TOP SECRET - Die Sekte
gleichzeitig und brachen in wildes Rufen, Klatschen und Jubeln aus.
James lächelte, doch sobald er feststellte, dass er sich wirklich geschmeichelt fühlte, wendete er eine der Techniken an, die Miriam ihm beigebracht hatte. Sie hatte erklärt, dass man es verhindern konnte, von starken positiven
Gefühlen überwältigt zu werden, indem man an etwas dachte, das man als körperlich abstoßend empfand. Was James anging, so dachte er an das matschige Käse-Mayonnaise-Sandwich, das ihm vor zehn Monaten in Arizona vorgesetzt worden war. Schon beim Gedanken daran musste er würgen.
»James, würdest du gerne mehr über die Survivors erfahren und wissen, was wir für den Planeten tun?«, fragte Lydia.
Unsicher nickte er.
»Wir wünschen uns sehr, dass du unser guter Freund wirst und mehr über uns weißt, James. Wir wollen dich keineswegs dazu zwingen, etwas zu tun, was du nicht möchtest. Aber wir möchten dir gerne diese Kette als Zeichen unserer Freundschaft schenken.«
Sie stand auf und zog ein Lederhalsband aus einer Tasche in ihrem Kleid.
Über James stehend, fragte sie: »James Prince, bist du bereit, diese Kette als Zeichen unserer Freundschaft anzunehmen?«
»Klar«, erwiderte James grinsend und nickend, als ob er sich tatsächlich geschmeichelt fühlen würde.
Er schob sich auf die Knie und ließ Lydia die Kette über seinen Kopf streifen. Danach bat sie ihn aufzustehen und umarmte ihn. Währenddessen hatten sich klatschende Teenager hinter Lydia aufgestellt, die ihn der Reihe nach umarmten.
Alle wiederholten den gleichen Satz: »Willkommen im Ozean der Liebe!«
Nach der formalen Begrüßung fand sich James zwischen lächelnden Jungs und Mädchen wieder, die ihn zu Grillabenden, Feiern und einer Spendenaktion am Wochenende einluden. Als die Begeisterung abgeklungen war und die meisten den Raum verlassen hatten, blieb James in Gesellschaft von Eve zurück.
»War das nicht aufregend?«, fragte sie strahlend. »Ich bin so froh, dass du die Kette angenommen hast. Es ist der erste Schritt, um ein Engel zu werden.«
»Na, ich weiß nicht.« James lächelte schief. »Ihr seid ja ganz nett, aber das ist alles ein wenig schräg, wenn ich das mal so sagen darf.«
Eve ignorierte die Bemerkung. »Meistens gehe ich nach der Schule in ein Altersheim«, erzählte sie. »Vielleicht hast du Lust, morgen mitzukommen?«
»Wozu?«, fragte James.
Eve legte den Kopf schief und schenkte ihm ein besonders reizendes Lächeln. »Das ist natürlich deine Entscheidung, aber ich würde dir wirklich gerne die wohltätige Arbeit der Survivors zeigen.«
16
Lauren bekam an diesem Abend ebenfalls eine Lederkette. Die Zeremonie war die gleiche wie bei ihrem Bruder, nur dass die Anwesenden in Laurens Alter waren. Abigail kam glücklich strahlend aus ihrer Gruppenstunde,
hielt Elliots Hand und hatte sich mit weiterer Literatur über die Survivors eingedeckt sowie einem zweihundertdreißig Dollar teuren CD- und DVD-Set in einem orangefarbenen Ordner mit dem Titel Das Leben überleben! Revolutioniere deinen Lebensstil durch die Lehre von Joel Regan und seinem Ozean der Liebe .
Um ihre Rekrutierung als Survivors glaubhafter zu machen, sollte Dana die Skeptische spielen. Sie hatte den Abend mit einem siebzehnjährigen männlichen Begleiter verbracht und ihn dreist über alle Aspekte des Lebens als Survivor ausgefragt, von den negativen Begleiterscheinungen des Zusammenwohnens in einer Kommune bis zu der Frage, wie ein angeblich gläubiger Christ wie Joel Regan dreißig Kinder mit über einem Dutzend junger Frauen haben konnte. Es machte Dana richtig Spaß, ihren jungen Begleiter ins Schwitzen zu bringen.
Erst nach Mitternacht kehrte die Familie Prince nach Hause zurück. Am Donnerstag gähnte und quälte sich James durch den Unterricht. Nach der Schule schloss er sein Fahrrad auf und schob es über die Sportplätze, um Eve am Hinterausgang zu treffen.
In der brütenden Nachmittagshitze fuhren sie zehn Kilometer. Ihr Ziel war eine großzügig angelegte Einrichtung namens North-Park-Seniorenzentrum. Elliot wartete auf dem Fahrersitz eines weißen Lieferwagens auf sie.
»James«, begrüßte er ihn begeistert, als er ausstieg.
Er nahm ihn beim durchgeschwitzten Hemdkragen und sah nach, ob er die Kette noch trug, bevor er ihn kräftig umarmte. Dann trat er zurück, griff in seine Hosentasche und zog eine bemalte Holzperle hervor.
»Jede Perle bedeutet einen positiven Schritt«, sagte Elliot. »Und mit diesem Nachmittag leistest
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