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Topas

Topas

Titel: Topas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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und nahm einen Dienstwagen, um
sich Havanna mit den Augen des Geheimagenten anzusehen.
    Es pulsierte nicht
mehr. Verstummt waren die schrillen Stimmen der Lotterieeinnehmer
und die der Buchmacher, bei denen jeder echte Kubaner wettete, beim
Baseball, bei Hahnenkämpfen oder bei jailai-frontons.
    Andre vermißte
die nervösen Bewegungen der habaneros, wenn sie zwanzigmal am
Tag an den kleinen offenen Ständen starken süßen
Kaffee aus löffelgroßen Tassen in einem einzigen Schluck
hinunterstürzten. Das Gebrabbel vor den billigen Bordellen
unten an den Docks, wo die französische, die amerikanische und
die italienische Flotte Haufen von schwankenden Matrosen an Land
setzte - auch das war verstummt.
    Verschwunden waren
klappernde Stöckelschuhe und schwingende Hüften und die
wohlgefälligen Blicke der habaneros, die anscheinend nichts
anderes zu tun gehabt hatten, als den Frauen nachzuschauen. Und die
Spaziergänger, die auf der Uferpromenade frische Luft
schöpften, ganz in schneeiges Weiß gekleidet.
    Verschwunden waren die
Schiffsladungen von Touristen, die die Sünde suchten und zu
Sloppy Joe strömten, wo ein Dutzend Barmixer großartige
Vorstellungen in der Kunst des Getränkemixens
gaben.
    Und El
Florida, wo
die Eingeweihten warteten, um den bärtigen Bandit der
amerikanischen Literatur anstaunen zu können. El
Florida, das in edler Weise seine heilige
Mission erfüllt hatte, das Daiquiri-Rezept über die
amerikanische Prohibition hinwegzuretten. Und während der
Prohibition kamen die Luxusjachten, um die Freuden zu
genießen, die das Sodom der westlichen Hemisphäre zu
bieten hatte.
    Verschwunden waren die
Vergnügungen der Touristinnen in der Stadt, in der sie
unanständig sein durften. Die pornographischen Kinos und die
menschlichen Hengstschauen.
    Bedeutungslos geworden
waren der größte Nachtklub der Welt, das Tropicana, und die vornehmen
Restaurants, Monseignetir, Crystal
Palace und
all die anderen, wo die delikaten Morro-Krabben mit Mayonnaise vor
den Augen der Gäste am Tisch zubereitet wurden.
    All diese Dinge, die
Havanna zu einem Sündenbabel gemacht und ihm Leben eingehaucht
hatten, waren vergangen.
    Statt dessen
patrouillierten finstere bärtige Revolutionäre in den
Straßen und unter den Arkaden.
    Die Prostituierten
waren alle in dem einstmals eleganten Hotel Nacional interniert worden, wo
sie zu nützlichen Bürgerinnen und Mitgliedern der neuen
Gesellschaft umerzogen werden sollten. Sie wurden als
Kraftfahrerinnen losgelassen, und bald waren die Landstraßen
mit zertrümmerten Lastwagen besät.
    Die feinen Läden
entlang dem Pasco de Marti am Prado Boulevard, die einst
Krokodilleder, Tabak, Alkoholika und andere einheimische
Erzeugnisse in Hülle und Fülle angeboten hatten, waren
entweder verkommen oder leer, oder die Rollos waren
herabgelassen.
    Das Kapitol, ein
Gebäude aus Marmor, kostbaren Hölzern und vergoldeter
Bronze, dem Kapitol in Washington nachgebildet, war zu einer
grotesken Tauschzentrale degradiert worden.
    Abreisende
Flüchtlinge wurden gezwungen, fast ihre ganze persönliche
Habe abzuliefern. Die Sachen wurden in den Hallen, Fluren und
Galerien des Kapitols gelagert, sortiert und verkauft. Babyschuhe,
Augengläser, Hosen, Büstenhalter, Sandalen,
Panamahüte, Schmucksachen, alles in Marmorgängen
gestapelt - wie in den Lagerschuppen von Auschwitz.
    *
    Andre fuhr durch den
Tunnel zum Castillo del Morro und zum Castillo de la Cabana, den
beiden Festungen an der Hafeneinfahrt. Dort standen Tausende
Kubaner in düsterem Schweigen und warteten darauf, einen Blick
auf einen Verwandten werfen zu können, der in den
früheren Nationalheiligtümern eingesperrt war. Die Kerker
des Castillos del Morro waren wieder einmal überfüllt.
Und Tausende wurden in die trockenen Gräben der Cabana
geworfen, in das »schwarze Loch unter freiem Himmel«.
Man ließ sie dort in der sengenden Sonne sterben, fast ohne
Wasser und sanitäre Einrichtungen, und sie kämpften wie
die Ratten um die Abfälle, die von den Milizsoldaten zu ihnen
hinuntergeworfen
wurden.           
    Alte Leute waren in
diesen Gräben. Alte Leute, die nach Kuba gekommen waren, um
ihren Lebensabend in diesem Sonnenland zu verbringen. Jetzt waren
sie Gegner der Revolution. Viele Amerikaner waren
darunter.
    Castro machte keinen
Versuch, Häftlinge zu verbergen. Sie wurden überallhin
gesteckt. Tausende … Zehntausende … Die ehemaligen
Luxushotels waren mit Stacheldraht eingezäunt und zu
verlausten Herbergen

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