TOP SECRET - Die Sekte
du deinen ersten Beitrag für unsere Gemeinde.«
»Ich dachte, ich werde nur herumgeführt«, entgegnete James, der es für angebracht hielt, ein wenig Misstrauen zu zeigen.
»Ich bin sicher, du und Eve werdet euch amüsieren«, gab Elliot zurück, James’ Bemerkung geflissentlich ignorierend.
James nahm das Halsband ab, konnte mit seinen kurzen Fingernägeln aber den Knoten nicht lösen und die Perle aufziehen. Während sich Eve darum kümmerte, führte Elliot ihn zur Rückseite des Lieferwagens. Aus dem Laderaum schlug James gekühlte Luft entgegen, und er erblickte Stapel großer Plastiktabletts, die alle identisch bestückt waren: Da gab es lokale Zeitungen, Süßigkeiten, Zigaretten, kleine Blumensträußchen, Getränke und Lotterielose.
Elliot stellte zwei Tabletts auf den Asphalt und holte dann zwei Klappwagen heraus, die er aufbaute, und stellte die Tabletts darauf.
»Wozu ist das alles?«, fragte James.
Elliot lächelte ihn an und klopfte ihm auf die Schulter. »Ich muss noch zu sechs anderen Altersheimen. Eve sagt dir, was zu tun ist.«
Als Elliot wegfuhr, streifte Eve ihm die Kette mit der Perle wieder über den Kopf.
»Was soll das mit diesen Wagen?«, erkundigte sich James. »Ich dachte, du wolltest mir nur alles zeigen?«
»Oh«, machte Eve enttäuscht. »Ich habe Elliot gesagt, dass du uns bei unserer wohltätigen Arbeit unterstützen willst. Er wird mir sicher böse sein.«
James tat verwirrt. »Warum? Das ist doch nur ein Missverständnis?«
»Ja, aber die Survivors hatten in letzter Zeit schlechte Publicity. Es hieß, dass wir Leute dazu bringen, Sachen zu machen, die sie gar nicht tun wollen«, erklärte Eve. »Das ist natürlich nicht so, wir lassen dir immer die Wahl, aber Elliot ist da sehr empfindlich. Er wird stinksauer, wenn er glaubt, dass ich dich dazu gezwungen habe.«
James erkannte, dass es eine Falle war. Elliot hatte ihm die Perle gegeben und seine Frage ignoriert, und Eve behauptete, sie würde Ärger bekommen, wenn er nicht tat, was sie wollten.
»Ich kann reingehen und Elliot anrufen«, fuhr Eve mit besorgter Stimme fort. »Oh Mann, da habe ich mir ja etwas eingebrockt.«
James lächelte und sagte genau das, was sie hören wollte: »In Ordnung, ich mach es ja … Ich war nur überrascht, das ist alles.«
Eve quiekte leise auf und umarmte ihn. »Danke, James! Du bist fantastisch.«
»Keine Ursache«, erwiderte James und schielte Eve
bei ihrer Umarmung in den Ausschnitt. »Und was genau machen wir jetzt mit dem Zeug hier?«
»Wir gehen damit zu den Zimmern, klopfen an die Tür der alten Leute und fragen sie, ob sie etwas kaufen möchten.«
Das Heim hatte nur ein Stockwerk und die zumeist weiblichen Bewohner lebten in Zimmern mit Terrasse und eigenem Bad. Das Gebäude war modern und eigentlich nicht scheußlich, aber es schien ohne Leben, und die mit quietschenden Böden ausgelegten Gänge erinnerten James an ein Krankenhaus.
Nachdem ihnen die Frau an der Rezeption mit einem Summer die Tür geöffnet hatte, folgte James Eve zu den ersten Zimmern, um ihre Verkaufstaktik zu beobachten. Mindestens drei Minuten sprach Eve mit jedem Bewohner. Die Leute hatten zumeist den letzten Lebensabschnitt erreicht und waren entweder bettlägerig oder nur noch eingeschränkt bewegungsfähig. Eve erzählte Banalitäten über die Schule und die Gemeinde und erhielt dafür Informationen über jeden Bewohner.
Fast alle kauften etwas. Meist waren es Kleinigkeiten wie ein Schokoriegel oder eine Zeitung, aber gelegentlich bat jemand darum, dass Elliot, der jeden Heimbewohner einmal wöchentlich besuchte, etwas im Lieferwagen mitbrachte. Das reichte von einer monatlich erscheinenden Angelzeitschrift für einen alten Herrn bis zu einer bestimmten Marke Toilettenpapier für eine schrille alte Dame, da » von dem Zeug, was man hier bekommt, der Hintern so rot wie ein Radieschen wird« .
Nach den ersten paar Verkaufsbesuchen schickte Eve James in einen anderen Gebäudeteil. Fast eine Stunde lang ging er von Zimmer zu Zimmer und führte fast überall dasselbe Gespräch, das meist mit »Wo ist denn Eve heute?« begann und mit dem Kauf von Kleinigkeiten im Wert weniger Dollars endete. James stellte fest, dass die Preise doppelt so hoch waren wie in einem normalen Laden.
Bei seinem vorletzten Besuch traf James eine frisch eingezogene Heimbewohnerin an. An der Tür stand der Name Emily Wildman, die er verwirrt auf ihrem Bett sitzend fand. Einige ihrer Sachen waren noch nicht ausgepackt, die
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