Topchter der Köingin Tess 1
zerknirscht, und es wurde auch nicht besser, als die Prinzessin erwiderte: »Nach dem, was ich zu ihr gesagt habe, hatte ich es verdient. Und ich mag sie. Lass sie in Ruhe.«
Seine Schultern spannten sich, und er schob ihr einen Zweig aus dem Weg. »Du kannst ihr nicht trauen«, sagte er, und seine leise Stimme trug weiter, als er ahnte. »Sie hätte dich umbringen können.«
»Thadd«, sagte sie, und die neue Schärfe in ihrer Stimme ließ mich aufblicken. »Sie ist meine Schwester. Sie ist alles, was mir von meiner Familie geblieben ist. Und ich will nicht mehr darüber sprechen!«
Ich blinzelte, ein wenig erschrocken darüber, wie sie sich binnen weniger Augenblicke von der nachgiebigen Freundin in ein zänkisches Fischweib verwandelt hatte. Contessa warf Thadd einen zornigen Blick zu, riss sich von ihm los und stürmte davon. Ein frustrierter Aufschrei entschlüpfte ihr, weil ihr Rock an einem Ast hängen blieb. Thadd warf mir einen finsteren Blick zu, als sei ich an ihrer Auseinandersetzung schuld, und eilte ihr dann nach. »Contessa …«, flehte er. »Bitte. Ich habe es nicht so gemeint.«
Ich zwang mich, die gerunzelte Stirn zu glätten, und starrte ihnen nach. Womöglich könnte es doch schwieriger werden, aus Contessa eine wahre Prinzessin zu machen, als ich gedacht hatte. Diese kurze Auseinandersetzung hatte sich ganz so angehört, als folgte sie einem vertrauten Muster.
»Thadd?«, hörte ich die Prinzessin laut sagen. Ihrem Tonfall nach zu schließen, hatte sich ihre Wut schon wieder gelegt. »Thadd!«, kreischte sie.
Ich riss den Kopf hoch. Verschwommen sah ich ein braunes Pferd durch den Wald jagen. Der Reiter trug einen schwarzen Umhang. Jeck! »Contessa!«, schrie ich und geriet in Panik. »Duck dich!«
Das tat sie nicht. Thadd schwankte. Er war von einem Pfeil getroffen worden.
Jeck donnerte auf die beiden zu. Ich riss mich aus meiner Erstarrung und rannte los.
Jeck packte die Prinzessin, hob sie hoch und schleuderte die kreischende junge Frau quer über die Schultern seines Pferdes. Thadd, seiner Stütze beraubt, stürzte zu Boden. Ich stolperte auf den Pfad hinaus und hechtete wieder ins Gebüsch zurück, als Jeck das Tier unmittelbar vor mir auf den Hinterhufen herumwirbeln ließ. Er grinste mich verwegen an, und sein Pferd wieherte laut. Tuck antwortete ihm.
Ich tastete hastig nach meinem Blasrohr. Mit hämmerndem Herzen zielte ich auf das Pferd. Doch entweder hatte ich es verfehlt, oder ein Pfeil konnte dem mächtigen Tier nichts anhaben. Mit wehendem schwarzem Umhang trieb Jeck sein Pferd voran und jagte mit donnerndem Hufschlag den Pfad entlang davon. über die Schneise des Wegs hinweg starrte ich Kavenlow an. Unsere Blicke trafen sich.
Dann stürzte Kavenlow zu Ruß. »Pass auf sie auf, Tess!«, rief er, schwang sich auf ihren Rücken und trieb Ruß mit lautem Geschrei zu einem wilden Galopp an. Der schnelle, rhythmische Hufschlag verhallte.
Mein erstaunter Blick fiel auf Duncan. Er saß völlig entgeistert am Feuer und hatte noch nicht einmal Zeit gehabt aufzustehen.
»Engelsspucke!«, fluchte er und schleuderte einen Topf voll Wasser quer durch das Lager. Er knallte mit lautem Scheppern gegen den Wagen, und Tuck scheute. »Ich habe noch eine Prinzessin verloren. Auf genau die gleiche Weise wie die erste!«
Thadd lag zusammengekrümmt am Boden, war aber noch bei Bewusstsein, denn Jecks Pfeile waren schwächer. Ich kroch zu ihm hin und fühlte seinen Puls. Er schlug kräftig und gleichmäßig. Er hatte die Augen geschlossen, und sein Gesicht war qualvoll verzerrt. »O Gott. Nein, nein, nein«, stöhnte er. »Ich habe sie verloren. Ich werde sterben. Sie wird ganz allein sein.«
»Du wirst nicht sterben«, erwiderte ich barsch, weil ich seine misstrauischen Worte nicht vergessen hatte. »Und wir holen sie zurück.« Ich wandte mich zu Duncan um. »Hilf mir, ihn in den Wagen zu schaffen.« Ich zerrte an Thadd. »Steh auf!«, sagte ich und versuchte, ihn auf den Weg zu schleifen. »Die Wirkung lässt bald nach. Steh auf, du Rüpel! Wenn du sie liebst, steh auf!« Wo bleibt der Regen? Es sollte auch noch regnen.
Thadd stemmte sich auf die Knie hoch und krümmte sich sogleich vor Schmerzen. Duncan packte seinen anderen Arm, und gemeinsam hievten wir den nicht besonders großen, aber sehr muskulösen Mann hoch und bewegten uns schwankend vorwärts.
»Wagen!«, keuchte ich und konnte nur mit Mühe verhindern, dass er auf mich fiel.
»Schoh, Tess«, brummte Duncan. »Du könntest
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