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Topkapi

Topkapi

Titel: Topkapi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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Abhörzeiten.«
    Ob er recht hatte oder nicht – und er hatte tatsächlich beides, recht und unrecht –, war gleichgültig. Was ich nicht ausstehen konnte, war die Arroganz dieses Mannes.
    Ich aß ein ekelhaftes lauwarmes Hammelstew und ging zum Wagen zurück. Ich konnte mich selbst nicht mehr leiden. Was mich am meisten verbitterte, war nicht so sehr Tufans beleidigende Kürze, die wohl aus seinem Verantwortungsgefühl kam, sondern vielmehr, daß mein Gedankengebäude, das mir letzte Nacht so logisch und vernünftig vorgekommen war, bei Tageslicht nicht mehr ganz so logisch und vernünftig erschien. Meine Annahme, die »Studentin« Miss Lipp stelle die Labortechnikerin dar, war schon unwahrscheinlich genug; das Gespräch mit Tufan hatte mich überdies wieder daran erinnert, daß die Villa, die ich so kühn zur Heroinfabrik erklärt hatte, auch ein älteres Ehepaar und einen Koch beherbergte. Ich mußte also, zusätzlich Zeitfaktor, noch eine andere Unwahrscheinlichkeit akzeptieren: Entweder war der Betrieb so klein, daß das Personal nichts davon wußte, oder Harper rechnete damit, daß er ihr Schweigen erkaufen konnte.
    Dann beging ich vor lauter Verzweiflung eine ziemliche Dummheit. Ich wollte jetzt wissen, ob das Waffenarsenal sich noch im Wagen befand. War es verschwunden, so ließ sich meine Theorie, wenigstens teilweise, noch vertreten. Ich konnte annehmen, daß es den Leuten, die es wollten, bereits übergeben worden war.
    Ich hatte noch etwa zwanzig Minuten Zeit. Um ganz sicherzugehen, fuhr ich den Wagen auf die andere Seite des Hofes unter ein paar Bäume gegenüber der Irenenkirche. Dann holte ich den Kreuzschlitzschraubenzieher aus meiner Tasche und fing an, die Tür am Fahrersitz zu bearbeiten.
    Ich machte mir keine Sorgen, ob mich jemand sehen könnte. Die Männer im Opel würden mich nicht stören; und wenn irgendein Taxifahrer neugierig werden sollte, konnte ich immer so tun, als hätte ich mit meinem Türschloß Schwierigkeiten. Wichtig war nur die Zeit, denn ich mußte es vorsichtig machen, um keine Spuren zu hinterlassen.
    Zuerst lockerte ich vorsichtig alle Schrauben und fing dann an, sie herauszunehmen. Ich brauchte eine Ewigkeit dazu. Und dann passierte es. Gerade als ich die vorletzte Schraube heraushob, blickte ich zufällig auf und sah Miss Lipp mit dem Führer von der Allee her, die zum Archäologischen Museum führte, über den Hof kommen.
    Es war mir sofort klar, daß sie den Wagen gesehen hatte, denn sie ging direkt darauf zu. Sie war noch etwa zweihundert Meter weg, und ich wußte, daß ich auch nicht eine Schraube mehr rechtzeitig hineindrehen konnte. Zudem stand ich nicht da, wo ich eigentlich stehen sollte. Ich konnte nur eines tun: Schrauben und Schraubenzieher in die Tasche stopfen, den Motor anlassen und ihr um den Hof herum entgegenfahren und beten, daß die zwei gelockerten Schrauben die Türfüllung hielten, wenn ich die Tür zum Aussteigen öffnete.
    In einer Beziehung hatte ich Glück. Der Führer überschlug sich förmlich, um ihr die Tür aufzureißen, ich mußte also meine Tür gar nicht erst aufmachen. Ich wurde meine Entschuldigung los, noch ehe sie richtig saß.
    »Ich dachte, Sie würden die St.-Irenen-Kirche besuchen, und ich wollte Ihnen den Rückweg ersparen.«
    Das klappte bestens, denn sie konnte nicht gleichzeitig sich beim Führer bedanken und mir antworten. Auch der Führer eilte mir unerwarteterweise noch zu Hilfe, indem er sie gleich noch fragte, ob sie die Kirche nicht besichtigen wollte.
    »Das spare ich mir für nächstes Mal auf«, sagte sie.
    »Sie werden doch sicher morgen wieder hier sein, Madame , wenn das Schatzmuseum geöffnet ist?«
    »Ja, vielleicht.«
    »Sonst müssen Sie am Donnerstag kommen, Madame . Dieser Teil und die Bilder sind nur an zwei Tagen in der Woche zur Besichtigung freigegeben, wenn alle anderen Räume geschlossen sind.«
    Ich fragte mich, wieviel Trinkgeld sie ihm wohl gegeben hatte.
    »Ich will versuchen, ob ich morgen wieder kommen kann. Nochmals vielen Dank.« Sie schenkte ihm ein Lächeln. Zu mir sagte sie: »Fahren wir.«
    Ich fuhr. Sowie wir auf das holprige Pflaster kamen, fing die Türfüllung an zu vibrieren. Ich preßte mein Knie dagegen, und das Vibrieren hörte auf. Aber jetzt hatte ich richtig Angst. Ich nahm nicht an, daß es ihr auffallen würde, daß die Schrauben herausgedreht waren; aber Fischer oder Harper würde es auffallen, und da war dann noch dieser Unbekannte, den wir abholen wollten. Es war mir klar,

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