Topkapi
Mißverständnis bezüglich Miss Lipps Wagen aufklären.«
»Für mich gibt es kein Mißverständnis, Mr. Fischer«, antwortete ich.
»Harper hatte Ihnen gesagt, im Hotel auf Anweisung zu warten«, bellte er. »Sie haben sie nicht befolgt.«
Ich sah ihn respektvoll und um Entschuldigung heischend an. »Ich bezweifle nicht, daß Sie berechtigt sind, diese Anweisungen zu erteilen, Mr. Fischer. Aber ich rechnete natürlich damit, daß Mr. Harper hier sein würde, oder wenn er nicht persönlich kommen konnte, daß er eine schriftliche Vollmacht ausgestellt hätte. Es handelt sich um einen sehr wertvollen Wagen und ich …«
»Ja, ja«, unterbrach er mich ungeduldig. »Ich verstehe. Aber Mr. Harper kann erst morgen nachmittag hier sein, und Miss Lipp möchte den Wagen sofort haben.«
»Tut mir leid.«
Er lehnte sich über den Tisch zu mir herüber. Ich roch sein Rasierwasser. »Mr. Harper wäre nicht damit einverstanden, daß Sie von Miss Lipp verlangen, daß sie selber nach Istanbul kommen muß, um ihren Wagen abzuholen«, sagte er drohend.
»Ich glaubte, Miss Lipp sei in Istanbul.«
»Sie ist in der Villa«, sagte er kurz. »Jetzt lassen wir bitte diesen Unsinn. Wir werden jetzt sofort zusammen den Wagen holen.«
»Wenn Sie Mr. Harpers schriftliche Vollmacht haben, selbstverständlich.«
»Ich habe Mr. Harpers Vollmacht.«
»Darf ich sie sehen, Sir?«
»Das ist nicht notwendig.«
»Ich fürchte, das muß ich entscheiden«
Er lehnte sich zurück und holte tief Atem. »Ich gebe Ihnen noch eine Chance«, sagte er nach einer Pause. »Entweder Sie übergeben den Wagen sofort, oder es wird dafür gesorgt, daß Sie dazu gezwungen werden.«
Als er das Wort »gezwungen« sagte, schob sich seine rechte Hand über den Tisch und kippte mir langsam und mit Überlegung den Inhalt meines Glases über die Hose. In diesem Augenblick passierte etwas in mir. Ich hatte nervenaufreibende vierundzwanzig Stunden hinter mir; aber ich glaube nicht, daß es nur das allein war. Ich hatte plötzlich das Gefühl, als hätte ich mein ganzes Leben lang vergeblich versucht, mich gegen Leute zu wehren, die mich zu dem oder jenem zwangen und die damit Erfolg hatten, weil sie alle Macht auf ihrer Seite hatten. Jetzt, ganz plötzlich, erkannte ich, daß diesmal ich die Macht hatte; diesmal war ich nicht allein.
Ich hob das Glas auf, stellte es wieder auf den Tisch und tupfte mir die Hose mit dem Taschentuch ab. Er beobachtete jede meiner Bewegungen wie ein Boxer, der darauf wartet, daß der andere nach dem K. o. wieder auf die Beine kommt, um ihm vollends den Garaus zu machen.
Ich winkte dem Ober. »Dieser Herr möchte der Polizei einen verschwundenen Wagen melden. An wen muß er sich wenden?«
»Am Taxim-Platz ist eine Polizeistation, Sir.«
»Danke. Wischen Sie doch bitte den Tisch ab, und bringen Sie mir ein frisches Glas.«
Während der Ober aufwischte, blickte ich zu Fischer hinüber. »Wir können zusammen hingehen«, sagte ich. »Oder, wenn es Ihnen lieber ist, gehe ich allein und erkläre die Situation. Ich nehme natürlich an, daß die Polizei sich gern mit Ihnen in Verbindung setzen will. Welche Adresse soll ich angeben?«
Der Ober hatte den Tisch abgewischt und ging weiter. Fischer sah mich unsicher an.
»Wovon reden Sie eigentlich?« sagte er. »Wer sagte etwas von der Polizei?«
»Sie sprachen davon, daß man mich zwingen würde, Ihnen den Wagen zu übergeben. Das könnte nur die Polizei.« Ich legte eine Pause ein. »Es sei denn, Sie dächten an eine andere Art Zwang. In diesem Fall werde ich sowieso am besten zur Polizei gehen.«
Er wußte nicht, was er sagen sollte. Er starrte mich nur an. Ich mußte mich beherrschen, um nicht zu lächeln. Es war klar, daß er genau wußte, was in dem Wagen versteckt war, und daß er um alles in der Welt verhindern mußte, daß die Polizei sich dafür interessierte.
»Dafür besteht keine Veranlassung«, sagte er endlich.
»Ich bin nicht so sicher.« Der Ober brachte mir den Drink, und ich deutete auf Fischer: »Der Herr möchte bezahlen.«
Fischer zögerte, warf dann ein paar Geldstücke auf den Tisch und stand auf. Er strengte sich gewaltig an, die Situation wieder in die Hand zu bekommen.
»Wie Sie meinen«, sagte er eisig. »Warten wir also auf Mr. Harper. Ich werde ihm berichten. Er wird Sie nicht weiter beschäftigen.«
Und dann mußte ich natürlich zu weit gehen. »Wenn er weiß, wie leichtsinnig Sie sind, wird er auf Ihre Mitarbeit vielleicht auch nicht mehr viel Wert
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