TOP SECRET - Die Sekte
dass es in der Schule keine Dusche gab, sodass er nach Gras und Schweiß stinkend im Altersheim ankam. Glücklicherweise hatte er einen der Pfleger dazu überreden können, ihn die Dusche in einem leer stehenden Zimmer benutzen zu lassen.
Als er sich auszog, fiel sein Blick auf einen Spiegel, und was er im Glas sah, gefiel ihm nicht. Seine Kleidung war verschlissen, der Mann, der ihm in der Kommune die Haare schnitt, war ein Metzger, und irgendetwas am Lebensstil der Survivors bekam seiner Haut nicht. James hatte plötzlich Pickel, besonders im Nacken, wo er gerade drei riesige Mitesser entdeckte.
Als er auf dem Bett saß, um sich saubere Socken anzuziehen, überraschte ihn ein Klopfen an der Tür.
»Hi«, begrüßte ihn Elliot fröhlich und trat ein. »Was ist denn hier los?«
James zuckte mit den Achseln und schlüpfte in seine Turnschuhe. »Ich kann schließlich nicht den ganzen Laden vollstinken.«
Elliot wackelte mit dem Finger. »Initiative. Das gefällt mir.«
Aber James konnte sehen, dass es Elliot keineswegs gefiel. Es ging ihm nicht darum, dass James duschte, was ihm nicht gefiel, war, dass einer der Survivors vom Plan abwich. Elliot empfand jede noch so winzige Abweichung vom Stundenplan als eine Bedrohung seiner Autorität.
»Nächstes Mal sagst du mir vorher Bescheid, ja?«, fügte er hinzu.
»Was machen Sie denn hier?«, erkundigte sich James.
»Ich fürchte, wir haben hier eine spezielle Situation«, sagte Elliot.
»Was für eine Situation?«
»Ich habe einen Anruf von Mr Wildman, Emilys Sohn, erhalten. Ich habe versucht, ihr neues Testament durch einen uns wohlgesinnten Anwalt aufsetzen zu lassen, aber es gab ein paar Unklarheiten bezüglich eines Grundstücks, und der Idiot hat deswegen den Familienanwalt kontaktiert, der zufällig ein Freund von Emilys Sohn ist. Also kommt der Sohn dahinter und - um es kurz zu machen - vor einer halben Stunde ruft Emily mich an. Sie ist völlig aufgelöst. Ihr Sohn ist hier und weigert sich zu gehen, bevor er mit mir gesprochen hat.«
»Ist er wütend?«, erkundigte sich James, insgeheim entzückt, dass die Survivors möglicherweise doch nicht an das Geld der alten Dame kamen.
»Ich glaube kaum, dass er Freudentänze aufführt, weil seine Mutter zwei Millionen der Wohlfahrt vermacht«, meinte Elliot. »Ich will mal sehen, ob ich ihn umstimmen kann, aber ich hätte gerne, dass du dabei bist. Emily scheint dich sehr gern zu haben und vor einem größeren Publikum benehmen sich die Leute normalerweise vernünftiger.«
Grinsend zog sich James sein sauberes T-Shirt über den Kopf und trug Deo unter den Achseln auf. »Stets zu Diensten, Boss.«
»Das sind wahrlich die Worte eines Engels«, meinte Elliot und tätschelte James den Kopf, so dass dieser sich vorkam wie ein Hund.
Emilys Zimmer lag fünfzig Meter weiter den Gang hinunter. Sie fanden sie auf der Terrasse mit ihrem Sohn. Auf dem Tisch zwischen ihnen standen ein Krug mit Milch und Wodka und die Reste einer halb aufgegessenen Portion Fish and Chips.
»Ronnie Wildman«, stellte sich der Sohn Elliot vor und schüttelte ihm die Hand. Er war ziemlich klein, aber gut gebaut, und hatte eine Halbglatze.
Auch James schüttelte ihm die Hand. »Schön, Sie kennenzulernen.«
Ronnie nickte. »Meine Mutter hat einen Narren an dir gefressen, junger Mann.«
»Nun«, begann Elliot, als er sich mit James zu ihnen
an den Tisch setzte, »wie ich höre, möchten Sie mit mir sprechen.«
»Oh ja, das möchte ich«, sagte Ronnie bedeutungsvoll, und seine Augen blitzten auf, als er ein gefaltetes Dokument aus einer Ledermappe zog. »Das ist eine Kopie des neuen Testaments meiner Mutter. Merkwürdigerweise wurden die Bedingungen geändert, sodass nicht mehr alles mir hinterlassen wird, sondern auf einmal neunzig Prozent an eine Einrichtung namens Survivors-Stiftung für Entwicklungshilfe gehen.«
»Es ist mein Geld, mein Sohn«, unterbrach ihn Emily. »Du hast deinen Anteil bereits verschwendet. Ich habe das Haus verkaufen müssen, um deine letzte katastrophale Geschäftsidee abzudecken.«
Ronnie warf seiner Mutter einen wütenden Blick zu. »Nun, ich glaube nicht, dass Dad das so gewollt hätte. Aber wenn du schon etwas für wohltätige Zwecke spenden willst, dann lass uns über die Welthungerhilfe oder das Rote Kreuz sprechen und nicht über diese bekloppten Survivors.«
Lächelnd und mit sanfter Stimme sagte Elliot: »Mr Wildman, die religiösen Aktivitäten der Survivors und unsere Spendentätigkeit für die
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