TOP SECRET - Die Sekte
Vorsprung zu verlassen, war es zu spät, einen Rückzieher zu machen. Er spürte, wie sich sein Körper nach vorne neigte. Einen halben Meter tiefer als erwartet, traf sein Turnschuh auf den Boden und glitt durch etwas Glitschiges. Er schob den anderen Fuß vor und streckte die Arme aus, um einen Sturz abzufangen, während sich das Abwasser um seine Beine schloss und seine Shorts durchweichte.
Lauren hörte es platschen und rief ängstlich: »Alles in Ordnung?«
James konnte gerade noch verhindern, dass er aufs Gesicht fiel, aber das eklige Wasser spritzte ihm über
die Arme und ein paar Tropfen trafen sogar sein Gesicht.
»Das war’s!«, schrie er wütend. »Ich kündige! Wenn wir hier lebend rauskommen, gehe ich nie wieder auf eine Mission!«
Oben hörte er Joseph heulen: »Ich gehe da nicht runter!«
Und dann erklang noch eine Stimme, die eines Erwachsenen. Als die Metallklappe sich scheppernd schloss, wusste James, dass Rat und Lauren in Schwierigkeiten waren. Er überlegte kurz, ob er die Leiter wieder hinaufsteigen sollte, aber sie hatten ja das Gewehr. Er konnte ihnen nicht viel helfen.
»Was zum Teufel macht ihr Kinder hier unten?«, rief Ernie und richtete vom Ende des Ganges aus sein Gewehr auf Lauren und Rat.
Lauren war so erschrocken, dass sie die Metallklappe fallen ließ, die beinahe Rats Finger einklemmte.
»Ich bin nur runtergekommen, um den Sprengstoff zu überprüfen«, fuhr Ernie beim Näherkommen fort. »Da hat Georgie an die Tür gehämmert, mit blutendem Kopf. Sie ist übel zugerichtet.«
»Stehen bleiben!«, schrie Lauren, nahm das M16 hoch und entsicherte es lautstark, um zu zeigen, dass sie es ernst meinte.
»Wow, junge Dame.« Ernie grinste, als sei das ein Witz. »Leg das weg, das ist kein Spielzeug.«
»Nicht so überheblich!«, riet Lauren, hielt die Waffe hoch, stellte auf Einzelfeuer und gab einen Schuss an die Decke ab. In dem engen Keller machte es genug Lärm, um die drei Kleinkinder zu wecken.
Ernie erfasste allmählich die Situation und trat einen Schritt zurück. »Was habt ihr denn vor? Wenn ihr hierbleibt, bringen euch die Explosionen um!«
Lauren wusste nicht, was sie sagen sollte. Rat stand auf und trat mit erhobenen Händen vor. »Hey Ernie. Du kennst mich doch, oder?«
»Sicher, Rathbone. Warum kommt ihr beide nicht zu mir rüber und wir reden darüber. Wir müssen euch und die Kleinen schnell zur Kirche bringen. Wenn Eleanor erst die Türe geschlossen hat, kommt niemand mehr rein oder raus, bevor sie nicht Gottes Botschaft vernommen hat.«
»Hör mir zu«, sagte Rat. »Das ist die Wahrheit, Ernie: Ich schwöre es als Engel, sonst soll mich ewiger Schmerz in der feurigen Hölle erwarten. Mein Vater hat mich vor seinem Tod an sein Bett gerufen. Er hat mit Gott gesprochen und eine letzte Botschaft erhalten. Er wusste, dass Susie ihn ein paar Stunden später töten würde. Er sagte mir, dass die Arche von Teufeln infiltriert worden sei und heute Nacht zerstört werden würde, nicht von außen, sondern von innen. Er sagte mir, ich solle gehen und mich verstecken. Wenn ich älter sei, würde Gott zu mir sprechen und mir sagen, wie ich die Engel wieder zusammenrufe und die Arche neu aufbaue.«
Während er sprach, war Rat mit ausgebreiteten Armen auf Ernie zugegangen und verlangte dessen Anerkennung. Lauren war beeindruckt, sowohl von seiner Rede als auch von seinem Mut, sich einem Mann zu stellen, der ein Gewehr auf ihn richtete.
»Gib mir das Gewehr, Ernie«, rief Rat, der auf einmal klang wie Joel Regan bei einer seiner Ansprachen. »Mein Vater hat mir gesagt, dass die Arche von Teufeln verseucht ist. Gib es mir!«
Ernie betrachtete unsicher seine Waffe. Rat wollte stark erscheinen und hoffte, Ernie konnte nicht sehen, wie sehr eine Hände zitterten.
James hatte etwa zehn Meter zurückgelegt, als er Laurens Warnschuss hörte. Er fürchtete schon, dass jemand getroffen worden war, und wollte zurückgehen, aber im Moment war das Beste, was er tun konnte, den Ausgang zu finden.
Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, und er konnte nun Spiegelungen des Wassers erkennen und einen Streifen Licht, der durch die Klappe am anderen Ende fiel. Um nicht wieder zu stürzen, glitt er vorsichtig über den schlüpfrigen Boden und prüfte tastend den Grund, bevor er sein Gewicht verlagerte.
Er brauchte zwei Minuten bis zur nächsten Ecke, obwohl es ihm viel länger vorkam. Auch dort war ein Vorsprung, wie auf der anderen Seite. Er stieg hinauf und
schob
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