Top Secret - Die Mission
noch ganz in Ordnung ausgesehen, doch die Wirklichkeit sah anders aus. Das Obermaterial war aus dickem, glänzendem Plastik, und die Sohle bestand aus …
Lauren hob einen Schuh auf, um ihn näher zu betrachten, piekte in die Unterseite und kam zu dem Ergebnis, dass die Sohle am ehesten dem Knäckebrot ähnelte, das ihre Mutter gegessen hatte, wenn sie eine Diät machte. Und die Tatsache, dass das Tragen von glänzenden Plastikschuhen mit einer Sohle, die aussah wie ballaststoffreiches Essen, sie direkt als Freak ausweisen würde, ließ sich nun mal nicht leugnen.
Aber Lauren zog die Dinger an, biss die Zähne zusammen und verließ ihr Zimmer, um frühstücken zu gehen. Sie sagte sich, dass es auf der Welt Menschen ohne Arme und Beine gab und Babys, die verhungerten, und dass im Vergleich dazu ein Paar blöde Schuhe kein wirklicher Grund zur Beschwerde sei. Doch dann sah sie James in Schuluniform und schwarzen Lederturnschuhen die Treppe herunterkommen.
»Wo sind deine Veganerschuhe?«, fragte sie ihn. James musste lachen. »Kyle und ich haben sie aus der Schachtel geholt, angeguckt und beschlossen, dass wir solche Teile nicht anziehen. Wenn jemand fragt, sagen wir, dass wir erst vegan leben, seit wir mit Ryan zusammengezogen sind, und dass sich unsere Mum keine neuen Schuhe für uns alle leisten konnte.«
»Und wenn ihr keine Turnschuhe tragen dürft?«, wollte Lauren wissen.
James zuckte mit den Schultern. »In den meisten Schulen darf man das, Hauptsache, sie sind schwarz. Und wenn nicht, können sie uns höchstens sagen, dass wir morgen andere anziehen sollen.«
Laurens Laune besserte sich schlagartig, und sie rannte in ihr Zimmer zurück. Sie wollte ihre schwarzen Turnschuhe unter dem Bett hervorfischen, sah aber nur die weißen Leinenschuhe und ein Paar dunkelblaue Halbschuhe und musste feststellen, dass sie ihre schwarzen Turnschuhe ebenso auf dem Campus
vergessen hatte wie die schwarzen Leinenschuhe, die absolut perfekt gewesen wären.
Frustriert schlug sie mit der Faust auf ihre Matratze, richtete sich auf und erschrak fast zu Tode, als das Bleiglasfenster hinter ihr zersplitterte. Ein halber Ziegelstein polterte mit Schwung über den Boden und prallte geräuschvoll gegen die Heizung.
»Abschaum!«, kreischte eine schrille Jungenstimme. Sie kam von dem Feld hinter dem Haus, keine zwanzig Meter entfernt. »Verschwindet aus unserem Dorf!«
Lauren erhaschte einen kurzen Blick auf die graue Schuluniform des Jungen, dann kam Zara ins Zimmer geplatzt und starrte erschrocken auf die Glasscherben auf dem Teppich.
»Bist du in Ordnung?«
»Alles klar«, stieß Lauren hervor, duckte sich unter Zaras Arm hindurch und öffnete die Tür, die zum Garten führte. »Ich habe ihn gesehen. Er ist etwa so alt wie ich.«
Mit den Knäckebrotsohlen konnte man nicht gut laufen, aber Lauren sah den Jungen durch das Feld rennen und sprintete ihm hinterher.
»Du bist tot!«, schrie sie, während ihr das hohe Gras um die Beine schlug.
Auf den ersten Hundert Metern machte Lauren keinen Boden gut, aber sie war wesentlich fitter als ihr Gegner, der langsam müde wurde, nachdem er über ein Metalltor gesprungen und dann einer
Straße gefolgt war, die zu den modernen Häusern am nördlichen Dorfrand führte. Als Lauren den Jungen schließlich eingeholt hatte, war der auf ein Rasenstück zwischen zwei Häusern eingebogen.
»Ich hab dich!«, schrie sie triumphierend, schlang ihm einen Arm um die Brust und drängte ihn an die Seitenwand eines der Häuser.
Doch ihr Griff saß nicht richtig, er wand sich heraus und schlug nach ihr. Lauren wich dem Schlag aus, hakte ihren Fuß um seinen rechten Knöchel und zog ihm die Beine weg. Dann warf sie sich auf ihn, rollte ihn auf den Rücken und klemmte seine Arme unter ihren Knien fest. Der Junge war etwa so groß wie Lauren und sichtlich geschockt, mit welcher Leichtigkeit sie ihn überwältigt hatte.
»Die Glassplitter hätten mir ein Auge ausstechen können«, fauchte Lauren.
Der Junge hob den Kopf und spuckte ihr ins Gesicht. »Gut! Genau das hast du verdient!«
Lauren war wütend darüber, angespuckt zu werden, unterdrückte aber das Verlangen, ihn zu schlagen. Stattdessen fragte sie: »Was habe ich dir überhaupt getan?«
»Das hier wird dir noch leidtun!«
Lauren nahm die Nase des Jungen zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte sie kräftig herum. »Mir wird es also leidtun, ja?«
»Lass mich los, du Schlampe!«, kreischte er.
Alles war so schnell gegangen, dass Lauren
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