Top Secret. Der Clan: Die neue Generation 1 (German Edition)
war, hatte er vierzig Jahre lang unter anderem Dienst beim Marinekorps, bei den Navy Seals, in diplomatischen Schutztruppen und schließlich beim FBI geleistet.
»Ich will Wäsche waschen«, sagte er leise und sah Ryan an, der auf dem Bett hockte und die Knie unters Kinn gezogen hatte. »Das ganze Zimmer stinkt ja danach.«
Ryan hatte geduscht, als er aus der Schule gekommen war, aber die Kleidung auf dem Boden trug die Spuren des Sportunterrichts und war mit Ethans Blut und Erbrochenem bespritzt. Ted wollte sie nicht mal anfassen, sondern rollte sie in ein feuchtes Badehandtuch ein, um sie aufzuheben.
»Danke«, sagte Ryan leise.
»Du hast gar nichts gegessen«, stellte Ted fest. »Amy hat Fleischklößchen gemacht. Aber unten sind auch ein paar Speisekarten, wenn du dir lieber etwas bestellen möchtest.«
»Ich habe keinen Hunger«, erklärte Ryan und unterdrückte einen Schluchzer.
»Hast du etwas dagegen, wenn ich mich setze?«, fragte Ted. Es war allerdings keine Frage, denn noch bevor er zu Ende gesprochen hatte, saß er auf Ryans Bett, das Bündel Schmutzwäsche auf dem Schoß. »Ich weiß, was in dir vorgeht.«
Ryan beachtete ihn nicht, in der Hoffnung, dass Ted den Hinweis verstehen und gehen würde.
»In den Achtzigerjahren habe ich Spezialeinheiten ausgebildet«, begann Ted. »Die Leute mussten dreißig Minuten lang in einem Pool schwimmen, mit voller militärischer Ausrüstung. Wir haben am Rand gestanden und uns wie die Schweine aufgeführt: Wir haben sie beschimpft und ihnen alle möglichen Dinge beschrieben, die wir mit ihren Freundinnen anstellen würden, wenn sie ertranken. Mit so viel Gepäck zu schwimmen, ist anstrengend, und selbst die Kräftigsten unter ihnen mussten kämpfen.
Wenn sie anfangen, unterzugehen oder zu hyperventilieren, muss man sie herausfischen. Aber dieser eine Kerl jammerte ständig. Ich dachte, er simuliert, und ließ ihn länger leiden, als ich es hätte tun sollen. Das Untersuchungskomitee gab letztendlich der Art der Übung die Schuld, und sie wurde danach geändert, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass der Junge vor meinen Augen ertrunken war. Das ist jetzt fast dreißig Jahre her, aber wenn ich meine Augen schließe, kann ich ihn immer noch tot neben dem Pool liegen sehen, als wäre es gerade eben erst geschehen.«
Interessiert wandte Ryan seinen Kopf ein paar Zentimeter in Richtung Ted und betrachtete das verblasste Jesus-Tattoo auf seinem Arm.
»Dieser Soldat wusste, dass es riskant war, als er sich freiwillig gemeldet hat«, meinte er. »Ethan hat sich auf nichts eingelassen. Er ist nur ein Kind, das auf der Intensivstation liegt, weil ich Mist gebaut habe.«
»Du hast keinen Mist gebaut«, sagte Ted und legte Ryan die riesige Pranke aufs Knie. »Amy hat es vorgeschlagen und ich habe zugestimmt, ebenso wie Dr. D.«
»Spielt es überhaupt eine Rolle, wer schuld ist?«, fragte Ryan. »Es ist nun mal passiert, egal wem man die Schuld gibt.«
Ning und Ingrid wurden von einem Isuzu-Lieferwagen abgeholt, der für den kettenrauchenden Winzling auf dem Fahrersitz mit extra langen Pedalen ausgestattet worden war. Ingrid wollte sich auf den Beifahrersitz setzen, doch der Fahrer kläffte sie an: »Sind Sie verrückt? Jeder Polizist in der Stadt sucht nach Ihnen. Hinten rein!«
Der hintere Teil war voller Eimer, Mopps, Staubsauger und einer riesigen Poliermaschine, deren Gestank einem die Augen tränen ließ. Ein Haufen blauer Putzoveralls war das, was einem Sitz noch am ähnlichsten war.
Ingrids Sonnenbrille fiel ihr von der Stirn, als der Fahrer Gas gab.
»Vorsicht!«, rief sie, und Ning griff nach der Kopfstütze des Beifahrersitzes.
»Ihr Schweine habt mich reingelegt«, beschwerte sich der Fahrer, als er vom Parkplatz fuhr. »Ich dachte, viertausend Yuan sind genug für eine Fahrt nach Dalian. Aber dann musste ich feststellen, dass Sie zwei Polizisten umgebracht haben. Sie stellen ganz Dandong auf den Kopf. Wenn sie mich mit Ihnen da hinten schnappen, wird ein alter Krüppel wie ich wohl kaum noch eine Zelle sehen. Höchst unwahrscheinlich. Sie werden mir den Schwanz abhacken, und wenn ich verblutet bin, schmeißen sie mich in den Fluss.«
»Ich habe diese Abmachung nicht getroffen«, sagte Ingrid in ihrem schlechten Chinesisch, griff in ihre Jackentasche und zog ein Bündel Hundert-Yuan-Scheine hervor. »Hier sind fünfhundert. Sie kriegen sie sofort, wenn Sie am nächsten Laden anhalten und mir Wodka kaufen. Und weitere fünfhundert, wenn Sie
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