ning, das ist Carlos. Carlos, Ning«, stellte Amy sie einander vor. »Ihr werdet alle Rekrutierungstests gemeinsam machen.«
Carlos war schüchtern, und Amy musste ihn erst anstupsen, bis er vortrat und Ning die Hand reichte. Ning tat er leid, als sie seine schmalen Handgelenke und langen, schlanken Finger mit den abgeknabberten Fingernägeln sah.
»Viel Glück!«,
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