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Topas

Topas

Titel: Topas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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Krallen
ansetzte. Sie wartete, bis sich die Sitzung in Teetrinken und
Geplauder aufgelöst hatte, und ging dann zu Nicole. Aus der
Nähe sah sie, daß Nicole erregt war, obwohl sie nach
außen hin ihre Fassung bewahrt hatte.
    »Ich möchte
Sie auf keinen Fall hier weglotsen, Nicole«, sagte Liz,
»aber ich muß noch zu Little League. Soll ich Sie zu
Hause absetzen?«
    Nicole nickte
müde, und beide verabschiedeten sich.
    »Auf
Wiedersehen, meine Lieben«, sagte Henrietta Todd und
lächelte süßlich.
    Liz fuhr
rückwärts aus der Einfahrt und schaltete ärgerlich
den ersten Gang ein. »Ich mag Frauen nicht, besonders
Henrietta Todd nicht. Wenn sie nicht so grotesk und abstoßend
geworden wäre, würde ihr Mann vielleicht noch mit ihr
schlafen - wenn er dafür je nüchtern genug ist. Sie kann
es einfach nicht ertragen, jüngere und schönere Frauen um
sich zu haben.«
    »Bitte, Liz,
sagen Sie nichts!« 
    »Gut. -
Außer daß ich nicht glaube, daß auch nur das
geringste zwischen Andre und Molly Spearman gewesen
ist.«
    Nicole schloß
die Eingangstür hinter sich, lehnte sich dagegen und hielt mit
der Hand ihre Kehle, bis das Motorengeräusch nicht mehr zu
hören war. Dann stieg sie langsam die Treppe hinauf und
ließ sich auf ihre Chaiselongue fallen. Andre und Molly
Spearman? Das war äußerst unwahrscheinlich. Warum traf
es sie dann so hart? Bei all ihrer französischen
Großzügigkeit hatte sie, als sie noch jung, eitel und
stolz war, geprahlt, sie würde Seitensprünge ihres Mannes
nicht dulden, wie junge, eitle und stolze Ehefrauen eben prahlen.
Aber mit Stolz kommt man nicht weit. Wenn eine Frau zum erstenmal
erfährt, was jede Ehefrau einmal erfahren muß, wird
dieser Stolz mit erstaunlicher Leichtigkeit beiseite geschoben. Und
wenn die Illusionen erst einmal zerstört sind, werden die
weiteren Fälle schweigend hingenommen. Aber wie viele
Seitensprünge man auch nach diesem schrecklichen ersten Male
erfährt oder vermutet, immer schmerzen sie. Wenn man sie
schließlich duldet, gibt es noch zwei Möglichkeiten. Man
kann bei sich selbst nach dem Fehler suchen, der dazu führte,
daß der Mann auf Abwege kam. Oder man bringt es fertig, die
Sache nüchtern zu betrachten und als etwas Bedeutungsloses
abzutun. Aber nur wenigen Frauen gelingt es, sich so oder so zu
entscheiden. Statt dessen begeben sie sich auf den Pfad der
Zerstörung: einen Berg von Bitterkeit aufhäufen und dem
Partner Schmerz zufügen für den Schmerz, den er einem
zufügt. Vergelten …
    *
    Nicole hielt vor
Andres Amtssitz, gerade als er das Gebäude verließ, mit
dem üblichen Packen Arbeit für die Abendstunden in seinem
verhaßten Diplomatenköfferchen. Heute abend gab es keine
Empfänge oder gesellschaftlichen Verpflichtungen, also
wußte sie, daß er nach dem Abendessen durcharbeiten
würde bis nach Mitternacht.
    Sie rutschte auf den
Beifahrersitz, als Andre die Tür öffnete.
    »Dein Wagen wird
erst morgen fertig«, sagte sie, als er anfuhr.
    Andre sah seinen
Diplomatenkoffer an und seufzte. »Ich habe eine Idee«,
sagt er impulsiv. »Können wir nicht jetzt gleich nach
Baltimore fahren und uns einen Film ansehen? Da läuft ein
Western, den ich sehen möchte, und danach können wir
bei Miller
Brothers essen, vielleicht ein feines
Fischgericht.«
    »Wunderbar!«
    Nicole rückte
unwillkürlich näher an ihn heran, was sie nur noch selten
tat, und streichelte seinen Nacken. Er sah sie an und
lächelte, und als sie an einer Ampel halten mußten,
legte er den Arm um sie und küßte sie. Und für den
Augenblick war alles in Ordnung.

 
    9
    Nach kurzer Fahrt
waren Nordstrom und Devereaux in Maryland, das sich im vollen
Frühlingsschmuck zeigte.
    »Es ist
herrlich«, sagte Andre, »einfach herrlich. Es erinnert
mich an meine kleine Provinz daheim in
Frankreich.«
    Michael mußte
innerlich lachen. Franzosen bezeichnen ihr Heim immer bescheiden
als »klein«, auch wenn es ein Landsitz mit fünfzig
Zimmern ist. Sie bogen von der Hauptstraße ab. Üppiges
Weideland lag zu beiden Seiten.
    »Ich
müßte einmal mit Nicole hierherfahren. Wir sind schon so
lange nicht mehr auf dem Land gewesen. Es würde uns sicher
guttun.«
    »Nur keine
Versprechungen. Wir können sie doch nie halten und haben dann
gegenüber unseren Frauen ein schlechtes
Gewissen.«
    Hinter Laurell kamen
Felder. Nach einer Weile fuhren sie auf einer einsamen,
unbefestigten Straße dahin, die parallel zum Patuxent verlief
und sie zu dem abgesperrten Grundstück des

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