Top Secret - Der Verdacht
Umbauarbeiten dazu genutzt, sich einen wesentlich furchterregenderen Schluss auszudenken.
Jetzt musste man über einen steil nach unten führenden Balken balancieren, der schmaler war als ein Cherub -Kampfstiefel, und dann eine Seilrutsche hinabsausen. Um einem das Leben noch schwerer zu machen, war unten ein großer Teich ausgehoben worden, und so musste man schon ein paar Meter über dem Boden das Seil loslassen und abspringen. Ließ man zu früh los, riskierte man, dass man sich die Beine brach; ließ man zu spät los, wurde man untergetaucht. Und damit der Tauchgang an heißen Tagen nicht an Attraktivität gewann, waren braune Algen im Teich angesiedelt worden, die nach fauligem Fleisch rochen.
»Bei diesem Wetter kannst du nicht über den Balken«, sagte James und hielt Kevin am Arm zurück. »Das ist lebensgefährlich.«
Aber Kevin wand sich und riss sich los. Wie jeder, der bereits ein paar Jahre auf dem CHERUB -Campus gelebt hatte, hatte auch Kevin Hunderte von Stunden im Dojo zugebracht, um Nahkampftechniken zu lernen. Auch wenn James um einiges größer war als der Zehnjährige und wahrscheinlich doppelt so schwer wie er, hatte er nicht viel Lust, sich mit ihm auf einer vereisten Plattform dreißig Meter über dem Boden zu balgen.
»Du kannst mich mal«, knurrte er. »Ignorier mich ruhig. Beweise mir deinen Mut. Aber gib mir nicht die Schuld, wenn du dich in einem Netz verfängst und endest wie Bruce.«
»Ich bin gar nicht mutig!«, schrie Kevin, der es fertigbrachte, gleichzeitig traurig und trotzig zu klingen. »Ich hab noch nie im Leben so viel Angst gehabt. Aber ich will ein Cherub sein. Wenn ich bei so viel Eis über den Parcours gehen kann, dann ist es später nur noch ein Klacks!«
»Ich wasche meine Hände in Unschuld«, behauptete James theatralisch. »Was soll ich noch tun? Ich kann dich ja schlecht k.o. schlagen und am Seil herunterlassen.«
»Du kannst mir Glück wünschen«, sagte Kevin und setzte vorsichtig einen Fuß auf den steilen, schmalen Balken.
James konnte kaum hinsehen, als Kevin unsicher auf dem rutschigen Holz balancierte. Er selbst war Dutzende Male darübergelaufen, mit dem Unterschied, dass man, wenn es trocken war, Anlauf nehmen und mit acht kurzen Schritten hinüber sein konnte. Doch bei dem Eis würden die Stiefel seitlich abrutschen.
Nach drei Schritten glitt Kevins vorderer Fuß ab, und er geriet gefährlich ins Schwanken. Nachdem er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, sah er nach hinten, zurück zur Plattform, und erkannte, dass er den Mund wohl zu voll genommen hatte. Panisch angelte James unter der Plattform nach dem Rettungsseil. Es war zwar zum Hinabklettern gedacht, aber er wollte Kevin das Ende zuwerfen, damit er sich festhalten konnte.
Als das Seil durch die Zweige flog, bemerkte er, dass Kevin sich umgedreht und ein Knie auf den Balken gesetzt hatte. Dann stützte der Junge die Hände auf und ließ die Beine rechts und links herunterhängen, sodass er rittlings auf dem Holz saß.
James musste unwillkürlich lächeln. Wenn man mit der Gruppe hier übte und über den Balken rutschte statt lief, würde einen der Trainer anschreien und einem Strafrunden aufbrummen. Aber streng genommen war es kein Regelverstoß. Die einzige Regel lautete, dass Kevin ohne Hilfe den Parcours schaffte.
Die Brust auf dem Balken und die Arme um das Holz geschlungen, versuchte Kevin, seine Talfahrt zu kontrollieren. Doch die Strecke war steil, und das raue Holz zerriss ihm die Ärmel. Als er auf den Boden der letzten Plattform schlitterte, schrie er auf, dann erhob er sich und versuchte, über die Schulter zu sehen. Obwohl James auf der anderen Plattform zehn Meter entfernt war, sah er den riesigen Holzsplitter, der in Kevins Hintern steckte.
»Nicht rausziehen!«, rief er. »Lass ihn drin, falls er eine Ader getroffen hat.«
Kevin humpelte zum Rand der Plattform und nahm ein Stück feuchtes Nylonseil aus einem Plastikeimer. Er warf es über das Hauptseil, das zum Boden führte, und hielt sich an den Griffen am Ende fest.
»Warte, bis du am letzten Baum vorbei bist«, rief James. »Dann zähl bis zwei und dann lass los, sonst fliegst du in den Teich.«
»Verstanden!«, antwortete Kevin.
James hatte nicht die Absicht, Kevin über den vereisten Balken zu folgen. Als der Junge sich von der Plattform abstieß, kletterte er am Rettungsseil hinunter.
»Scheiiiiiiiiiiiiße!«, schrie Kevin, als er immer schneller wurde und die Zweige ihm gegen die Beine peitschten.
James war
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