Top Secret - Die Mission
flüsterte sie besorgt. »Ich hatte gehofft, wir könnten den Draht zur Seite drücken und eine Lücke schaffen, durch die wir hindurchpassen, aber ich fürchte, wir müssen ihn durchschneiden.«
James drehte ihr den Rücken zu, damit sie den Rucksack öffnen und die klobige Drahtschere herausnehmen konnte.
»Du weißt schon, dass das mutwillige Beschädigung von CHERUB-Eigentum ist, nicht wahr?«, mahnte James. »Wenn sie uns erwischen, kriegen wir höllisch Ärger.«
Lauren klang verärgert. »Hör auf zu meckern, James. Ich versuche nachzudenken!«
James sah zu, wie seine Schwester vorsichtig einen der Drähte durchknipste. Eine Lücke von etwa einem halben Meter entstand direkt am Rand des Grabens.
»Wir werden wohl ein wenig dreckig, aber wir können uns hindurchquetschen«, meinte Lauren.
Sie löste den Draht, bog ihn zusammen und warf ihn zwischen die Bäume. »Hier kommt niemand her, solange nicht einer der Gräben verstopft ist, also wird niemand ein Stück Stacheldraht vermissen.«
James stimmte der Logik seiner Schwester zwar zu, war jedoch nicht in der Stimmung, sie dafür mit Komplimenten zu überschütten.
Die kleine Lücke im Stacheldraht zwang sie, sich
einzeln hindurchzuwinden und das Gepäck nachzureichen. Da James breiter war als die Mädchen, hatte er hinterher Matschschlieren auf der Rückseite seiner Trainingsjacke.
Nachdem sie die Absperrung passiert hatten, wären sie zwar schneller vorangekommen, wenn sie aus dem Graben geklettert und an der Böschung entlanggelaufen wären, doch sie wollten nicht riskieren, von den Videokameras eingefangen zu werden. Daher wateten sie weiter, liefen so geduckt wie möglich und schirmten die weißen Gesichter mit den Baseballkappen ab.
Siebzig Meter hinter dem Stacheldraht lehnte Lauren sich an die Böschung und ließ den starken Strahl ihrer Stirnlampe aufleuchten. Er fiel auf die Wand einer Betonhütte, bevor sie sich schnell wieder duckte.
»Partytime!«, verkündete sie grinsend.
Der Graben war hier flacher als an der Stelle, an der sie hineingestiegen waren. Die drei kletterten hinaus und rannten zu der Hütte hinüber. Von ihren Stiefeln triefte der Schlamm. An der Mauer angekommen, streiften sich Lauren und Bethany die Hosenträger ab.
»Zieh das Zeug aus und die Turnschuhe wieder an, James«, befahl Lauren.
»Wozu?«, fragte James. »Wir müssen doch auf demselben Weg wieder zurück.«
»Nein, müssen wir nicht«, erklärte Lauren. »Nachts
hat immer nur ein Ausbilder auf dem Trainingsgelände Wachdienst. Sobald er bemerkt, dass die Kameras ausgefallen sind, wird er hierher kommen. Wir aber rennen in die entgegengesetzte Richtung, zum Ausbildungsgebäude. Dann können wir den Jungs die Päckchen geben und durch das Haupttor flüchten.«
»Und was ist mit dem Alarm?«, fragte James.
»Spielt keine Rolle«, meinte Bethany. »Sie werden zwar irgendwann rauskriegen, dass er losgegangen ist, aber der Ausbilder wird nicht im Kontrollraum sein, wo er es hören kann.«
»Setzt der Alarm nicht auch irgendwo anders ein, zum Beispiel im Überwachungsraum am Haupttor?«
Lauren zuckte mit den Achseln. »Nicht, soweit ich weiß.«
Kopfschüttelnd kickte James die Watstiefel von sich und suchte im Rucksack nach seinen Turnschuhen. »Soll das heißen, du weißt es nicht genau?«
»Es ist ziemlich unwahrscheinlich, James. Ich meine, wozu muss jemand am Haupttor wissen, ob auf dem Trainingsgelände Alarm ausgelöst wurde?«
»Aber du bist dir nicht sicher«, zischte James wütend. »Du hast mir garantiert , dass wir nicht geschnappt werden!«
»Ja, habe ich«, gab Lauren achselzuckend zurück. »Aber ich wusste immer, dass es ein Restrisiko gibt. Das mit der Garantie habe ich nur gesagt, damit du mitmachst.«
Die Erkenntnis, dass Lauren ihn nicht nur erpresst, sondern obendrein angelogen hatte, machte James richtig wütend. Er hatte seine Turnschuhe mittlerweile angezogen und baute sich vor seiner Schwester auf. »Das zahle ich dir heim! Du tickst ja nicht mehr richtig!«
»Wenn du das machst, sag ich’s Kerry«, drohte Lauren grinsend.
»Du hast es beim Grab unserer Mutter geschworen!«
»Was willst du Kerry sagen?«, fragte nun Bethany.
»Das geht dich nichts an!«, schnauzten James und Lauren sie an.
Bethany wusste, dass James sie nicht mochte, aber über Lauren ärgerte sie sich. »Wir stehen hier mitten auf dem Trainingsgelände«, stellte sie scharf fest. »Könnt ihr eure Familienfehde vielleicht austragen, wenn wir wieder in
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