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Topkapi

Topkapi

Titel: Topkapi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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seinen persönlichen Gebrauch bedienen, ohne sein Gesicht zu verlieren. Deshalb mußten alle alten Herrscherinsignien aufbewahrt und neue Stücke angefertigt werden, ein neuer Sommerpalast mußte gebaut werden und natürlich auch neue Privatappartements innerhalb des Serails und eine neue Moschee. Das ging bis weit ins neunzehnte Jahrhundert so. Das Serail von heute ist ein riesiger Kaninchenbau von Empfangsräumen, Privatappartements, Pavillons, Moscheen, Bibliotheken, Toren, Zeughäusern, Kasernen, dazwischen ein paar Höfe und Gärten. Es gibt keine großen Gebäude im Sinne eines »Palastes«. Die zwei größten Einzelbauten sind zufällig die Küchen und die Stallungen.
    Obwohl die gedruckten Führer sich bemühen, das alles zu erklären, scheinen die meisten Touristen es nicht zu verstehen. Sie meinen, »Serail« bedeutet auf jeden Fall »Harem«, und darüber hinaus interessieren sie sich nur noch für die »Goldene Straße«, den Gang, durch den die auserwählten Mädchen vom Harem zum Bett des Sultans gingen. Das Haremsgebiet ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht worden, aber meine Touristen führte ich immer durch den Mustafa-Pascha-Pavillon zur Rückfront und sagte ihnen, das sei ein Teil des Harems gewesen. Den Unterschied erfuhren sie nie, und sie konnten immerhin zu Hause davon erzählen.
    Aber Miss Lipp begriff schnell. Ich entdeckte, daß sie sich in türkischer Geschichte auskannte; sie wußte zum Beispiel, wer die Janitscharen gewesen waren. Für jemanden, der noch vor einer Stunde gefragt hatte, ob das Serail der alte Palast sei, war das etwas überraschend. Aber wahrscheinlich war ich zu der Zeit viel zu sehr beschäftigt, ihre anderen Fragen zu beantworten, um weiter darauf zu achten. Ich hatte ihr die Karte aus dem gedruckten Führer gezeigt, und sie ging durch alle Räume, die darauf eingezeichnet waren.
    »Die Räume der Weißen Eunuchen hier, kann man sie besichtigen?«
    »Nur diese Zimmer neben dem Tor der Glückseligkeit in der Mitte.«
    »Und die Bäder von Selim II.?«
    »Das gehört jetzt zum Museum. Ich glaube, sie haben eine Glas- und Silbersammlung darin untergebracht.«
    Einen Teil ihrer Fragen konnte ich überhaupt nicht beantworten, nicht einmal ungefähr, aber sie machte weiter. Endlich hörte sie auf, kippte ihren zweiten Raki mit einem Schluck hinunter und sah mich an.
    »Warum gehen wir nicht jetzt gleich zum Palast?«
    »Jederzeit, wenn Sie wünschen.«
    »Okay. Bezahlen Sie, das bringen wir später in Ordnung.«
    Die Männer an den Nebentischen folgten ihr mit den Augen, als sie zum Wagen zurückging, und ich spürte, wie sie mich anstarrten, als ich bezahlte. Sie fragten sich wohl, in was für einer Beziehung wir zueinander standen. Für mich bestand die Schwierigkeit darin, daß ich nicht wußte, was ich von Miss Lipp halten sollte, und zu keinem Entschluß kam, wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte. Zu meiner Verwirrung trug noch besonders die Bemerkung bei, die Harper im Club in Athen gemacht hatte über Nickis zu kurze Beine. Miss Lipps Beine waren besonders lang, und aus irgendeinem Grunde irritierte und erregte mich das gleichzeitig; es erregte mich, weil ich mich immer wieder fragte, was für einen Unterschied lange Beine im Bett wohl ausmachten, und es irritierte mich, weil ich verdammt gut wußte, daß ich keine Chance hatte, das je herauszufinden.
    Ich fuhr sie zum Serail und parkte im ehemaligen Janitscharenhof, vor dem Ortakapi-Tor beim Enthauptungsblock. Wir waren sehr zeitig gekommen, und es standen nur zwei, drei andere Wagen neben dem Lincoln. Ich war froh darüber, denn so konnte ich meinen Vortrag über das Tor herunterschnurren, ohne Gefahr zu laufen, von offiziellen Führern, die mit Gruppen unterwegs waren, gehört zu werden. Das hätte mir jetzt gerade noch gefehlt, daß einer meine Lizenz sehen wollte.
    Das Ortakapi-Tor ist ein guter Anfang. »Hier an diesem Tor stand der Sultan und besah sich die allwöchentlichen Enthauptungen. Hier genau stand er. Dort sehen Sie den Block, auf dem geköpft wurde. In diesem kleinen Brunnen in der Mauer wusch sich der Scharfrichter das Blut ab, wenn er sein Werk getan hatte. Hier wurden nur hohe Würdenträger enthauptet, die den Sultan beleidigt hatten. Wenn Prinzen aus dem Königshaus hingerichtet wurden – zum Beispiel, wenn ein neuer Sultan seine jüngeren Brüder umbringen ließ, um einem Erbstreit vorzubeugen –, durfte kein Blut vergossen werden; sie wurden mit einer Seidenschnur

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